EINUNDFÜNFZIG oder wie Elaine ihre Erfahrungen aus dem Tanzkurs anwenden musste

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Das Wochenende nach der Familiereise war es dann endlich soweit. Elaine konnte es gar nicht erwarten in ihr Abiballkleid zu schlüpfen und endlich ihr Zeugnis in der Hand zu halten. In Laatzen war es nämlich Gang und Gebe, dass der Abiball und die Zeugnisverleihung am selben Tag statt fanden.
Vor Jahren hatten die Eltern dies einmal vorgeschlagen, da sich viele über die teuren Preise der Kleider beschwert hatten. Somit war dies dann verändert worden und jetzt ging jeder einfach schon in ihrem Abiballkleid zum Abiball und kam mit seinem Zeugnis nach Hause.
Damit ihr Aussehen auch wirklich fantastisch aussah saß sie nun schon seit einer Stunde ruhig auf einem Stuhl und ließ sich von ihrer Tante frisieren und schminken. Emma und Leah waren auch bei ihr Zuhause und machten sich fertig. Da aber nur Emma und Dora wirklich die Fähigkeiten besaßen, um jemandem die Haare für einen Abiball zu friesieren, konnten sich Elaine und Leah entspannt zurücklehnen.
Aus Erfahrung wussten sie, dass niemand Leah schminken musste, denn sie schminkte sich selbst, aber so wie sie es wollte. Somit musste Dora nur zwei Mädchen schminken und schlussendlich war somit genug Zeit, sodass sie auf die Minute pünktlich in der Aula der Schule ankamen.
Nun würde die Zeugniserleihung stattfinden und von dort aus würden sich die Großeltern verabschieden und die mit den Karten für den Ball mit den Abiturienten weiterfahren.
Elaine freute sich und genoss die kurze Autofahrt. Ihre Freundinnen waren da schon ein bisschen aufgeregter, denn nun würden sie das Zeugnis bekommen, was ihre Zukunft bestimmen. Weil Elaine diesen Druck nicht hatte, war sie einfach nur glücklich, dass es endlich soweit war.
Die Verantstaltung wurde von einer Rede des Schuldirektores und einer Rede des Oberstufenkoordinatores eingeleitet.
Darauf folgte eine Rede ihrer Jahrgangsstufenleiter, welche wohl noch die interessanteste Rede des Tages war. Erst danach wurden die einzelnen Schüler aufgerufen. Zum Schluss kamen die fünf besten Schüler. Unter diesen befand sich zu der Überraschung ihrer ganzen Freunde auch Raphael. Elaine war dies schon fast klar gewesen, seitdem sie ihn kennen gelernt hatte, hatte sie ihn häufiger im Unterricht beobachtet. In den wenigen Fächern, die sie gemeinsam hatten, war ihr dabei aufgefallen, wie ehrgeizig der vorher misteriöse junge Mann doch war.
Dass seine Noten nun für ihn sprachen, war sein persönlicher Erfolg und eine Ehrung seiner Anstrengungen. Aber einen Durchschnitt von 1,2 war auch wirklich gut.
Nur seine Entscheidung das Sommerprogramm für begabte Studiumanfänger abzulehnen überraschte sie nun noch mehr. Aber es war auch nicht ihr Leben sondern seins und wirklich traurig war sie über seine Entscheidung nicht, denn so konnte sie sich auf ihre gemeinsame Amerika Reise freuen.
Bald war es soweit. Zu Beginn der zweiten regulären Sommerferienwoche ging ihr Flug. Eine weitere Sache, auf die sich Elaine tierisch freute.
Mit dem Zeugnis in der Hand mussten die jungen Erwachsenen natürlich erst einmal Bilder machen. Zum Glück war Josh der perfekte Mann für diese Sache. Schon vorher hatte er seine Kamera gar nicht aus seinen Händen legen wollen, aber nun hatte er sogar die Erlaubnis tausende von Fotos zu schießen.
Nachdem auch das erledigt war, hieß es dann endlich feiern und so fuhren sie zu dem Saal. Dort wurden sie mit Sekt empfangen. Dieser Sektempfang dauerte solange, bis alle eingetrudelt waren und dann wurden sie offiziell begrüßt.
Eine kurze Rede klärte sie über den Ablauf des Abends auf. Auch jetzt würden ein paar Reden gehalten werden, doch diese würden nur von von Schülern ausgewählten Personen sein. Somit war es klar, dass diese wohl weitaus besser und lustiger werden würden, als die, die sie zuvor gehört hatten.
Zwischen den einzelnen Reden gab es ein Büffet, wo man sich sein Essen holen konnte, während auf der kleinen Bühne eine Diashow von Bildern der Abiturienten gezeigt wurden.
Das Essen war wirklich lecker und nur Dora konnte etwas zum Kritisieren an dem Kuchen finden.
Auf das Essen folgte der Eröffnungstanz. Dabei musste jeder mit einem seiner Elternteile tanzen. Dabei fiel Elaine auf, dass sie eigentlich Glück hatte, dass ihr Vater da war, denn ansonsten hätte sie mit Josh tanzen müssen. Aus Erfahrung wusste sie nämlich, dass er so gar nicht tanzen konnte. An seinem Abiball hatte er mit ihr getanzt und nach dem Abend hatte sie einen blauen Zeh gehabt, da er ihr so oft auf die Füße getreten war.
Als die Musik vorbei war und ein neues Lied gespielt wurde, löste Raphael ihren Vater ab und so musste sie nun deutlich mehr auf ihre Tanzweise aufpassen. Auch wenn die Tanzstunden schon wahre Wunder bei ihr gewirkt hatten, so war sie dennoch immer noch nicht zu einhundert Prozent sicher. Vor allem bei Raphael hatte sie somit Angst sich zu vertanzen. Aber es war auch nicht ihre Schuld, dass sie immer so nervös wurde, wenn er in ihrer Nähe war.
Um ihm auf keinen Fall auf den Fuß zu treten, schaute sie genau auf ihre Füße. Das Lied war ein Walzer und gehörte zum zweiten Teil des Eröffnungstanzes, bei dem jeder mit seiner Begleitung oder einfach irgendwem tanzen durfte. Die Schritte waren zwar nicht schwer, aber man konnte dennoch ziemlich viel falsch machen, wie sie wusste.
"Jetzt schau mich doch wenigstens einmal an." wurden sie von Raphael beim Zählen unterbrochen.
Schüchtern und vorsichtig hob sie ihren Blick und wurde direkt von Raphaels Augen in den Bann gezogen. Er hatte einfach solche richtigen dunkelbraunen Teddybäraugen. Auf einmal vergaß sie vollkommen zu zählen und ließ sich einfach von den starken Armen von ihrem Tanzpartner führen.
"So jetzt lässt sich gleich viel besser tanzen!" stellte Raphael fest und entlockte ihr damit ein kleines Lächeln.
"Dir ist schon bewusst, dass man sich beim Walzer eigentlich niemals ansieht?" spielte sie mit.
Sein Lachen hinterließ einen feinen Schauer auf ihrem fast unbedeckten Rücken.
Der feine Stoff mit den Spitzenapplikationen hielt nicht besonders warm. Doch das war im Sommer auch nicht unbedingt notwendig.
Die Musik veränderte sich und mit ihr ihre Schritte.
Eine gefühlte Ewigkeit später wurde die Musik unterbrochen und jemand klopfte auf das Mikrofon. Nun wurden die Awards des Jahrganges vergeben. Elaine gewann keinen, doch dies verwunderte sie auch nicht wirklich. Sie wusste, dass sie unscheinbar war und war auch gar nicht böse nicht auf die Bühne zu müssen.
Bevor sie wieder tanzen konnten, wurden sie gebeten ihre Stimmen für den Ballkönig und die Ballkönigin abzugeben. Diese Stimmen  würden dann ausgezählt und später würde das Ergebnis der Wahl verkündet werden.
Ansonsten war nichts weiter geplant und so hatten sie genug Zeit sich zu amüsieren. So fotografierten sie sich nicht nur einmal in der Fotobox und tanzten sich ihre Füße wund.
Erst spät in der Nacht oder eher früh am Morgen machten sie sich auf den Weg nach Hause. Müde und glücklich fiel Elaine schlussendlich in ihr weiches Bett.

How I would like to say GoodbyeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt