Den ganzen Donnerstag über sah ich Jared kein einziges Mal. Nicht einmal, als ich einen Blick in den Physikraum 1, in welchem Jareds Profil Unterricht hatte, wagte. Vielleicht schwänzte er?
Am Freitag jedoch sah ich ihn direkt in der ersten Stunde, als Frau Ramm Kim und mir die ehrenvolle Aufgabe erteilte, wieder ein paar Bilder in den Kunstraum 1 zu schleppen.
Ich hatte gerade meinen Bilderstapel in den Schrank geräumt, als ich merkte, wie Kim Jared ansprach.
»Hey Jared«, flirtete sie und lehnte sich mit ihrem großen Ausschnitt über den Tisch zu ihm.
Dieser jedoch lachte nur laut auf. Jack, der neben ihm saß, konnte sich ein Lachen auch kaum verkneifen.
»Du hast da ein wenig Farbe am Ärmel!«, informierte ich Kim. Sie hatte sich ohne es zu merken auf Jareds noch feuchter Acryl-Landschaft abgestützt.
»Igitt!«, schrie Kim und sprang auf.
»Bleib doch auf meinem Bild. Der Anblick war weitaus schöner als meine Landschaft, die du gerade verschmiert hast«, beschwerte Jared sich.
Kim glotzte ihn verwirrt an. »Welcher Anblick?«, fragte sie. Oh mein Gott, die war ja noch dümmer als ich dachte.
Augenrollend schaute ich zu Jared.
Jared zwinkerte mir zu. »Ist nicht so wichtig«, behauptete er.
Irritiert schaute sie zwischen ihm und mir hin und her, dann verließ sie hastig den Raum. Wahrscheinlich, um sich die Farbe von ihren Ärmeln zu waschen. Was bei Acrylfarbe nur mit Wasser nicht funktionieren würde. Musste sie halt den restlichen Tag mit Farbe auf ihrem langärmeligen Top herumlaufen.
»Man sieht sich«, meinte ich zu Jared. Noch im Umdrehen konnte ich hören, wie er »hoffentlich nicht« zu Jack flüsterte.
Nahm er es mir immer noch übel, dass ich seinen Kuss nicht erwidert hatte? Was wäre überhaupt passiert, wenn ich ihn gelassen hätte? Nach spätestens einer Woche hätte er nichts mehr von mir wissen wollen.
»Ich habe keine Lust mehr«, murrte ich, als ich gerade eins von den Kapiteln gelesen hatte, welche wir zusammenfassen mussten. Lina und ich hatten uns darauf geeinigt, dass ich wieder von Freitag auf Samstag bei ihr schlafen würde, damit wir die Präsentation machen konnten.
»Wenn wir es jetzt machen, dann haben wir es hinter uns«, versuchte Lina mich aufzumuntern. Doch es half nichts. Nicht einmal Jack hatte ich bei ihr gesehen. Er war auf irgendeiner Party, hatte Lina mir erzählt. Ihre Eltern waren das ganze Wochenende über mit ihrem kleinen Bruder an der Ostsee. »Bis 4 Uhr morgens haben wir das ganze Haus für uns allein«, hatte sie mir feierlich mitgeteilt. Aber anstatt das auszunutzen, machten wir diese langweilige Präsentation.
Neben mir schrieb Lina ein paar Stichpunkte für die Zusammenfassung auf.
Lina guckte mich ernst an. »Monday, wir müssen das jetzt machen. Nächstes Wochenende habe ich keine Zeit.«
»Warum hast du keine Zeit?«
»Mein Freund kommt mich besuchen. Wir sehen uns so selten, weil wir eine Fernbeziehung haben. Also kann ich ihm nicht absagen!«
»Du hast einen Freund? Wie sieht er aus? Zeig mal ein Bild!«, rief ich, um sie von der Präsentation abzulenken.
Lina scrollte durch ihr Handy und zeigte mir ein Foto von ihm.
»Er ist so süß«, schwärmte sie mit einem Lächeln im Gesicht.
»Er sieht nett aus«, meinte ich. »Wie habt ihr euch kennengelernt?«
»Ich war vor zwei Jahren auf einer Sprachreise. Da haben wir uns verliebt. Und jedes mal, wenn wir uns sehen, ist es so ein schönes Gefühl.« Ich konnte deutlich sehen, wie verliebt sie war. »Deswegen, Monday, müssen wir dieses Wochenende die Präsentation machen.«
»Wenn wir heute und morgen nicht alles schaffen, dann kann ich bestimmt auch noch bis Sonntag bei dir schlafen. Meiner Mutter wird das nichts ausmachen«, schlug ich vor. Das hatte den Vorteil, dass ich dann noch länger mit Jack in einem Haus sein würde. Bei dem Gedanken an ihn konnte ich mein Lächeln kaum unterdrücken.
»Können wir machen«, stimmte Lina meinem Vorschlag zu.
Samstagmorgens lief ich in die Küche, mit der Erwartung, Jack anzutreffen. Dieser saß zwar am Esstisch, doch er war nicht alleine. Gegebüber von ihm saß Jared.
Als sie mich sahen, brachen sie abrupt mit ihrem Gespräch auf.
»Guten morgen!«, rief Lina gut gelaunt und schüttete sich Cornflakes in eine Schüssel. Dann setzte sie sich zu den Jungs an den Tisch. Nachdem auch ich in ihrer übergroßen Küche ein Brot gefunden hatte, setzte ich mich gegenüber von ihr hin, direkt neben Jared..
»Schläft sie jetzt etwa jede Nacht hier?«, motzte Jack plötzlich und machte eine Handbewegung in meine Richtung. Was war denn sein Problem?
»Es ist nicht nur dein Haus«, stellte Lina fest. »Ich kann meine Freunde einladen wann und wie lange ich will. Außerdem müssen Monday und ich ein Referat für die Schule machen. Sie bleibt das ganze Wochenende bei mir.«
Jack warf Jared einen genervten Blick zu. »Kann ich nicht einmal zu Hause meine Ruhe haben«, murrte er. Seit wann war er genervt von mir? Das passte doch überhaupt nicht zu seiner sonst so lieben Art.
»Bei eurem großen Haus macht das ja auch so einen großen Unterschied, ob eine Person mehr oder weniger da ist«, entgegnete ich ironisch.
»Da hast du recht. Es macht einen gewaltigen Unterschied, dass du hier bist«, sagte Jack und stand auf. »Jared, kommst du mit?«
»Ich hab noch Hunger. Aber geh du schon mal vor«, meinte dieser.
Genervt verließ Jack das Zimmer.
»Ich bin gleich wieder da!«, meinte Lina und lief ihm hinterher.
»Was hat er gegen mich?«, fragte ich, als Jared und ich alleine am Tisch saßen.
»Er mag dich nicht«, behauptete Jared.
»Warum? Er war immer nett zu mir. Bis jetzt.«
»Er kann sehr gut schauspielern. Aber wenn er mal schlechte Laune hat, dann merkt man, was er wirklich für einen empfindet. Nämlich für dich empfindet er nichts.«
Ich hätte es gleich wissen müssen. Dämonen hatten keine Gefühlte. Es war das einzig Natürliche, dass Jack mich nicht mochte.
Verzweifelt guckte ich Jared an. »Mach dir nichts draus, Monday«, sagte er und legte mir eine Hand auf die Wange. Eisige Kälte ging von ihr aus und machte sich angenehm in meinem Körper breit. Es war das Gegenteil von der Hitze, die ich bei einer Berührung mit Jack spürte. »Es ist einfach seine Art, dass die meisten Menschen ihm egal sind.«
Langsam lehnte er sich zu mir herüber. »Aber mir, Monday, mir bist du nicht egal«, flüsterte er und streichelte mir erst über meine Wange, dann über meine Lippen. Ein angenehmer, kühler Schauer fuhr durch meinen ganzen Körper.
Ohne wirklich darüber nachzudenken, was ich da überhaupt machte, zog ich ihn zu mir heran und küsste ihn. Wenn ich Jack schon nicht haben konnte, dann wollte ich wenigstens ihn.
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Monday - Dämonen der Vergangenheit
ParanormalKann man jemanden verurteilen, nur weil er ein Dämon ist? Triff Monday, sechzehnjährige Dämonenjägerin. Seitdem ihr Vater von einem Dämonen getötet wurde, macht sie ihren Job nicht mehr aus Pflicht, sondern nur noch aus Hass. Alles was sie will, ist...