Eine wunderbarer Duft stieg ihr am nächsten Morgen in die Nase. Es roch nach Pfannkuchen und Nutella. Zufrieden öffnete sie die Küchentür und sah ihren Vater am Herd stehen.
"Womit haben wir das wohl verdient?" fragte Mia gerade auch schon.
Dass sie gerade bei solch einem Frühstück ausnahmsweise mal nicht ihren Morgen im Bett verbrachte, verwunderte Elaine nicht wirklich. Es war fast wie ein Wunder. Immer wenn es morgens etwas besonderes gab, war sie wach, dabei war es egal, ob sie es wusste oder nicht. Zum Beispiel heute, niemand von ihnen wusste von diesem besonderen Frühstück.
"Das ist kein Dankeschön. Ich habe mir gedacht, dass es Zeit für eine neue Tradition ist."
"Aber warum denn, Paps?"
"Weil du Kraft brauchst und ich weiß, dass Pfannkuchen dir diese Kraft geben, ich will aber eigentlich nur helfen."
Lachend setzte sie sich an den Tisch. "Und deine Hilfe sieht so aus?"
Nickend stellte er einen Teller mit gebratenen Pfannkuchen in die Mitte des Tisches. Schnell schoben sich die beiden Mädchen einen auf ihre Teller. Danach schnappte Elaine sich das Nutellaglas und schmierte den Pfannkuchen mit Nutella voll. Genüsslich fing sie an zu essen. Geräusche des Genusses verließen ihre Lippen und ließen ihren Vater auflachen.
"Schmeckt mein Essen?"
"Wie immer, Paps. Wann müssen wir los?"
"Um elf Uhr, Spätzchen."
"Gleich kommt Fabian. Wir wollen lernen. Übermorgen schreiben wir eine Klausur."
Ihr Vater nickte nur und beantwortete somit ihre nicht ausgesprochene Frage. Er stimmte somit zu, dass seine Tochter den Jungen eingeladen hatte.
Seine andere Tochter konnte aufgrund dieser Leichtigkeit, mit der ihr Vater zustimmte, nur ihren Kopf schütteln. Er kannte doch Fabian und trotzdem erlaubte er einfach so, dass er in unser Haus kam und Zeit mit Mia verbringen durfte. Dabei konnte man mit nur einem genaueren Blick erkennen, dass Mia drauf und dran war sich in den Jungen zu verlieben. Doch Elaine konnte auch nicht wissen, ob ihr Vater den Blick seiner Tochter, den sie, sobald sie von oder mit Florian sprach, bekam, überhaupt benennen konnte. Es war genauso gut möglich, dass ihr Vater den Blick gar nicht kannte und deswegen gar nicht wusste, welche Bedeutung er hatte.
Nach dem Frühstück fuhren sie schon kurz darauf auch los. Ihr Weg führte sie über die Straßen der Stadt in Richtung Norden. Es dauerte nicht lange und dann kamen sie in Hannover an. Denn leider war es zum ersten Mal soweit. Heute war der erste Samstag, an dem sie ihre Medizin bekam.
Leider war es ein ausnahmsweise schöner Herbsttag. Das Wetter der letzten Tage hatte die Blätter der Bäume schon braun gefärbt. Bald würden sie abfallen und den Boden füllen. Dann würden die Äste kahl sein und die ersten Anzeichen der nächsten Jahreszeit würden die Städte Deutschlands heimsuchen. Es würde kälter werden und dann gäbe es auch schon hoffentlich irgendwann Schnee.
Sie würde im Herbst sterben. Das hatte sie sich selbst ausgesucht. Schon seitdem sie ein junges, kleines Mädchen war, mochte sie die Dritte der vier Jahreszeiten am liebsten. Im Herbst färben sich die Blätter in ihren Lieblingsfarben. Auch gibt es im Herbst Pflaumen und sie hatte dieses Obst schon immer geliebt. Früher hatte ihre Mutter immer Pflaumenkuchen gebacken. Dann hatte sie ihr immer geholfen und diese Erinnerung war die Einzige, die sie von ihrer Mutter hatte. Doch damit war sie noch besser dran als Mia. Ihre jüngere Schwester besaß keine einzige Erinnerung an ihre Mutter. Natürlich war das objektiv betrachtet auch nicht unbedingt schlecht. Mia hatte zwar keine einzige Erinnerung an ihre Mutter, doch damit auch kein noch so kleines Gefühl, dass sie mit ihr verband.
Josh besaß die meisten Erinnerungen. Wenn er von seinen jüngeren Schwestern nach ihrer Mutter gefragt wurde, erzählte er dennoch nichts von ihr. Er bekam nur eine Falte vor Wut zwischen seinen Augen. Seine Erinnerungen brachten ihn dazu diese Wut zu fühlen.
Doch Elaine besaß weder das Eine, diese Wut, noch das Andere, diese Kälte. Was sie fühlte war etwas anderes. Wenn sie an ihre Mutter dachte, fühlte sie nur Trauer. Denn sie liebte ihre Mutter und das tat sie, obwohl ihre ganze Familie von der ihr so gut wie unbekannten Frau verlassen wurde. Das tat sie, obwohl sie verlassen wurde. Natürlich fühlte sie sich allein gelassen und verabscheute ihre Mutter dafür und doch vermisste sie die Frau, die mit ihr Pflaumenkuchen gebacken hat und sie mit diesem Blick voller Liebe angeschaut hatte.
Es war schon immer ein großer Traum von ihr gewesen diese Frau noch einmal zu treffen. Also war dieser Traum auch schnell als Wunsch auf ihrer Liste aufgetaucht. Doch wie fand meine Frau, die von allen totgeschwiegen wurde. Das war die Frage, der sie heute auf den Grund gehen wollte.
"Engelchen, wir sind da."
Durch den Ausruf ihres Vaters wurde sie schließlich aus den Gedanken gerissen. So konnte sie den traurigen und dunklen Tiefen ihrer Gedanken geholt. Ihre Gedanken waren zwar noch nicht so tief gesunken. Aber sie haben schon die verschlossene Schublade gestreift. Trauer hatte heute keinen Platz in ihrem Herzen. Denn heute ging es nicht um die Vergangenheit, sondern um ihre Zukunft.
Also öffnete sie die Autotür und stieg aus dem Wagen ihres Vaters aus. Danach trat sie neben ihren Vater und folgte ihm in das Krankenhaus. Im Eingangsbereich saßen mehrere Menschen. Auf jedem der Gesichter spiegelte sich die selben Emotionen wieder. Jedoch führte ihr Termin sie nicht zum Eingangsbereich sondern zur Krebsstation. Genauer gesagt trafen sie sich dort nämlich mit Doktor Johnson. Der würde nämlich gemeinsam mit ihr die erste Medizin in ihren Blutkreislauf bringen. Wie sie sich doch darauf freute...
Es war aber doch kein so schlimmer Tag, denn als sie in das Zimmer trat, sah sie noch zwei ihr bisher unbekannte Personen mit ihr im Raum. Die beiden unterhielten sich angeregt, ganz so als würden sie miteinander diskutieren. Bevor sie aber näher ran gehen konnte, betrat Doktor Johnson den Raum und begrüßte sie. "Hallo Elaine. Dann wollen wir dich mal etwas heilen..."
Zuerst beschrieb er ihr, was heute mir ihr geschehen würde und danach wie es insgesamt das ganze Jahr über laufen würde. So erfuhr sie, dass sie möglicherweise nicht jede Woche ins Krankenhaus gehen musste, das aber erst nach ein oder zwei Monaten geklärt werden kann, und dass sie so rund um die zweieinhalb Stunden dort bleiben musste. Auch wurde sie von dem Arzt aufgeklärt, was er gleich tun würde. Dabei hörte sie mit nur einem Ohr hin. Das Zimmer selbst war auch viel interessanter als das Gelaber von dem Arzt neben ihr.
Als er dann aber endlich fertig mit reden war, sollte sie sich auf einen der Sitze setzen. Ihr wurde mit einer Nadel in den Arm gepickst und dann an eine Tüte mit Flüssigkeit gehängt. Für sie hieß es nun abwarten. Doktor Johnson verschwand und ließ die drei Patienten allein. Elaine holte ihr Handy hervor und ging erstmal auf Instagram. Zeit totschlagen ging so am besten.
Nach kurzer Zeit hörte jemanden mit Rollen näher kommen und schon ließ sich jemand neben ihr fallen. "Hey, scheint dein erstes Mal zu sein. Ich bin Cleo und die dort hinten ist Elisabeth. Sie ist zwar alt aber total nett. Eigentlich müsste sie nicht hier sein, ihren Krebs hat sie schon vor Jahren besiegt, aber sie kommt trotzdem immer einmal pro Monat zu Besuch. Insgensamt kannst du alles, was hier interessantes im Krankenhaus geschieht, und auch alles über seien Patienten von mir erfahren. Denn ich weiß wirklich so gut wie alles."
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How I would like to say Goodbye
General Fiction1 Jahr 356 Tage 8544 Stunden 512640 Minuten 30758400 Sekunden So viel Zeit blieb ihr höchstens noch. 30758400 Sekunden für genau 99 Wünsche, dass sollte doch eigentlich nicht allzu schwer sein. Sie brauchte nur Hilfe, doch wer half einem sterbende...
