20 ~ Das ist nichts Ernstes

1K 75 30
                                    

»Wie konntest du ihn küssen?«, fragte Adam, als ich unser Zimmer betrat. Er stand noch immer am Fenster.

»Es ist nicht so, wie es aussieht«, murmelte ich. »Adam, du solltest dich hinlegen. Ich will nicht, dass deine Krankheit sich verschlimmert.«

»Du hast ihn geküsst«, sagte Adam, fast zu sich selbst. »Warum?«

»Jared und ich sind nur Freunde«, versuchte ich zu erklären. »Er hat mich heute darum gebeten, dass ich Kim von ihm fernhalte, weil sie sich die ganze Zeit an ihn heranmacht. Und dann ist mir keine bessere Ausrede eingefallen, als ihr zu sagen, dass Jared und ich zusammen sind.«

»Wie kannst du mit Jared befreundet sein?«, zickte Adam und drehte sich zu mir um. Sein Gesicht war rot vor Wut. »Nachdem er mir das alles angetan hat? Er hat mich geärgert, hat mich gezwungen für ihn seine Hausaufgaben zu machen, Monday. Mein ganzes Leben lang. Und dann küsst du ihn auch noch.«

»Adam, das tut mir so leid. Aber er hat gesagt, dass er dir nicht mehr wehtun wird. Und außerdem, der Kuss hat nichts zu bedeuten.«

»Verarschen kann ich mich selbst. Jeder sieht, wie verknallt du in Jared bist. So wie jedes Mädchen. Alle stehen sie auf diesen Idioten.«

»Ich bin nicht in ihn verliebt!«, schrie ich.

»Warum gestehst du es nicht ein? Es ist offensichtlich, dass du auf ihn stehst. Warum sonst solltest du ihn küssen?«, fragte er.

»Damit alle denken, dass wir zusammen sind. Nur dann wird Kim sich von ihm fernhalten.«

»Manchmal bist du echt dumm, Monday«, meinte Adam erschöpft. »Könnte ich das Zimmer vielleicht für mich haben? Sonst kann ich meine Krankheit nicht auskurieren.«

Genervt packte ich die Matratze und schliff sie durch das Treppenhaus in den Keller, welcher sowieso nur als Abstellkammer genutzt wurde. Dort legte ich mir einen kleinen Platz frei, um die Matratze auszubreiten und meinen Koffer dort unterzubringen. Eine weitere Nacht in einem Zimmer mit Adam würde ich nicht ausstehen.


»Ich habe doch gesagt, du sollst ihn nicht an dich heranlassen!«, begrüßte Lina mich gleich vor Beginn des Unterrichts.

»Von wem redest du?«, fragte ich unschuldig.

»Die ganze Schule redet davon, dass du und Jared zusammen seid!«, schrie Lina. Kim konnte wirklich gut Gerüchte verbreiten, das musste man ihr lassen.

»Gibt es hier nichts Interessanteres, über das die reden können? Das ist doch wirklich nichts besonderes«, meinte ich schulterzuckend.

»Natürlich ist das etwas besonderes! Jared hatte noch nie eine Beziehung und dann kommst du neu auf die Schule und...«, sagte Lina, doch ich unterbrach sie.

»Wie? Jared hatte noch nie eine Beziehung?« Ich schaute sie ungläubig an. »Er hat doch jede Woche eine neue Freundin.«

»Nein, Monday. Das waren nie Beziehungen, die er hatte. Er hat nur ein bisschen mit denen rumgemacht, aber auf eine Beziehung hat er sich nie eingelassen. Wenn er etwas mit einem Mädchen hatte, dann hat er ihr klar gemacht, dass er sie nicht liebt.«

»Das wusste ich nicht«, murmelte ich.

»Jetzt weißt du es«, meinte Lina. »Er will mehr von dir.«

»Warum?«

»Weil du die Einzige bist, mit der er eine Beziehung hat.«

»Nein, Lina. Er will nicht mehr von mir. Wir tun nur so, als wären wir zusammen. Aber das ist nichts Ernstes.« Ihrem Blick sah ich an, dass sie mir nicht glaubte. »Wirklich. Da läuft nichts zwischen uns.«


»Kim versucht es immer noch«, meinte Jared, als wir die Mittagspause gemeinsam im Oberstufenraum verbrachten. Zusammengekuschelt saßen wir auf dem Sofa. Zu meiner Enttäuschung hatte er mich heute noch kein einziges Mal geküsst.

»Was versucht sie?«, fragte ich.

»Mit mir zu flirten. Sie denkt, dass sie gegen dich eine Chance hätte«, lachte er.

»Vielleicht sollten wir ihr klar machen, dass sie uns nicht trennen kann«, sagte ich, nahm sein Gesicht zwischen meine Hände und küsste ihn. Ohne diesen Kuss hätte ich das nicht mehr lange ausgehalten. Ich spürte, wie er mehr wollte, genauso wie ich. Wie er mich näher an sich heran presste, während er trotzdem sanft war und mit seinen kalten Händen meinen Rücken streichelte.

Plötzlich ging die Tür auf. Warum mussten wir immer gestört werden, wenn wir mitten beim Küssen waren?

Schwer atmend löste ich mich von Jared, um zur Tür zu schauen.

Orangefarbene Augen blitzten mich wütend an.

»Ich will euch mal nicht weiter stören«, zischte Jack und wollte die Tür gerade schließen, als Jared ihn aufhielt.

»Ach Jack, komm doch herein, du störst uns nicht!«, sagte er.

Uns? Seit wann sprach er für uns beide? Natürlich störte es mich, wenn er bleiben würde. Immerhin verabscheute Jack mich. Auf mich wirkte er, als hätte er keine Gefühle, zumindest keine Liebesgefühle. Hass und Egoismus, das war es, was Dämonen spürten. Ich hingegen mochte ihn, mochte seine Wärme viel lieber als die Kälte, die ich mit Jared spürte. Und das, obwohl Jack ein Dämon war. Aber ich musste ihn vermeiden, um meine Gefühle im gegenüber zu vergessen.

Zu meiner Enttäuschung setzte Jack sich zu uns.

»Jared, ich würde gerne einmal allein mit dir reden«, sagte er. »Monday, könntest du uns vielleicht kurz alleine lassen?« Sein Blick war neutral und ich konnte kaum glauben, dass diese Augen vor ein paar Tagen noch freundlich gucken konnten.

Jared gab mir einen kurzen Kuss auf den Mund. »Du kannst zur Pausenhalle gehen. Ich komm gleich nach«, sagte er.

Zögernd stand ich auf und verließ den Raum. Doch ich ging nicht weg, so wie Jared es wollte. Stattdessen blieb ich vor der Tür stehen und presste mein Ohr dagegen, um zu hören, was die beiden zu sagen hatten.

»Wenn du ihr auch nur einmal wehtust, dann bekommst du es mit mir zu tun«, zischte Jack nach einer Weile. Anscheinend war ihr Verhältnis doch nicht so gut, wie es immer den Anschein hatte.

»Du kannst mir gar nicht drohen«, lachte Jared. »Gegen mich hast du keine Chance.«

»Aber ich habe Freunde, die mir helfen können«, meinte Jack. »Glaub mir, mit uns willst du dich nicht anlegen.«

»Deine Freunde sind auch meine Freunde. Wie oft hast du diesen Spruch gebracht, Jack? Unsere Freunde werden sich nicht gegen mich wenden.«

»Glaub mir, das werden sie«, behauptete Jack. »Weißt du, wie lange ich zugucken musste, wie du unschuldige Mädchen verletzt? Bei Monday werde ich nicht nur zugucken, Jared. Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst, dann bringe ich dich um!«

»Ich würde Monday niemals wehtun. Das könnte ich nicht. Ich liebe sie«, sagte Jared. Vor Schock blieb mir die Luft stehen. Jared liebte mich? Warum sollte er mich lieben? Für ihn war ich doch nur ein wahlloses Mädchen, mit dem er vielleicht ein bisschen Spaß haben wollte. Mehr war das nicht zwischen uns.

»Du weißt doch gar nicht, was Liebe ist!«, knurrte Jack.

Ich verstand ihn nicht. Warum wollte er, ein Dämon, dass Jared mir nicht wehtat? Und wie sollte Jared mich überhaupt verletzten? Indem er meine Gefühle verletzte, so wie bei jedem anderen Mädchen auch?

»Tut mir leid, Jack. Aber ich sollte gehen. Meine Freundin wartet auf mich«, sagte Jared. Gleich würde er sich auf den Weg zu mir machen. So schnell wie ich konnte rannte ich zu der Pausenhalle und setzte mich in eine Ecke.

»Hey Schatz«, sagte ich und lächelte, als Jared nur wenige Sekunden später auf mich zukam.

Monday - Dämonen der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt