Jack wirkte erstaunt »Du spürst ein Brennen, wenn ich dich berühre?«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet«, erwiderte ich. »Wieso kannst du meine Seele heilen?«
»Jeder Dämon hat spezielle Begabungen«, erklärte er. »Ich zum Beispiel kann Menschen etwas von meinen Seelen abgeben. All diese Energie, die ich die ganzen Jahre gesammelt habe. Ich kann sie nutzen, um Leben zu retten.«
»Und was für eine Begabung hat Jared?«, fragte ich.
»Er kann Emotionen von anderen Menschen spüren«, behauptete Jack. »Sachen wie Liebe, Hass, Freude, Trauer und so weiter. Ich beneide ihn dafür.«
»Wieso?«
»Weil ich fast nie Emotionen spüre. Er kommt dem Menschsein sehr nahe, weil er ihre Gefühle mitbekommt.«
»Wärst du gerne ein Mensch?«
»Beantworte du mir erst meine Frage«, sagte Jack. »Spürst du ein Brennen, wenn wir uns berühren?«
Ich nickte. »Spürst du es auch?
Er ballte seine Hände zu Fäusten. »Ja«, zischte er und schaute mich wütend an.
Erschrocken über den plötzlichen Stimmungswechsel rutschte ich ans Ende der Bettkante. Bloß weit weg von ihm, solange ich kein Silber dabei hatte. Ohne Silber war ich zwar nicht wehrlos, aber ich könnte ihn auch nicht töten.
»Was ist los?«, fragte ich unsicher.
»Jared hat mich die ganze Zeit über angelogen.«
»Worüber?«
»Ich möchte nicht darüber reden«, knurrte er und verließ eilig den Raum.
Sobald ich allein war, schaute ich mich im Zimmer um. Ich befand mich in einem übergroßen Doppelbett, welches mir irgendwie vertraut vorkam. Zu meiner Linken stand ein Kleiderschrank, welcher die ganze Wand einnahm und hinter mir befand sich ein Fenster. Vorsichtig stand ich auf und setzte einen Fuß vor den anderen. Ich wankte überhaupt nicht. Jack hatte es womöglich geschafft mir meine vollständige Energie zurück zu geben. Etwas mutiger ging ich auf den Schrank zu und zog einige Schubladen auf, in der Hoffnung, dass sich vielleicht irgendwo Silberschmuck befinden würde, doch ich suchte vergeblich. Die erste Schublade war komplett leer, genauso wie die zweite und die dritte. War ja auch irgendwie logisch, dass zwei Dämonen mich nicht in einem Zimmer voller Silber alleine lassen würden. Komisch war bloß, dass sich nichts in den Schubladen befand. Verwundert öffnete ich auch die Schranktüren, jedoch waren auch die leer.
Mein Blick fiel auf die Tür. Vielleicht waren die Türklinken ja versilbert?
Ja, na klar, Monday, dann würden sich Jack und Jared ja bloß jedes mal die Finger verkokeln, wenn sie die Tür aufmachen.
Die Tür! Mir fiel erst jetzt auf, dass Jack sie gar nicht abgeschlossen hatte. Vielleicht konnte ich unbemerkt hindurch schlüpfen und entkommen. Mit flinken Schritten ging ich auf die Tür zu, drückte vorsichtig die Türklinke herunter und lugte durch einen schmalen Spalt hindurch. Der Flur, der sich dahinter befand, wirkte leer. Entschlossen machte ich die Tür ganz auf und schlich hinaus.
Der Flur war lang und groß. Und sah haargenau so aus, wie einer der Flüre in Linas und Jacks Zuhause. Oh mein Gott, wieso war mir das nicht vorher aufgefallen? Das Zimmer, welches ich gerade verlassen hatte, entsprach vom Aussehen her genau dem Zimmer, indem ich mit Jared nach unserem ersten Kuss Schluss gemacht hatte.
Das hieß, dass auch Lina hier war. Und ich konnte Lina nicht mit zwei Dämonen alleine in einem Haus lassen, so sehr ich mich auch danach sehnte, dieses Haus so schnell wie möglich zu verlassen.
Entschlossen ging ich zum Treppenhaus. Wo war nochmal ihr Zimmer? Im Stockwerk über oder unter mir?
Nicht mehr ganz so entschlossen ging ich nach unten. Ihr Zimmer war doch im ersten Stock, oder?
Als ich zu meiner rechten das Esszimmer sah, wusste ich, dass ich mich im richtigen Stockwerk befand. Von hier aus kannte ich den Weg zu Linas Zimmer. Schnell ging ich weiter. Als ich kurz vor ihrem Zimmer war, hörte ich Linas Stimme. Doch sie war nicht allein. Abrupt blieb ich stehen.
»Ich versteh nicht, wie er mich anlügen konnte«, jammerte eine männliche Stimme. Jack. Zu Linas Glück hörte er sich nicht so an, als würde er sie im nächsten Augenblick aussagen. Würde er das wagen? Seine eigene Menschenschwester zu töten? Klar würde er, er ist ein Dämon. Aber wenn er so wäre, dann hätte er doch sicher schon seine ganze Familie umgebracht. Jack hatte doch nichts anderes getan, als mir zu helfen. Er hatte schon zweimal meine Seele neu aufgefüllt. Aber wenn ich nicht vor ihm weglief, vor wem dann?
Die Antwort war einfach. Jared. Er hatte mich fast komplett ausgesaugt, bevor er mich zu Jack gebracht hatte.
»Er will sie halt für sich haben«, unterbrach Lina meinen Gedankengang. »Außerdem hat er doch nur gesagt, dass er eine Temperatur für sie empfindet und sie für ihn. Das schließt ja nicht aus, dass sie keine Temperatur für dich empfinden kann.«
Temperaturen. Hitze und Kälte. Jack und Jared. Ich fühlte es jedes Mal, wenn ich die beiden berührte. Aber was wusste Lina davon?
»Sie kann gar nichts für mich empfinden«, hörte ich wieder Jacks Stimme. »Jared hat mir gesagt, was für einen Hass sie gegenüber Dämonen empfindet. Sie hasst mich. Schon die ganze Zeit. Ich hatte nie eine Chance bei ihr.«
Ich war vollkommen erstaunt. Lina wusste, dass Jack ein Dämon ist. Und es störte sie nicht. Nicht im Geringsten.
»Monday mag dich«, widersprach Lina. Mochte ich ihn? Ich wusste es nicht. Wusste überhaupt nicht mehr, was ich denken sollte. Ich hasste Dämonen doch. Aber Jack. Er war kein typischer Dämon. »Und«, fuhr sie fort. »Sie würde auch mich bestimmt mögen, wenn sie wüsste, dass ich ein Dämon bin. Zumindest hoffe ich das.«
Scheiße.
Lina.
Ein Dämon.
Meine beste Freundin.
Urplötzlich legte sich von Hinten eine Hand um mich und legte sie auf mein Herz. Ich zappelte und versuchte nach hinten auszuschlagen. Doch vergeblich. Mein Gegenhinter, in diesem Augenblick fiel mir kein besseres Wort für ihn ein, hielt mich fest umklammert, während er mir die Seele aussaugte.
Ich schrie.
Und dann wurde mir schwarz vor Augen.
DU LIEST GERADE
Monday - Dämonen der Vergangenheit
ParanormalKann man jemanden verurteilen, nur weil er ein Dämon ist? Triff Monday, sechzehnjährige Dämonenjägerin. Seitdem ihr Vater von einem Dämonen getötet wurde, macht sie ihren Job nicht mehr aus Pflicht, sondern nur noch aus Hass. Alles was sie will, ist...