Die ersten zwei Schulstunden waren unerträglich für mich. Alle wussten über die Trennung von Jared und mir Bescheid. Doch sie wussten nicht die Wahrheit. Für sie musste es so aussehen, als hätte Jared mit mir Schluss gemacht.
Und um das Ganze noch Schlimmer zu machen, steckte Jared genau dann, als ich nach dem Unterricht die Pausenhalle betrat, seine Zunge in Kims Hals. Allein bei dem Anblick wurde mir schlecht. Schlecht vor Demütigung. Jared mochte mich nicht, Jack mochte mich noch weniger. Die ganze Freude, die schönen Momente, die ich seitdem ich hier war, erlebt hatte, wurden unwichtig. Wichtiger war die Tatsache, dass niemand, für den ich etwas empfand, zu mir hielt. Mein Vater nicht. Aleksej nicht. Jared nicht. Und Jack erst recht nicht.
Verzweifelt wie ich war beachtete ich die beiden nicht, sondern verließ schnurstracks das Schulgelände. Es war das erste Mal seit ich in dieser Stadt war, dass ich Schule schwänzte. Aber das war mir in diesem Moment komplett egal.
Unzufrieden joggte ich durch die Gegend, ohne zu wissen wohin ich unterwegs war. Wieso hatte ich mich in Jared verlieben müssen, warum bloß?
»Monday!«, rief plötzlich eine männliche Stimme hinter mir.
Ich versuchte den Ruf zu ignorieren, indem ich schneller lief, aber wer immer da hinter mir war, war schneller als ich und hatte mich bald eingeholt. Grob packte er mich an der Schulter.
Ein vor Erschöpfung schnaubender Norbert glotzte mir ins Gesicht.
»Was machst du hier?«, fragte er. »Müsstest du nicht in der Schule sein?«
»Mir gings nicht so gut«, meinte ich.
»Dir geht es blendend«, behauptete Norbert und lächelte mich an. »Wie wärs, wenn ich dich zur Schule zurück begleite?«
»Nein, danke, ich finde den Weg schon allein.«
»Das glaube ich nicht«, behauptete Norbert, fasste mich an der Hand und zog mich mit sich mit.
»Mir geht es wirklich nicht so gut, ich will nach Hause«, quengelte ich. »Bitte. Ich kann jetzt nicht in die Schule.«
»Monday, ich sehe doch, wie schnell du joggst. Du bist in deiner besten Verfassung!«, rief Norbert aus.
Wütend blieb ich stehen. »Mir geht es nicht gut!«, wiederholte ich.
»Monday, deiner Mutter mag es zwar egal sein, was du tust, aber mir nicht. Die Zeiten, wo du machen konntest was du willst, sind vorbei. Ich weiß, dass dein Vater gestorben ist und dass dein Leben deswegen etwas durcheinander geraten ist, aber ich bringe wieder Ordnung in dein Leben. Ich bin der Mann in deinem Haus und du tust was ich sage! Ich dulde nicht, dass du die Schule schwänzt. Und deine lahme Ausrede, dass es dir nicht gut geht nehme ich dir nicht ab.«
Während seiner langen Rede hatte er meine Hand losgelassen.
»Komm mit!«, bestimmte er und wendete sich zum Gehen um.
Doch so einfach konnte er mich nicht herumkommandieren.
»Nein«, sagte ich.
Verwirrt blieb er stehen. »Was hast du gesagt?« fragte er.
»Nein!«, schrie ich. »Ich mache nicht, was du sagst. Vielleicht klappt das ja bei Adam, wenn du ihn so herumkommandierst, aber bei mir klappt das nicht.«
Norbert wollte mich unterbrechen, aber ich ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Als mein Vater gestorben ist dachte ich, dass nie etwas schlimmeres als sein Tod in mein Leben eintreten würde«, sagte ich, nun mit Tränen in den Augen. »Aber dann kamst du. Und ich muss sagen: Seitdem wir zu dir gezogen sind ist mein Leben zehnfach so schlimm geworden wie es das Jahr nach Daddys Tod war. Du wirst nie mein Vater sein!«
Wütend drehte ich um und rannte weg. Weit, weit weg von diesem schrecklichen Mann, der sich einbildete, irgendetwas in meinem Leben bestimmen zu können.
Veronica und Lina hatten noch Schule. Selbst wenn sie Zeit gehabt hätten, dann wäre ich nicht zu einem von ihnen gegangen. Alles was ich jetzt wollte war allein zu sein.
Die wenigen anderen Menschen auf der Straße warfen mir nur flüchtige Blicke zu, wenn sie mein tränenverschmiertes Gesicht sahen, aber es war mir egal, was sie von mir dachten.
Traurig und allein setzte ich mich auf eine Bank.
Nach ein paar Minuten setzte sich jemand neben mich. vielleicht waren es auch Stunden, ich hatte kein Zeitgefühl mehr.
Desinteressiert schwenkte ich meinen Blick zu der Person. Und bekam fast einen Herzinfarkt, als ich in ein feuerrotes Augenpaar starrte.
»Hey, ich bin Amelie«, sagte sie und streckte mir ihre Hand hin.
Als ich nicht antwortete, lächelte sie schüchtern. »Wir sind im selben Philosophiekurs«, meinte sie. »Aber wir haben noch nie miteinander geredet.«
Warum sprach sie mit mir? Ich konnte sie nicht ausstehen.
»Ich bin Monday«, antwortete ich und schaute in die andere Richtung.
»Warum hast du geweint?«, fragte sie.
Ich schwieg. Warum konnte sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich wollte allein sein. Gerade hatte ich nicht einmal die Motivation sie umzubringen. Zwar war sie eine Dämonin, aber was störte es mich? Daddy war tot und er würde es auch bleiben. Für immer. Egal wie viele Dämonen ich für ihn tötete.
»Ist es wegen Jared?«, hakte Amelie nach.
»Nein.« Meine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
Sie lachte. »Natürlich ist es wegen ihm.«
»Es ist nicht wegen ihm«, murmelte ich, während ich ihr wieder meinen Blick zuwandte. »Mein komplettes Leben ist scheiße.«
»Warum?«, fragte sie.
»Meine Mutter hasst mich, mein Stiefvater versucht mich herumzukommandieren und mein Stiefbruder ist der unbeliebteste Schüler unserer Stufe«, beschwerte ich mich.
Warum erzählst du ihr das? Sie ist eine Dämonin! Sie will dich umbringen.
Ist mir egal...
»Und die ganze Schule denkt, dass Jared mit dir Schluss gemacht hat, obwohl du es warst, die es beendet hat«, ergänzte Amelie.
»Woher weißt du das?«, fragte ich.
»Jared und ich sind gute Freunde«, meinte Amelie.
Ich erinnerte mich nur zu gut daran, als ich die beiden küssend im Park gesehen hatte. »So gute Freunde, dass ihr miteinander rummacht?«
»Er kann gut küssen, oder?«, fragte sie und lachte.
Ich schaute sie angewidert an. Jetzt war ein Moment, in dem ich garantiert nicht über Jareds Kusskünste reden wollte. »Warum habt ihr euch geküsst?«
»Er hat mich darum gebeten«, erklärte Amelie.
DU LIEST GERADE
Monday - Dämonen der Vergangenheit
ParanormalKann man jemanden verurteilen, nur weil er ein Dämon ist? Triff Monday, sechzehnjährige Dämonenjägerin. Seitdem ihr Vater von einem Dämonen getötet wurde, macht sie ihren Job nicht mehr aus Pflicht, sondern nur noch aus Hass. Alles was sie will, ist...