Jack starrte erst auf die andere Monday neben ihm, die sich genau in diesem Moment in Luft auflöste, dann huschte sein Blick zu mir. Für einen Moment hatte ich Angst, dass dies tatsächlich Jacks Traum sein könnte und er gerade herausgefunden hatte, dass ich ihm hinterher spionierte.
Jedoch schaute Jack mich lediglich verwirrt an. Ich rappelte mich auf und verschloss die Schranktür hinter mir. Ich hatte Angst davor, welche Schlüsse Jack aus meinem doppelten Erscheinen ziehen würde.
»Hast du deine Begabung herausgefunden?«, fragte er schließlich. »Besteht sie darin, dass du dich teleportieren kannst?«
»Ähm, j... ja, genau«, stammelte ich.
»Wow, das ist ja super«, meinte Jack. »Richtig toll, dass du sie endlich herausgefunden hast. Und dass sie dann auch noch so eine nützliche ist. Du hast es schon so weit geschafft als Dämon, ich bin echt stolz auf dich.«
Mit langsamen, aber sicheren Schritten ging er auf mich zu und zog mich in eine feste Umarmung. Sie war so fest, dass ich kaum noch atmen konnte.
»Jack, du zerdrückst mich«, keuchte ich.
Rasch lockerte Jack seine Umklammerung. »Wie lange wusstest du schon, dass du teleportieren kannst?«, fragte er. »Oder hast du es gerade erst herausgefunden?«
»Ich habe es eben herausgefunden«, log ich.
»Oh, wow! Du hattest dein erstes Mal und ich durfte dabei sein.« Er lächelte mich glücklich an und schien gar nicht zu realisieren, dass seine Aussage zweideutig war. »Monday, ich liebe dich so sehr.«
Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Er liebte mich?
Erst dann viel mir ein, dass dies nur mein Traum war. Wie sehr wünschte ich jetzt, dass dem nicht so wäre.
»Ich liebe dich auch«, meinte ich. Es war keine Lüge.
Jacks Gesicht strahlte beinahe vor Glück, als er sich zu mir hinunterbeugte. Seine Lippen, oh mein Gott, seine Lippen waren so weich wie Käsekuchen. Und so schmeckten sie auch.
»Du schmeckst wie Käsekuchen«, nuschelte ich zwischen seinen Küssen.
Jack hielt augenblicklich inne. »Wir küssen uns gerade innig und du musst an Essen denken?«, fragte er.
»Das meinte ich doch gar nicht«, widersprach ich. »Ich kann doch nichts dafür, wenn du nach Kuchen schmeckst.«
Doch Jack schaute mich lediglich beleidigt an. »Ich weiß echt nicht, wie du jetzt...« Seine Worte wurden immer leiser und die Traumwelt löste sich nach und nach auf, bis sie gänzlich verschwand. Mitsamt Jack.
»Happy birthday to you, happy birthday to you, happy birthday dear Jared, happy birthday to you!«, sang Lina solo. Ich hielt mich heraus, wohl wissend, dass meine Singstimme, die Aleksej damals als rau wie Schleifpapier bezeichnet hatte, für niemanden zumutbar war.
Sie hielt ihm ein großes Stück Käsekuchen mit einer Kerze hin. Meine Augen weiteten sich beim Anblick des Kuchens. Was war denn bloß heute mit dem Käsekuchen los?
»Hier, puste und wünsch dir was«, sagte Lina.
Jared hielt sich den Bauch. »Ich habe eigentlich gar keinen Hunger mehr«, sagte er.
»Komm schon«, drängte Lina. »Papa hat den extra heute morgen für dich gebacken. Du darfst jetzt nicht nein sagen.«
Ach. Du. Scheiße.
Das konnte doch kein Zufall mehr sein. Erst meinte ich im Traum, dass Jacks Lippen nach Käsekuchen schmeckten und nun erfuhr ich, dass Jacks Vater, womöglich zur selben Zeit, einen Käsekuchen gebacken hatte?
Nur am Rande bekam ich mit, wie Jared die Kerze auspustete. Zu sehr war ich mit meinen Gedanken beschäftigt. Es könnte tatsächlich sein, dass ich meine Begabung gefunden hatte. Ich spürte, wie sich ein Lächeln auf meinem Gesicht breit machte. Wie cool wäre das denn, wenn ich wirklich in der Lage wäre, in die Träume anderer Menschen zu schlüpfen, wenn ich endlich meine Mama und meine Schwester aufsuchen und mit großer Wahrscheinlichkeit dann auch in der Realität finden könnte.
Mein Lächeln zerfiel rasch, als ich Jack auf uns zukommen sah. Stattdessen merkte ich, wie eine leichte Röte in mir aufstieg. Wenn Jack jemals herausfinden würde, dass ich in seinen Traum eingebrochen und mit ihm geküsst hatte... Er würde es mir böse nehmen.
Zu meinem Glück schien Jack mich und mein rotes Gesicht gar nicht zu beachten. Stattdessen begrüßte er Jared mit einem Handschlag. »Herzlichen Glückwunsch«, sagte er, dann fügte er bedauernd hinzu: »Sorry, ich kann nicht länger bleiben. Ich habe Herr Wassermann versprochen, beim Aufhängen der Bilder zu helfen.«
»Wer ist denn Herr Wassermann?«, fragte ich.
»Unser Kunstlehrer«, erklärte Jack ohne seinen Blick auf mich zu richten. Wenn er sich so verhielt, könnte man meinen, er würde mich hassen. »Bis später dann, ihr drei.« Er ging schnellen Schrittes davon.
»Ihr kommt heute zu meinem Achtzehnten, oder?«, fragte Jared.
Lina nickte, doch ich ich guckte ihn verdutzt an. »Ich bin doch gar nicht eingeladen«, meinte ich.
»Wie kommst du denn darauf?«, erwiderte Jared und sah nun seinerseits verwirrt aus. »Ich habe dir doch auf Facebook eine Einladung geschickt.«
»Auf Facebook? Das nutzt doch keiner mehr.«
»Sorry, ich dachte, du wüsstest davon«, meinte Jared. »Kommst du trotzdem? Es wird eine Poolparty. Es kommen auch andere nette Dämonen. Das wäre doch schön, wenn du neue Kontakte knüpfen kannst. Später, wenn die Menschen weg sind, haben wir vor, das ganze in die Hölle zu verschieben. Du wolltest doch schon einmal in der Lava schwimmen, oder? Ich kann dir auch gerne einen hitzebeständigen Badeanzug leihen.«
Ich wollte gar nicht daran denken, warum Jared im Besitz eines Badeanzugs war. Womöglich lieh er denen seinen Dämonenfreundinnen aus, wenn er gemeinsam mit ihnen einen romantischen Abend in der Lava verbrachte. Ich fühlte einen Stich in meinem Herzen, als ich daran dachte, doch ich ließ mir nichts anmerken und versuchte das Gefühl tief in mir drin zu vergraben.
»Ich wusste gar nicht, dass Dämonen Facebook nutzen«, sagte ich stattdessen. Ich war froh, dass Jared mich gerade nicht berührte, ansonsten hätte er meine jetzigen Emotionen gespürt. Dann fiel mir etwas ein. »Ich kann nicht kommen, ich habe gar kein Geschenk für dich.«
»Ach, du musst mir nichts schenken«, erwiderte Jared. »Mir ist es Geschenk genug, wenn du zu meiner Party erscheinst.« Er lächelte nicht, so wie Jack es an seiner Stelle wahrscheinlich getan hätte, doch trotzdem wirkte sein Kompliment ehrlich. Und ich kam nicht umhin, mich zumindest ein kleines bisschen darüber zu freuen.
Also sagte ich »Ja«.
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Monday - Dämonen der Vergangenheit
ParanormalKann man jemanden verurteilen, nur weil er ein Dämon ist? Triff Monday, sechzehnjährige Dämonenjägerin. Seitdem ihr Vater von einem Dämonen getötet wurde, macht sie ihren Job nicht mehr aus Pflicht, sondern nur noch aus Hass. Alles was sie will, ist...