43 ~ Eine Chance?

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»Ich mag Jack«, sagte ich wahrheitsgemäß.

»Ach, du magst ihn also. Und was ist mit mir?«, fragte Jared, wobei er mir noch näher kam.

Ich wich stolpernd zurück. »Du bist nett.« Und arrogant fügte ich in Gedanken hinzu.

Jared machte einen Schritt auf mich zu. »Nett?«, wiederholte er spöttisch. »Wir beide hatten eine Beziehung!«

»Eine Fake-Beziehung«, korrigierte ich ihn, noch immer rückwärts gehend. »Ich mag dich als Freund, aber für eine Beziehung reicht das nicht aus, ich habe kein Interesse an dir.« Dass ich ihn mochte war übertrieben, aber ich wollte seine Gefühle nicht allzu sehr verletzen. Warum scherte ich mich überhaupt darum?

Auf einmal spürte ich an meinem Rücken etwas Hartes. Das musste wohl das Buchregal sein. Jared fasste mir mit einem harten, eiskalten Griff an die Schultern. Ich versuchte mich herauszuwinden, doch es gab kein Entkommen, denn er war viel stärker als ich. Verdammt, warum hätte er keine Stufe Zwei sein können, oder noch besser eine Stufe Fünf? Ich hätte ihn im Handumdrehen besiegt und ihm ins Gesicht geschlagen.

»Du hast kein Interesse?«, fragte Jared mit wutverzerrter Miene. »Ich sehe doch wie du mich anguckst, wenn ich mit Kim zusammen bin. Du kannst mir nicht sagen, dass das keine Eifersucht ist.«

»Das ist Abscheu. Ich mag dieses Mädchen nicht. Und wie ihr immer zusammen herumknutscht, das ist einfach ekelhaft. Ihr beide habt euch verdient!«

»Ich weiß doch, wie Eifersucht aussieht«, murrte Jared.

»Offensichtlich hast du keine Ahnung, weder von Eifersucht noch vom Verliebtsein«, erwiderte ich. »Und jetzt lass mich endlich los.« Mit den Worten spuckte ich ihm ins Gesicht.

Wenn das überhaupt noch möglich war, wurde seine Miene noch grimmiger und seine Finger gruben sich schmerzhaft in meine Schultern. Selbst ich als Halb-Dämonenjäger, Halb-Dämon konnte diese Schmerzen deutlich wahrnehmen.

»Glaubst du ernsthaft, wenn du mich anspuckst, lasse ich dich in Ruhe?«, fragte Jared wütend und ließ eine meiner Schultern los, um sich die Spucke aus dem Gesicht zu streichen.

Blitzschnell schnellte ich vor, um ihm ins Gesicht zu schlagen, doch er wehrte meinen Angriff ab und presste mich erneut gegen das Regal.

Er schloss seine Augen und machte einige tiefe Atemzüge, als wollte er sich beruhigen, dann schaute er mich wieder an. »Ich kann dich nicht so einfach gehen lassen«, flüsterte er. »Versteh mich nicht falsch, ich habe mich nicht in dich verliebt oder so, aber du bist nichtsdestotrotz die einige Person, bei der ich je in meinem Leben eine Temperatur vernommen habe. Zwischen uns wäre mehr möglich. Monday, du gehörst mir.« Sein Verhalten war mir ein Rätsel. Vorhin noch hatte er die ganze Zeit blöde Bemerkungen gemacht und nun so etwas?

»Ich gehöre dir?«, wiederholte ich genervt, denn ich konnte kaum glauben, was er da von sich gab. Was sollte denn diese Scheiße? »Ich bin doch kein Gegenstand, der irgendjemanden gehört. Ich will dich nicht. Selbst wenn du die Macht hast mich hier festzuhalten, ich gehöre dir noch lange nicht. Also lass mich endlich los!«

Zu meiner Verblüffung lockerte Jared tatsächlich seinen Griff und ging einen Schritt zurück.

»Und wie bitte soll das mich das alles näher zur Entdeckung meiner Fähigkeit geführt haben?«, fragte ich spöttisch.

»Immerhin wissen wir jetzt, dass du sie nicht mit Wut auslösen kannst«, erwiderte Jared seelenruhig, als ob er mir wirklich bei der Entdeckung hatte helfen wollen, indem er mich belästigte. Mit noch immer ruhiger Stimme fuhr er fort: »Ich will dich zu nichts zwingen, Monday, wirklich nicht. Aber gib mir wenigstens eine Chance. Du bist womöglich der einzige Dämon, beziehungsweise Halb-Dämon, mit dem ich in meinem ganzen Leben eine Temperatur verspüre und du spürst sie auch. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich in meinem restlichen Leben nochmal bei einer anderen Person etwas spüre ist verschwindend gering. Ich will die Gelegenheit nicht verschwenden, eine Person zu finden, welche mein Leben schöner machen kann, als es ohne sie je sein könnte. Ich könnte Kinder bekommen und meinem Leben mehr Sinn geben als es ja hatte. Bitte, gib uns eine Chance, uns besser kennenzulernen. Dann kannst du immer noch entscheiden, ob du mich oder Jack– «

»Ich glaube ich habe schon genug von dir kennengelernt«, unterbrach ich ihn. »Ich brauche keinen arroganten Freund, der mit jedem Mädchen aus der Schule etwas hatte.«

»Ich bin nicht arrogant, es fällt mir nur schwer Leute nah an mich heranzulassen. Außerdem war ich bloß auf der Suche nach meiner wahren Liebe, einer Temperatur!«, versuchte Jared sich zu verteidigen.

»Achja? Warum hattest du dann etwas mit Veronica, nachdem du mich kennengelernt hast und eine Temperatur bei mir gespürt hast?«

»Sie war deine Freundin«, erwiderte Jared.

»Sie war nie meine Freundin.«

»Naja, sie war damals zumindest das einzige Mädchen, mit dem du etwas gemacht hast. Am Anfang hattest du noch keine Temperatur mir gegenüber empfunden und ich hatte dich für einen Menschen gehalten, bis ich gemerkt habe, dass du meine Temperatur erwiderst. Ich habe nur etwas mit Veronica angefangen, um deine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.«

Ich schnaubte verächtlich aus. »Du bist ja lustig. Meine Aufmerksamkeit hattest du schon davor. Mit der Affäre zwischen dir und Veronica hat sich lediglich meine Meinung von dir von nett und arrogant zu arrogant und schlampig geändert.«

»Es tut mir leid, dass du so eine schlechte Meinung von mir hast. Ich habe einfach nicht genug darüber nachgedacht, was ich getan habe. Aber bitte gib mir noch eine zweite Chance.«

Teilweise konnte ich ihn verstehen. Wenn ich mir vorstellen müsste, dass es nur eine Person gäbe, die ich lieben und mit der ich Kinder bekommen könnte, dann würde ich diese Person auch nicht so leicht aufgeben wollen. Oder war das für mich auch der Fall? Ich wusste gar nicht, wie das bei Halb-Dämonen war. Aber falls ja, dann musste ich mich noch immer zwischen Jack und Jared entscheiden.

»Na gut«, sagte ich. »Ich überlege es mir.« Auf eine Beziehung mit mir hatte er eigentlich kein Anrecht mehr, vor allem, weil er noch vor einigen Minuten gezeigt hatte, wie aggressiv er sein konnte und mich nicht loslassen wollte. So etwas würde ich mir nicht noch einmal gefallen lassen.

Monday - Dämonen der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt