72 ~ Rückkehr

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Obwohl Jack mir versichert hatte, dass es in der Hölle noch viel mehr zu entdecken gab, gingen wir nach dem Bikinikauf zu ihm nach Hause, da ich darauf brannte, die Bücher zu lesen, um mehr über das Traumwandeln herauszufinden. Ich hatte noch nie so sehr ein Buch lesen wollen wie jetzt.

Zu meinem Horror sah ich schon von einiger Entfernung, dass Jared, auf dem kleinen Aufgang vor der Haustür sitzend, auf uns wartete.

»Vielleicht ist es besser, wenn du hier wartest, sodass Jared und ich uns aussprechen können«, meinte ich zu Jack, sobald ich Jared erspähte. »Ich will nicht, dass er noch einmal versucht, dir etwas anzutun.«

»Was denkst du denn, wie es mir geht?«, fragte Jack. »Er hat dich für Sex ausgenutzt. Und er würde es wieder tun. Ich lasse dich auf keinen Fall alleine mit ihm reden.«

Ich zog Jack in die nächste Seitenstraße und schaute ihm, meine dämonische Augenfarbe kurz aufleuchtend lassend, in die Augen. »Tut mir leid, Jack, aber du kannst mir nicht vorschreiben, dass ich das nicht alleine machen darf. Falls du es vergessen haben solltest, ich bin noch immer der stärkere Dämon von uns beiden. Außerdem würde Jared mich nicht töten wollen, dich schon. Hast du schon vergessen, dass er dir gestern deine Seele aussaugen wollte?«

»Er hätte es nicht durchgezogen«, widersprach Jack. »Wir sind beste Freunde, er würde mich niemals umbringen.«

»Wenn ihr beste Freunde seid, wieso hast du ihn dann geschlagen?«, fragte ich.

»Weil ich verdammt nochmal so sauer auf ihn bin, für das, was er dir angetan hat.« Seine Stimme bebte vor Zorn.

»Es war ja nicht so, als hätte ich mich gewehrt. Wir hätten es niemals ohne mein Einverständnis getan.«

Jacks Gesichtsausdruck verzog sich, er wirkte auf einmal nicht mehr wütend, sondern verletzt. »Du wolltest es?«, fragte er.

»Nein«, antwortete ich, aber korrigierte mich rasch. »Ich meine, ja. Ich hatte zu viel Alkohol in mir, ansonsten hätte ich es nie gewollt. Jareds und meine Anziehung ist rein körperlich, abgesehen davon empfinde ich nichts für ihn. Ich weiß gar nicht, warum ich diese Temperatur ihm gegenüber spüre. Ich kann mir gar nicht vorstellen, ihn jemals lieben zu können. Und jetzt, bitte, lass mich mit ihm reden. Das ist etwas was ich ohne dich erledigen muss.«

Ich wandte mich um, doch Jack hielt mich am Handgelenk auf. »Pass auf dich auf, ja?«, fragte er und ließ mich erst los, als ich nickte.

»Ich behalte dich im Blick!«, rief er mir noch hinterher und so kam es, dass ich alleine und unsicher, was mich erwarten würde, auf Jared zuging. Ich hatte Angst vor diesem Gespräch, aber ich wusste, dass ich es hinter mich bringen musste. Es war nötig, dass ich Jared erklärte, dass ich im romantischen keinerlei Interesse an ihm hatte und es auch nie haben würde.

»Jared, was zum Teufel machst du hier?«, fragte ich ihn, sobald er in Hörweite war und gesellte mich, mit genügend Abstand zwischen uns, zu ihm. Aus der Nähe konnte ich gewaltige dunkle Ringe unter seinen Augen erkennen. Hatte er in der Nacht denn gar nicht geschlafen?

Er stand rasch auf. »Wie ich sehe, bist du wieder mit Jack ausgegangen«, sagte er, anstatt meine Frage zu beantworten.

»Ja, das bin ich, und das ist auch mein gutes Recht«, erwiderte ich. »Zwischen dir und mir, da läuft nichts mehr.«

»Ich verstehe das nicht«, meinte Jared mit einem drohenden Unterton in seiner Stimme. »Erst hüpft du mit mir ins Bett und am nächsten Tag kriechst du zu wieder Jack zurück? Du kannst mir nicht sagen, dass du es nicht wolltest. Was soll das, Monday?«

Ich seufzte. »Das lag einzig und allein am Alkohol, dass ich mit dir geschlafen habe«, erklärte ich. »Danach habe ich gemerkt, dass ich nur rein physisch auf dich stehe, aber eine Beziehung mit dir wäre unmöglich. Es tut mir leid, Jared, dass ich mit dir geschlafen habe und alles, aber ich kann das nicht.«

Jareds Gesicht verdüsterte sich und ich meinte sogar erkennen zu können, dass seine Augen leicht glänzten, doch dann wandte er den Blick von mir ab. »Wir bleiben aber noch Freunde, nicht wahr, Monday?«, fragte er, mich noch immer nicht anschauend.

»Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist«, widersprach. »Nicht, nachdem wir Sex hatten. Das wäre zu seltsam.«

Jared wischte sich mit seinem Ärmel übers Gesicht, dann drehte er seinen Kopf wieder mir zu. »Ganz werden wir wohl nicht vermeiden können, dass wir uns sehen. Lina ist noch immer eine gute Freundin von mir, obwohl sie mich über Kim angelogen hat. Und Jack...« Seine Worte schweiften ins Nichts ab.

»Es tut mir leid, Jared«, sagte ich. Ich wusste, dass ich mich wiederholte, aber ich ich musste es noch einmal sagen. Gerade wirkte er so traurig. Er zeigte sich zerbrechlicher, als ich ihn jemals gesehen hatte.

»Glaub du bloß nicht, dass ich dich aufgeben werde«, meinte Jared mit einem halben Grinsen, dann hob er die Hand, wie zu einem letzten Gruß. »Auf Wiedersehen, Monday.« Ich schaute ihm hinterher, wie er sich mit langsamen Schritten entfernte, wie er immer kleiner wurde. Wie er an Jack vorbeiging, der in weiter Ferne noch immer mich im Auge behielt.

Dann verschwand er um die Ecke. Und ich wusste, dass es nicht das letzte Mal war, dass ich ihn sehen würde. Nein, spätestens am Montag müsste ich ihm wieder in der Schule begegnen. Das machte alles umso schlimmer.

Monday - Dämonen der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt