SECHSUNDFÜNZIG oder wie Elaine von einer Zahnlücke begrüßt wurde

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Nun wo Elaine langsam ihre Zeit in der großen Millionenstadt genoss, war es leider auch fast schon wieder Zeit für sie zu fahren. Doch dies bereute Elaine nicht wirklich, denn ihr Plan war es auch schon vorher gewesen eine Woche in New York zu verbringen. Danach würde ein spannender Teil ihrer Reise beginnen. Über die Facebookseite ihrer Mutter hatte Elaine erfahren, dass diese ihr Studium für zwei Simester in Amerika verbracht hatte und eine gute Freundin von ihr noch immer hier lebte. Natalie, also Elaines Mutter, war lange Zeit mit dieser in Kontakt geblieben. Zumindest hatte ihre Tochter das mithilfe einer kurzen Nachricht an diese Frau Charlotte Wilson erfahren. In dieser Nachricht hatte Elaine aber mit keinem Wort verlauten lassen, dass sie die Tochter von Natalie war. Nun hatte sie vor genau dieser Charlotte einen Besuch abzustatten. Es war eher auf gut Glück und so erhoffte sie sich nicht allzu viel von diesem Abstecher, aber ganz möglicherweise wäre es schlussendlich doch möglich, dass er mit Erfolg gekrönt war.
Alleine den jetztigen Nachnamen ihrer Mutter zu erfahren wäre schließlich schon ein großer Fortschritt. Natalie Engel hieß sie nämlich scheinbar nicht mehr. Soweit hatte ihre Recherche sie immerhin nämlich schon gebracht.
Drei Stunden mit dem Auto entfernt wohnte Charlotte Wilson und mit dem Bus sogar ganze fünf. Dennoch entschieden sich die beiden Jugendlichen für den Bus, da ein Auto einfach nicht so gut in ihren Kram gepasst hätte. Dafür hätten sie sich ein Auto mieten müssen und, da sie so oder so von der Heimatstadt von dieser Charlotte Wilson mit dem Bus weiter durch die USA fahren würden, lohnte es sich nicht einen Wagen für einen drei Stunden Weg zu mieten. Somit brachen die beiden schon früh am Morgen auf, sodass sie passend zur Mittagsstunde in Houserville ankamen. Hier in Pennsylvania regnete es genauso wie auch schon in New York. Doch die Wettervorhersagen aus dem Radio ließen verklingen, dass diese schlecht Wetter Front bald vorbei war und das sie den Rest ihrer Reise hauptsächlich mit gutem Wetter beschenkt werden würden. Diese Nachricht erfreute sowohl Raphael als auch Elaine. Glücklicherweise lag Houserville sogar fast schon auf ihrer Route und so machten sie für diesen Abstecher nur einen Umweg von ein paar Stunden. Cleveland konnte sowieso noch einen Tag auf sie warten. Denn anders als man es von zwei Jugendlichen erwarten würde, hatten sich Elaine und Raphael zu einem großen Teil ihrer Reise gegen die typischen Reiseziele von Menschen in ihrem Alter entschieden. Erst zum Ende hin würden sie mit Seattle und Los Angeles zwei wohl sehr bekannte Städte besuchen.
Für Elaine waren diese beiden Städte besonders reizvoll, da sie nicht nur ein Buch gelesen und dazu noch den ein oder anderen Film gesehen hatte, die genau dort gespielt haben. Allein diese Tatsache hatte ihre Pläne für ihre Amerikareisezu einem großen Teil geprägt. Raphael war auch in dieser Hinsicht mit von der Partie. Er war schon mehrmals im Süden von den Vereinigten Straaten von Amerika, doch im Norden war er noch nie und so freute er sich umso mehr auf diese Möglichkeit mit Elaine diese Reise unternehmen zu können.
Das Haus von Charlotte sah so aus wie Elaine sich ein normales stereotypisches amerikanisches Haus vorstellte. Die Fassade war weiß und das Dach dunkel. Vor der Haustür gab es eine kleine Veranda und es fehlte nur noch eine Hollywoodschaukel um das Klischee perfekt zu machen. Die blauen Fensterläden ließen in ihr irgendwie ein Gefühl von Heimweh aufkommen zu lessen. Es verwirrte mich ein kleines bisschen und dennoch ließ sie nicht von ihr beirren.
Mit jeder Treppenstufe spürte sie dann ein bisschen die Aufregung immer mehr. Vor der Haustür zögerte sie erst einen kleinen Moment, bevor sie dann doch ihren Arm hob, um zu klopfen. Es dauerte nicht lange bis ein kleines Mädchen die Tür öffnete.
Lächelnd bückte Elaine sich zu der Kleinen hinab und hielt ihr die Hand hin. Sie begrüßte sie freundlich und fragte dann, ob denn ihre Mutter Charlotte zu Hause wäre. Als das Mädchen zu grinsen begann und dann heftig mit dem Kopf nickte, ging ihr das Herz auf. Vielleich acht Jahre war sie alt und großen braunen Locken passten perfekt zu diesem süßen Grinsen. Dass ihr zwei Zähne fehlten, machte ihr Erscheinungsbild noch einmal um ein tausendfaches knuddeliger.
Dann drehte sich das Kind um und rannte ins Innere des Hauses. Kurze Zeit später kam sie wieder, dieses Mal hatte sie eine weitere Frau im Schlepptau. Diese erkannte Elaine direkt von der Internetseite wieder.
Auch Charlotte schien sich an sie zu erinnern zu kommen. Denn sobald sie Elaines Namen hörte, fing sie an zu lachen.
"Ich hatte eigentlich nicht erwartet, dass ihr wirklich kommt." bemerkte sie, während sie die Hände von den beiden Jugendlichen schüttelte.
"Wir sind immerhin auf einer Mission." lachte Elaine. Dann erst stellte sie sich vor und nannte auch auf die Frage von Charlotte hin ihre Mission.
Als die vierzigjährige Frau hörte, dass vor ihr die Tochter von ihrer alten Freundin stand und dass diese auf den Spuren ihrer Mutter war, war sie wirklich sehr überrascht. Scheinbar hatte sie nicht einmal gewusst, dass Natalie eine Tochter hatte.
Aber zu Elaines Glück glaubte sie ihr dennoch sofort, denn sie meinte, dass sie die Augen ihrer Mutter besaß. Eine Tatsache, die das Mädchen gar nicht gewusst hatte, kam damit ans Licht. Sie hatte zwar auf Bildern ihre Mutter gesehen, doch auf diesen hatte sie hauptsächlich die Ähnlichkeiten zwischen Mia und ihrer Mutter gesehen. Wie ein Schwamm sog Elaine jede noch so kleines Detail auf, dass die Collegefreundin ihrer Mutter ihr erzählte.
So erfuhr sie auch, dass Natalie tatsächlich nach ihrer Trennung von Elaines Vater Charlotte besucht hatte. Denn schon aus ihrer Recherche in Deutschland hatten Raphael und Elaine herausfinden können, dass Natalie wohl ihren Traum von Amerika verwirklicht hatte.
Sie war ausgewandert, doch auch Charlotte konnte der jungen Frau zu ihrem Leidwesen keine großen weiteren Informationen über die gesuchte Mutter geben. Doch zumindest den Namen hatte sie und das war schon ein großer Schritt für Elaine.
Nun suchten sie nicht mehr nach Natalie, sondern nach Natalie Fischer. Zu diesem Namen gab es noch eine alte Adresse und die dazugehörige Telefonnummer. Nur gehörte beides nicht zu ihr, sondern zu ihrem ersten Zielort. Dort in Minneapolis lebte ein weiterer guter Freund aus Collegetagen namens Paul von ihr. Damals waren Charlotte, Natalie und Paul unzertrennlich gewesen.
Bei dieser Adresse würden sie wohl als nächstes an die Tür klopfen.
Glücklich umarmte Elaine Charlotte zum Abschied und versprach sich noch einmal bei ihr zu melden. Spätestens, wenn sie ihre Mutter gefunden hatte, würde sie sich bei ihr noch einmal melden. Dieses Versprechen musste sie einfach abgeben.

How I would like to say GoodbyeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt