Tuesday, Tuesday, Tuesday, dachte ich den Namen meiner Zwillingsschwester, immer wieder und wieder. Ich sprach ihn aus, steigerte meine Lautstärke, schrie ihn sogar, doch meine Umgebung blieb rabenschwarz. Vielleicht schlief sie gerade nicht?
Ich könnte probieren, meine Mama zu erreichen. Himmel, das hört sich so an, als würde ich sie anrufen wollen, dachte ich bei mir und lachte. Mein Lachen wurde verschluckt von der unendlich wirkenden Dunkelheit. Ich erschauderte. Hier drinnen war es unangenehm, so ganz allein. Diese Unendlichkeit war gruselig.
»Mama!«, schrie ich, ihren Namen oft wiederholend.
Doch nichts geschah.
Ich war enttäuscht, als ich, durch das Öffnen der Zimmertür, aufgeweckt wurde.
Müde blinzelte ich und rieb mir den Schlaf aus den Augen, bevor ich mich hinsetzte.
Der Kopf von Linas kleinem Bruder lugte schüchtern hinter der Tür hervor.
»Oh, guten Morgen, Egon«, murmelte ich verschlafen und lächelte, in dem Versuch, freundlich zu wirken. Da er Jacks und Linas Bruder war, wollte ich, dass er mich mochte, doch vermutlich war ich ihm ziemlich egal. Warum sollte er sich schon für eine Freundin seiner größeren Geschwister interessieren? Ach, keine Ahnung. Ich hatte keinerlei Erfahrung mit Kindern.
»Ich soll euch sagen, dass das Frühstück fertig ist«, sagte er und verschwand wieder.
Nachdem ich Lina, die überraschenderweise nicht von Egon aufgewacht war, wachgerüttelt hatte, gingen wir gemeinsam zur Küche.
Der Geruch von frischgebackenen Brötchen empfing uns schon, bevor wir die Küche erreichten. »Backen deine Eltern jeden morgen?«, fragte ich Lina, in Erinnerung an mein letztes Frühstück mit ihrer ganzen Familie.
»Nein, nur am Wochenende«, erwiderte meine Freundin. »Und natürlich nur, wenn sie Zuhause sind. Sie sind ja beruflich oft in der Hölle unterwegs.«
Direkt nach Lina betrat ich das Esszimmer. Die ganze Familie saß bereits an dem bunt gedeckten Tisch und schien nur auf uns zu warten. Bevor ich mich setzten konnte, schnappte Lina sich einen Platz an der kurzen Kante des Tisches, sodass mir lediglich ein Platz übrig blieb, der zufälligerweise direkt neben Jack und Lina war.
Jack schien kaum seine Augen von mir lassen zu können, als ich mich zu dem Platz begab. Die Röte schlich mir ins Gesicht, als mir bewusst wurde, dass ich noch immer Linas viel zu kurzen Pyjama trug.
Schnell setzte ich mich, denn so würde zumindest niemand mehr meinen Po sehen können.
Nachdem wir uns alle gegenseitig einen guten Appetit gewünscht hatten, war das Buffet eröffnet.
Ich füllte mir etwas von dem frischgepressten Orangensaft ein und nahm mir ein Brötchen. Als ich dabei war, das Brötchen aufzuschneiden, überraschte Jack mich damit, dass er mich fragte: »Willst du heute mit mir in die Hölle? Du warst ja erst einmal dort und die Hölle ist unendlich groß. Es gibt so viel, was du noch nicht gesehen hast.«
Dass er so schnell wieder Zeit mit mir verbringen wollte, obwohl er doch eigentlich Zeit brauchte, erstaunte mich.
»Nur, wenn du nichts anderes vor hast, natürlich«, ergänzte Jack, als ich nicht direkt antwortete.
»Doch, doch. Ich habe Zeit«, meinte ich. »Und ich komme gerne mit.«
»Cool«, sagte Jack und lächelte sein süßestes Lächeln. »Ich freue mich.« Er legte mir unter dem Tisch eine Hand auf den Oberschenkel, die eine unbeschreiblich angenehme Wärme ausstrahlte. Vielleicht hatte Lina recht und er würde tatsächlich nicht allzu viel Zeit brauchen.
Ich schmierte mir mein Brötchen und biss dann genüsslich hinein. Für einige Zeit war bis auf gelegentliches Schmatzen und Besteckklimpern nichts zu hören.
»Wenn ihr über das Antiquariat teleportiert, dann könnt ihr gleich die Bibliothekarin fragen, ob sie ein Buch über Traumwandler hat«, sagte Lina.
»Über Traumwandler?«, wiederholte Jack. »Wieso über Traumwandler?«
Lina deutete mich. »Weil unsere gute Freundin heute Nacht erfahren hat, dass sie die Träume anderer besuchen kann. Es war meine Idee!«
Jack sah mich mit großen Augen an. »Wow«, sagte er, und dann: »Klar, können wir machen.«
»Du warst neulich in meinem Traum, oder?«, fragte Jack, nachdem wir bereits fünf Minuten gegangen waren.
Innerlich verfluchte ich, dass Jack so schlau war, äußerlich sagte ich: »Nein. Ich meine doch. Bitte, sei mir nicht böse, es tut mir leid..«
»Warum tut es dir leid?«, fragte Jack.
»Na ja, du wolltest eigentlich nichts von mir und dann habe ich den Traum ausgenutzt und dich geküsst.«
Anstatt sauer zu sein, lachte Jack. »Wenn ich mich recht erinnere, dann habe ich dich geküsst. Und wie könntest du auch anders, als mir zu widerstehen?« Er seufzte. »Ich habe mir schon gedacht, dass der Traum irgendwie seltsam war.«
»Seltsam?«, fragte ich, geschockt. Hatte ich etwa nicht gut geküsst?
»Es war viel besser, als Küsse sonst in Träumen so sind.«
»Oh.« Ein unwohles Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Wir blieben an einer roten Ampel stehen, sodass ich ihn direkt anschauen konnte. »Also küsst du oft andere Mädchen in deinen Träumen?«
»Nein, nicht oft«, meinte Jack, doch dann korrigierte er sich. »Ich meinte, ich küsse oft ein Mädchen.«
»Ein Mädchen?«, fragte ich. Ich konnte ahnen, was er meinte, doch ich wollte es aus seinem Mund hören.
»Nur dich, Monday«, sagte Jack und schaute mich liebevoll an. »Ich küsse nur dich. In meinen Träumen und auch in der Realität.«
Das erstaunte mich aufs Neue. Die Ampel schaltete auf Grün. Nachdem wir sicher, die Straße überquert hatten, fragte ich weiter. »Du küsst in der Realität keine anderen Mädchen? Aber du hast doch sicherlich mal welche geküsst, bevor du mich kennengelernt hast.«
»Nein, ich habe mich nicht sonderlich für Mädchen interessiert. Zumindest nicht in der Art.«
»Weil du auf die Richtige gewartet hast?«, fragte ich.
»Mach es nicht kitschiger, als es ist«, erwiderte Jack kopfschüttelnd. »Die Mädchen, die ich vor dir kennengelernt habe, waren nicht mein Typ. Ich habe ganz einfach nie den Drang dafür gespürt, irgendwelche fremden Mädchen, mit denen ich mir keine Beziehung vorstellen kann, zu küssen, geschweige denn, mit denen Sex zu haben.«
Ich fühlte mich seltsamerweise geehrt, dass er nie Interesse an einem Mädchen, abgesehen von mir, gehabt hatte. Und wow, vor allem dafür, dass er nie eine andere gehabt hatte, waren unsere bisherigen Küsse atemberaubend gewesen. Konnte er überhaupt die Wahrheit sagen?
Doch, es musste die Wahrheit sein, ich vertraute Jack. Und er war tatsächlich der Typ, bei dem ich mir vorstellen konnte, dass er nicht mit jedem Mädchen etwas hatte oder es wie Jared beinahe zu einem Sport machte, mit möglichst vielen zu schlafen.
»Wir sind da«, verkündete Jack.
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Hey ihr Lieben,
ich danke allen, die die Lesenacht bis hier ausgehalten haben. Dieses Kapitel ist dann auch das letzte für heute "Nacht".
Ich hoffe, es hat euch gefallen.
Gerade habe ich das 83. Kapitel beendet, danach kommen nur noch ein paar und dann geht es an die Überarbeitung, die ich auch gerne erst einmal hier auf Wattpad veröffentlichen will, bevor ich es als Buch veröffentliche.
Wenn also Interesse besteht, noch eine Lesenacht zu machen, hätte ich genug Lesestoff da. Was haltet ihr davon? Und wenn ihr Lust auf noch eine habt, welcher Tag passt es euch?
Alles Liebe und bleibt gesund
Clara
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Monday - Dämonen der Vergangenheit
ParanormalKann man jemanden verurteilen, nur weil er ein Dämon ist? Triff Monday, sechzehnjährige Dämonenjägerin. Seitdem ihr Vater von einem Dämonen getötet wurde, macht sie ihren Job nicht mehr aus Pflicht, sondern nur noch aus Hass. Alles was sie will, ist...