FÜNFZIG oder wie Elaine flüssige Hitze sah

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Eine Woche nach diesem Filmwochenende packte Elaine ihren Kleider schon wieder in einen Koffer. Das Auto ihres Vaters stand schon vor der Haustür und wartete nur darauf, dass sie sich endlich zu ihrer Familie setzte. Dora, ihr Vater und Mia hatten ihr zum Abi eine Familienreise geschenkt. Gleichzeitig diente dieser Urlaub auch noch als Besuch ihrer Großelter. Diese waren nämlich mit dem Eintritt ins Rentenalter mit nur zwei Koffern und drei Rucksäcken über das Mittelmeer ausgewandert.
Schon früh hatte die Mutter ihres Vaters von einem Leben auf einem anderen Kontinent geträumt. Doch nah ihr war immer das Leben dazwischen gekommen und so wurde ihr Plan immer wieder aufgeschoben.
Mit siebzig Jahren war damit dann aber Schluss gewesen. Zum Abschied hatte ihre Oma gesagt, dass sie nicht ihre Familie verlassen würde, sondern eine weitere Familie errichten würden. Genau dies hatten sie nach den Telefonaten und Briefen auch gemacht. Ihre Großeltern halfen nun nämlich den armen Kindern in ihrer Stadt und retteten ihre Leben. Viele der Kinder waren Straßenkinder gewesen und lebten jetzt in dem Kinderheim, welches ihre Großeltern erbaut hatten.
Es war gut zu wissen, dass sie etwas Gutes und Nützliches taten, doch seine Familie nur alle zwei Jahre an Weihnachten zu sehen, bedrückte jeden Menschen.
Vor allem wenn man vorher direkt neben ihnen gewohnt hatte, war die Veränderung unvorstellbar groß. Elaine und ihre Geschwister hatten früher jeden Tag bei ihnen sein können. Immer wenn ihr Vater nicht da gewesen war, hatten die Beiden auf sie aufgepasst.
Aber von dem einen auf den anderen Tag waren sie nicht mehr nebenan gewesen. Doch wie immer gewöhnte sich die Familie Engel an diese Tatsache. Es war aber kein Wunder, dass sie sich deswegen umso mehr darauf freuten sie zu besuchen.
Normalerweise kamen die Beiden stets zu ihnen und nun zu Elaines Abi würden sie nun zu ihren Großeltern fahren.
Josh und Liana würden auch kommen, aber auf das Paar würden sie erst beim Flughafen treffen.
Der Flug würde einen halben Tag dauern und zu ihrem Glück war es ein direkter Flug. Nicht ein einziges Mal mussten sie umsteigen.
In Mek'ele wurden sie auch schon von ihren Großeltern in Emofang genommen. Wieder erwarten war es nicht unbedingt heiß in Äthiopien. Die Temperaturen waren ähnlich wie auch in Deutschland. Doch es war schwül und es regnete jeden Tag.
Es dauerte mehr als nur einen Tag bis sich die Deutschen Besucher an die Klimaveränderung gewöhnt hatten. Aber eigentlich waren sie schließlich auch nicht hier her gekommen, um wirklich Urlaub zu machen.
In der Realität sah es nämlich so aus, dass die beiden Rentner ihre Enkel schon vom ersten Tag an als freiwillige Helfer eingeteilt hatte. So verbrachten sie ihre Tage in Afrika mit dem zweiten Teil der Familie ihrer Großeltern.
Besonders Elaine machte es aber sogar Spaß den jungen Kindern beim Lernen behilflich zu sein und mit ihnen zu spielen. Mia war mal wieder ganz anderer Meinung, doch auch ihr wurde der Aufenthalt nach zwei Tagen versüßt, als sie von einem der Mädchen gezeigt bekam, wie man sich hier schminkte und fertig machte.
Insgesamt wurde die Familie hervorragend von den Einheimischen aufgenommen.
Am sechsten Tag wurden sie wie auch die Tage zuvor ganz früh von der Mitarbeiterin ihrer Großmutter geweckt. Es gab Frühstück, wie immer bestand dies nur aus ein bisschen Haferbrei. Eine weitere Umstellung, an die man sich gewöhnen musste, fand sich nämlich in der Art der Mahlzeiten. Doch für eine Woche sollten die Deutschen damit auskommen ohne ein einizges Mal zu meckern.
Aber das Besonderen an diesem Tag wurde Elaine erst nach dem Frühstück klar. Die Kinder packten ihre Taschen und wiesen sie an, es ihnen nach zu machen. Ein alter, klappriger, gelber Bus wartete auf die Truppe vor dem Haus. Eher sketptisch begutachtete sie ihn. Wenn sie gefragt worden wäre, hätte sie wohl ihre Zweifel, ob der Bus überhaupt noch fahren konnte ohne auseinander zu fallen, laut ausgesprochen, aber die Selbstverständlichkeit, mit der die Kinder in den Bus stiegen, verhinderte dies.
Ganz so taktvoll wie ihre große Schwester reagierte Mia nicht. Sie sprach nämlich sofort ihre Bedenken laut aus und insgeheim bekam sie wohl die Zustimmung ihrer Geschwister. Auch Dora schien nicht ganz überzeugt zu sein, aber all dies half auch nichts, denn am Ende saßen sie dann doch alle auf einem Poster und klammerten sich an ihren Sitzen fest, während das Gefährt über die Straßen holperte.
Erleichterung überkam Elaine, als sie spürte, dass sie anhielten. Nach zwei Stunden Busfahrt standen sie irgendwo im Nirgendwo. Der Bus hielt und eine Aufruhr kam auf. Die Kinder strömten nach draußen und die Älteren folgten ihnen. Nun konnte Elaine schon etwas mehr erkennen. Sie standen vor einem Hügel.
Die Wanderung begann. Es dauerte Stunden bis ihr Ziel in Sicht kam. Ein Krater von einem Durchmesser von etwa fünfzig Meter tauchte vor ihnen auf. In diesem Krater waren auf dem Boden kleine Risse in der schwarzen Decke zu erkennen. Rötlich und hell schimmerte die Lava durch diese Risse und raubte Elaine den Atem.
Ohne, dass sie es wusste, hatte ihre Oma ihren Wunsch erfüllt. Es erstaunte sie, dass ihre Großeltern überhaupt noch davon wussten. Denn sie meinte sich daran zu erinnern, dass sie nur als kleines Kind einmal gesagt hatte, dass sie unbedingt mal Lava sehen wollte. Aber es müsste schließlich Jahre her sein. Es war wie ein wahr gewordenes Wunder. Mit kleinen Tränen in den Augen drehte sie sich zu ihrer Oma und ihrem Opa um. Diese standen direkt hinter ihr und hielten sich in den Armen. Lächeld trat sie auf die Beiden zu und umarmte sie.
"Danke Oma, danke Opa, das ist wahrlich atemderaubend."
"Also ist unser Geschenk geglückt?" fragte ihr Opa sie.
Lachend nickte sie. Es war wunderschön. Noch einmal fiel sie den Beiden um den Hals. Danach wurde sie von ihnen überredet, dass sie unbedingt ein Foto schießen musste. Diese Aufgabe übernahm wie immer der Fotograph der Familie. Josh positionierte seine Verwannten genau so, wie er sie haben wollte und schoss gleich tausende von Bildern.
Doch am Tag darauf hieß es Abschied nehmen von den neuen Bekanntschaften. Von ihrer Familie war dies nicht nötig, denn die Großeltern würden mit ihrer Familie nach Deutschland kommen. Denn immerhin stand sowohl der Abiball mit dem Zeugnis von Elaine, als auch die Hochzeit von Josh und Liana kurz bevor.

How I would like to say GoodbyeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt