ACHTUNDSECHZIG oder wie Elaine ihre letzten Worte fand

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Die letzten Tage ihres Lebens verbrachte sie im Kreis ihrer geliebten Menschen. So genoss sie die letzten Abende mit Raphael auf ihrem gemeinsamen Bett und schaute mit ihm alle mögliche alten Disneyfilme und Westernfilme, welche die beiden im Internet finden konnten.
Am Wochenende besuchte sie ihren Vater und ihre Tante. Dabei lief sie auch so gut wie jedes Mal Fabian, da er und Mia schlussendlich gefühlt genau wie Raphael und sie zusammenlebten. Auf die Nachricht, dass sie nun über die Hochzeit theoretisch zumindest irgendwie verwannt waren, reagierten die beiden eher traurig und negativ. Denn wer dachte auch schon, dass man mit sechzehn mit dem Bruder des Ehemannes seiner Schwester zusammen zu sein.
Glücklich wie sie war, interessierte Elaine diese leichte Verstimmung ihrer Schwester nur weig.
Ihre Tante und ihr Vater waren zwar überascht aber gleichzeitig glücklich gewesen. Sie freuten sich für die Beiden jungen Kinder aus ihrer Sichtweise. So lud ihr Vater die Beiden auch jede Woche zum Essen ein und wenn sie abends nicht konnte, dann backte ihre Tante eine fantastische Torte zum Kuchenessen am Samstag auf ihrem Weg nach Hause vom Krankenhaus aus.
Aber dann kam der achtzehnte Oktober und ihre Zeit schien zu schnell vergangen sein. Sie wachte an diesem Tag auf und neben ihr die zweite Bettseite war leer. Genau wie der Rest der Wohnung es war.
Nach einem ausgiebigen Frühstück suchte sie sich einen Stift und mehrere Zettel. Mit diesen Dingen bewaffnet setzte sie sich wieder auf ihr Bett und begann mit ihrem Plan für ihren letzten Schritt vor ihrem Tod. Es blieb ihr nicht mehr viel Zeit ihn durchzuführen, doch möglicherweise reichte ihr ein Tag locker aus. Sie war sich nur nicht sicher, ob die Zeit nach ihrem Tod bis zu ihrer Beerdigung ausreichen würde, dass die Briefe zu dem gewünschten Empfänger übergaben wurden. Dies wäre vielleciht noch möglich, doch ob diejenigen sich an ihren Wunsch halten würden, aber dies lag sowieso nicht mehr in ihrer Macht. Das Einzige, was in ihrer Macht lag, war es diese Briefe zu schreiben und abzuschicken.
Den Ersten Zettel schrieb sie an ihre Freunde in Australien, welche sie in Sydney kennen gelernt hatten. In diesem erklärte sie, warum sie jetzt schrieb und bat sie, wenn es ihre Zeit und ihr Geld es zuließen sich einmal ihre Heimat anzuschauen. Diese Einladung war natürlich in der Verbindung ihrer Beerdigung gemeint. Dies schrieb sie auch in ihrem Brief an sie. Wenn sie kommen würden, würden sie ein Bett zum Übernachten in ihrer Wohnung und mehrer Stadtführer in ihren Freunden habem. All dies erklärte sie auf einer DIN A4 Seite. Diese Seite legte sie in einen Briefumschlag und verschloss diesen. Schnell wurde dieser beschriftet und legte ihn neben sich zur Seite.
Dann nahm sie den nächsten Zettel.
Diesen begann sie mit den lieben Worten 'Liebste Mum!' und diese Seite füllte sich viel zu schnell mit ganzen Sätzen. Es dauerte nicht lange, da musste sie ein weiteres Blatt zur Hand nehmen und auf diesem weiterschreiben. Auch diese Seite war irgendwann voll und schließlich mit der dritten Seite fand sie endlich ihren Schluss. Mit einem Herz hinter ihrem Namen setzte sie das letze Mal Tinte auf das Papier. Dann faltete sie die drei Blätter und steckte auch diese in einen Umschlag. Die Zeichen für die Anschrift waren geschrieben und schlussendlich legte sie auch diesen Brief auf den anderen. Somit legte sie die Worte der Liebe und Erklärung für ihre Mutter zur Seite. In dem Brief an sie hat sie von ihren Gefühlen geschrieben, aber auch ihre Krankheit genannt, erklärt und beschrieben. Die Einladung zu ihrer Beerdigung lag dem Brief bei. Auf drei Seiten sollte ihre Mama genug Erklärung sein. Doch eigentlich waren es nur zwei Seiten. Denn auf der letzten Seite sprach sie von ihrem Bruder, welcher das Weglaufen der Mutter weitaus schlimmer nahm, als seine jüngere Schwester, sowie von ihrer jüngeren Schwester, welche sich nicht einml an ihre Mutter erinnern konnte, und auch von ihrem Vater, welcher seine Frau niemals vergessen konnte. Auf dieser Siete sie sprach zu ihrer Mutter, dass es an ihr lag diese Dinge zu regeln. Elaine hatte begonnen, sie hatten den ersten Schritt gemacht, um die Familie wieder zusammen zubringen. Doch es lag an ihrer Mama, ob die Familie wieder zusammen kommen würde.
All dies stand in dem Brief für ihre Mutter.
Den dritten Brief schrieb sie für ihre Familie. Genauer gesagt die nächsten vier Briefe, welche sie alle in einen Umschlag legte. Denn sie wünschte sich, dass ihre Familie zusammen saß, wenn sie ihre Worte lasen. In jedem der Briefe bedankte sie sich für die Zeit, die sie hatte mit ihnen. Dazu schrieb sie jedes Mal noch eine kleine Geschichte, die sie mit dem Empfänger verband. In dem Brief an ihren Vater schrieb sie die Anweisungen nieder. In diesen Anweisungen nannte sie die Adresse an die er sich zu wenden hatte. In ihrem Testament stand schon alles wichtige, was sie hinterlassen wollte, wie ihre Beerdigung ausseen sollte und vor allem auch wie sie sich wünschte, dass sie in Zukunft leben sollten. Aber theoretisch musste dies gar nicht mehr genannt werden nach der Beerdigung.
Wenn nach dem Tag der Feier ihres Todes noch Fragen übrig blieben, würde ihre Familie die Antworten hoffentlich in ihrem Testament finden.
Die nächsten Briefe schrieb sie an Emma, an Niklas, an Leah, an Marina, an Julius, an Valentin und auch an ihren alten Freund Leon. Unausgesprochene Dinge schrieb sie nieder, Schattenseiten wurden endlich genannt und ins richtige Licht gerückt, Glückwünsche werden ausgesprochen und freundliche Worte überbrachte sie in diesen Briefe.
Vielleicht würden ihre Sätze dem Schmerz des Verlustes eine gewisse Linderung verschaffen. Zumindest erhoffte sie sich das.
Dann kam ihr letzter Brief, den sie schreiben musste. Es war der Brief an Raphael.
Dieser war am schwersten zu schreiben und sie wusste dennoch, dass sie ihn schreiben musste. Irgendwie musste sie ihm eine Erinnerung an sie überlassen und ihre Liebe zum Ausdruck bringen. Er war die Liebe ihres Lebens und dies sollte er wissen. Gleichzeitig sollte er sie zwar nie vergessen, aber zumindest den damit verbundenen Schmerz. Ihre Tränen tropften auf das Papier, aber sie hinderten Elaine nicht am weiterschreiben. Mit jedem Buchstaben floss ihre Liebe zu ihm in den Text hinein.
Irgendwann war keine Träne mehr übrig und der Briefumschlag wurde geschlossen.
Die Briefe, welche abgeschickt werden mussten, warf sie noch am selben Tag in den Briefkasten am Ende der Straße. Die einzige Ausnahme war der Brief an Raphael. Diesen würde sie ihm persönlich übergeben. Aber erst wenn die Zeit dafür reif war.

How I would like to say GoodbyeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt