Sie ging auf ihre Familie zu, doch dann schien etwas anderes ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
»Monday?«, kreischte sie. »Nein, nein, nein. Nicht du auch noch!«
Sie kroch zu einer Leiche, die mit ihren langen braunen Haaren verdächtig ähnlich aussah wie ich. Weinend brach sie über meiner Doppelgängerin zusammen.
Es war schrecklich, Lina so leiden zu sehen.
»Ich bin doch hier!«, sagte ich. Ich hämmerte mit meinen Fäusten gegen die unsichtbare Scheibe, immer und immer wieder, doch das einzige, was ich damit erzielte, waren blutige Knöchel. Den Schmerz nahm ich kaum wahr.
»Nun lass mich doch durch, du doofe Scheibe!«, sagte ich und gab ihr einen Tritt. Das zumindest ließ sie ein wenig unter meinen Fingerspitzen vibrieren.
Ich musste hier durch, hielt es nicht mehr aus, Lina weinen zu sehen.
»Lina, ich bin hier!«, schrie ich, diesmal lauter. Mit einem Mal fiel ich nach vorne und landete auf allen Vieren auf dem Boden. Die Fensterscheibe zersplitterte zeitgleich in tausend kleine Stücke, die klirrend zu Boden fielen und sich in meine Haut bohrten. Doch das störte mich nicht.
Mir war lediglich wichtig, dass Linas Aufmerksamkeit nun endlich auf mir lag.
Ihr Blick drehte sich unverzüglich zu mir herum, sobald die Scheibe zersplittert war. »Monday?«, fragte sie verwirrt.
Sie warf einen Blick auf meine Doppelgängerin auf dem Boden, die sich in diesem Moment in Luft auflöste.
»Oh, Monday!«, schrie sie und rannte auf mich zu. In weniger als drei Sekunden war sie bei mir und schlang ihre Arme um mich. »Ich dachte, du wärst tot. Ich dachte, ihr wärt alle tot.«
»Es ist nur ein Traum«, sagte ich und strich ihr beruhigend über den Rücken. »Alles ist gut.«
Sie trat einen Schritt von mir weg und schaute mich mit großen Augen an. Ihre Traurigkeit war wie weggeblasen »Du bist in meinem Traum«, sagte sie und klatschte begeistert in die Hände. »Zumindest glaube ich, dass du es bist? Bist du echt oder bilde ich mich dich nur ein?«
»Ich bin echt«, erwiderte ich. »Die Frage ist bloß, ob du echt bist.«
Lina schaute mich entgeistert an. »Sehe ich für dich etwa unecht aus?«
»Nein, nein, natürlich nicht«, sagte ich. »Aber wie sollen wir jetzt aufwachen, um zu sehen, ob wir beide wirklich in deinem Traum sind? Hast du einen Wecker gestellt?«
»Ach, das ist einfach. Wenn ich erst einmal realisiert habe, dass ich träume, dann blinzel ich normalerweise und sobald ich die Augen wieder öffne, bin ich zurück in der Realität«, erklärte Lina und schloss die Augen. Kurz darauf löste sich die Welt auf und ich schwebte wieder in der Dunkelheit.
Ich probierte, meine Augen zuzumachen, doch auf einmal war ich nicht mehr Herr über meinen Körper. Ich bemühte mich zu strampeln, wollte mich durch meine Bewegungen aufwecken, hoffte mit meinen Armen und Beinen gegen irgendetwas zu schlagen, sodass mich der Schmerz aufwecken würde, aber mein Körper gehorchte mir nicht und blieb fast stocksteif. So sehr ich auch versuchte, wild um mich zu schlagen, es gelang mir nicht.
Dann spürte ich eine kalte Hand auf meinem Arm und wurde endlich in die Realität zurückgeholt.
Lina saß über mir. Der Schein der Nachttischlampe, die wir vor dem Schlafengehen nicht ausgemacht hatten, beleuchtete die Hälfte ihres Gesichtes. Der Wecker, der daneben stand, zeigte die Ziffern »00:11«, also waren es ungefähr eindreiviertel Stunden nachdem wir zu Bett gegangen waren.
»Du hast es auch geträumt, oder?«, fragte Lina. »Die Zombies?«
Ich nickte. Zwar hatte Lina mir schon vorher gesagt, dass sie Albträume hatte, aber dies mit eigenen Augen mitzuerleben war so viel schlimmer. Sie tat mir furchtbar leid.
»Oh mein Gott, das ist genial!«, sagte Lina. »Das heißt, dass du endlich deine Schwester und deine Mutter finden kannst.«
»Und das heißt, dass mein Traum mit Jack echt war. Das heißt, dass er mich wirklich liebt, wenn er das sogar in seinem Traum sagt.«
»Er hat dir in seinem Traum gesagt, dass er dich liebt?«, fragte Lina und quietschte vor Aufregung.
»Vorhin bei der Party, nachdem er sich beinahe mit Jared geprügelt hat, da hat er es auch gesagt, aber –«
»Wie jetzt, er hat es gesagt? So richtig ich liebe dich?« Sie glühte regelrecht vor Freude, als ich es ihr bestätigte. »Wow, das ist ja richtig cool. Dann werdet ihr bald noch ein Paar, mein Bruder und meine beste Freundin. Oder seid ihr schon ein Paar? Eine bessere als dich hätte er nicht finden können.«
»Ich bin nicht gut genug für ihn«, widersprach ich.
»Natürlich bist du gut genug für ihn. Ihr seid perfekt füreinander! Wie kommst du denn darauf?«
»Du hast es doch gestern mitbekommen. Ich habe mit Jared geschlafen. Das mit Asasel hast du ja auch gesehen. Warum bist du mir eigentlich nicht böse?«
»Wie könnte ich dir böse sein? Es ist deine Entscheidung, mit wem du etwas machst. Ich war lediglich traurig und enttäuscht, weil ich weiß, wie toll du zu Jack passt. Aber jetzt ist ja alles geklärt zwischen euch.«
»Nicht wirklich. Nachdem er gesagt hat, dass er mich liebt, wollte ich ihn küssen, aber er hat mich abgehalten, weil er Zeit braucht. Wegen Jared und so.«
»Oh. Aber das ist doch normal. Er wird sicherlich nicht allzu viel Zeit brauchen. Bestimmt hat er morgen wieder Lust, dich zu küssen.«
»Ich weiß ja nicht ...«
»Doch, doch!«, sagte Lina. »Er liebt dich. Das wird schon. Und jetzt lass uns wieder schlafen. Ich bin müde und du musst noch deine Familie in deren Träumen besuchen.«
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Monday - Dämonen der Vergangenheit
ParanormalKann man jemanden verurteilen, nur weil er ein Dämon ist? Triff Monday, sechzehnjährige Dämonenjägerin. Seitdem ihr Vater von einem Dämonen getötet wurde, macht sie ihren Job nicht mehr aus Pflicht, sondern nur noch aus Hass. Alles was sie will, ist...