Auch wenn ihre Freunde nach der Partynacht am vorherigen Abend wirklich alle einen Kater haben würden, war die Abenteuerlust von Elaine noch nicht ausgeschöpft. Der Plan für diesen Tag war es an den Ozean zu fahren. Dabei lag der Schwerpunkt auf dem Wort fahren. So öffneten sich Elaines Augen am Morgen und sie fühlte sich gut. Ein Blick auf die Uhr neben ihr holte sie aber wieder in die Realität zurück. Es war nicht mehr morgens sondern schon fast mittags und eigentlich war heute viel geplant. Immerhin hatten die Freunde ausgemacht, dass sie nicht nur in Sydney ihre ganzen Ferien verbringen wollten. Nach den mehrtägigen Aufenthalt in der Stadt wollten sie nun den Rest ihres Urlaubes noch mehr von Australien entdecken. Genauer gesagt würden sie sich bald von einander trennen. Denn im Gegensatz zu den anderen hatten sich Leah und Valentin gegen den letzten Stop in Peth entschieden. Die beiden würden Elaine, Raphael, Emma und Niklas auf dem letzten Teil ihres Trips also nicht mehr begleiten. Doch diese Entscheidung war ihre Sache.
Das Problem war nun, dass sie eigentlich schon am frühen Morgen losfahren wollten, doch diese Entscheidung hatte jeder ihrer Freunde wohl vergessen. Ohne sie würde Elaine aber nicht losfahren können. Kurzerhand beschloss sie ihre Freunde im Eiltempo zu wecken und füllte zwei Tassen mit kaltem Wasser und schüttete die beiden Tassen zu allererst über die beiden anderen Mädels aus ihrem Zimmer.
Das Wasser wirkte, doch bevor die beiden Schlafmützen zu fluchen beginnen konnten, drückte Elaine beiden eine Tablette in die Hand und verschwand auch schon aus dem Raum. Glücklicherweise musste sie in der Nacht Raphael helfen seine Jungs auf das Zimmer zu schleppen, sodass er ihr eine Karte gegeben hatte und später hatten er und sie vergessen, dass sie sie noch hatte. Nun dankte sie Gott für diese Unachtsamkeit und öffnete die Tür zum Zimmer der Jungs. Wieder füllte sie die Tassen mit Wasser und schnappte sich dazu noch ein Glas, welches im Raum rumstand. Danach weckte sie auch ihre männlichen Begleiter auf diese eher unfreundliche Weise. Ein weiteres Mal drückte sie den verkaterten Jugendlichen eine Aspirin in die Hand und verschwand dann auch schon wieder mit den Worten, dass in einer halben Stunde Abfahrt war.
Da sie sich schon vor der Weckaktion angezogen hatte, hatte Elaine nun genug Zeit bis zur Abfahrt. So packte sie schnell ihre Sachen zurück in den Koffer und machte sich dann an die Aufgabe ein bisschen Proviant für die Autofahrt zu packen. Mit ihrem Führerschein bewaffnet holte sie einen Mietwagen und parkte ihn vor dem Hostel. Nach und nach trudelten ihre Freunde ein und schmissen ihre Koffer in den Kofferraum. Die erste Etappe fuhr sie selbst, da sie nur ein Blick auf ihre Freunde werfen musste, um zu erkennen, dass diese den Tag am liebsten im Bett verbracht hätten.
Nach ein paar Stunden wechselten sie zum ersten Mal die Rollen und Elaine konnte sich ausruhen.
So verbrachten sie die nächsten vierundzwanzig Stunden, doch dann hatten sie das erste Ziel ihres Roadtrips durch Australien erreicht. Die Stadt Cairns wurde ausgeschildert und ein erleichtertes Stöhnen ging durch den Kleinbus. Für Leah und Emma hieß dies nämlich, dass sie sich den restlichen Tag am Strand sich in die Sonne legen konnten, für Valentin bedeutetes es, dass er sich im botanischen Garten seiner Hingabe zu Pflanzen hingeben konnte und für Raphael, Niklas und Elaine war nun die Zeit ins Wasser zu springen.
Sie sprachen ab, dass sie sich am Abend wieder am Auto treffen würden, da sie die Nacht in der Cairns verbringen würden, dafür aber ein Hostel brauchten, wobei die Mädchen versprachen sich darum zu kümmern und dann wohl eher einen Standort zu verschicken, sodass der Rest einfach nur noch zu dem Hostel kommen müsste.
Zu dritt liefen sie los zum Hafen, wo ihre Reise zu dem noch größten Riff der Welt starten würde. Es juckte in Elaines Fingern und langsam wusste sie nicht, wie sie es all' die Jahre ausgehalten hatte, ohne die Welt zu bereisen. Wenn sie sich doch nur viel früher getraut hätte, wäre vielleicht so einiges anders gewesen.
Sie war immer eine eher schüchterne Person gewesen, doch sie hatte nie etwas daran aktiv ändern wollen. Erst die Diagnose hatte sie eigentlich wach gerüttelt. Immer hatte sie sich gesagt, dass sie noch genug Zeit vor sich hatte, bis genau diese ihr genommen wurde. Was wohl wäre wenn sie nicht krank wäre? Eins war für sie sicher, sie würde jetzt auf gar keinen Fall mit diesen Menschen diese Reise machen. Wahrscheinlich würde sie nun wie jedes Jahr zuvor bei sich zuhause sitzen und sich ab und zu einmal mit ihrem besten Freund den Tag verbringen.
Wie sehr sich Elaine und Lion doch in diesen paar Monaten auseinander gelebt hatten. Früher hatte sie immer gedacht, dass sie für immer beste Freunde sein würden. Doch er hatte sich leider von ihr abgewannt. Heute erschien es ihr so, als würde sie ihren besten Freund nicht mehr erkennen. Doch auch dies gehörte zum Leben dazu.
Gemeinsam mit einer kleinen Touristengruppe sprangen die drei deutschen Schüler in das kalte Wasser des pazifischen Ozeans. Zu Beginn fühlte sich die Taucherbrille mit dem Schnorchel, welche sich Elaine und Raphael noch am Strand schnell kaufen mussten, noch komisch an, doch sobald Elaine ihren Blick auf die Unterwasserlandschaft richtete fing sie von selbst an ihre Füße mit den Flossen zu bewegen. Das unangenehme Gefühl war wie weggeblasen und einfach nur vergessen.
Ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Unglaublichen unter ihr. Nun verstand sie, was ihr Englischlehrer gemeint hatte, als er von dem wunderschönen Riff in Australien gesprochen hatte. Das Great Barrier Reef war echt einfach nur wundervoll. Die Korallen und Fische machten das Riff zu einem Regenbogen unter Wasser. Überall waren Farben, obwohl zwischendurch schon ziemlich viele tote Korallen zu finden waren.
Die Minuten verstrichen und mit der Zeit entfernte sich Elaine etwas von den anderen. Sie genoss es nur ein Teil von der Unendlichkeit zu sein. Die Stille der Unterwasserwelt umgab sie und nahm sie auf.
Im Vergleich zu dem hier war das Schnorcheln an der Ostsee ein Witz. Ein leichter Schlag mit ihren Flossen reichte und sie trieb durch das Wasser. Es war fast so als wäre sie schwerelos. Plötzlich spürte sie etwas an ihrem Bein. Erschrocken öffnete sie die Augen, die sie für einen kurzen Moment geschlossen hatte, und drehte ihren Kopf.
Dunkle runde Augen blickten ihr entgegen. Eine spitze Nase stubste ihr Bein an und ließ sie aufwärts treiben. Erst verstand sie nicht, was der Delfin bezwecken sollte, doch als er sie bis an die Oberfläche transportierte, wurde ihr langsam bewusst, dass er wohl dachte, dass sie bewusstlos war. Nachdem sie einmal tief eingeatmet hatte, da ihre Lungen wirklich wohl nach Luft verlangten, strich sie mit ihren Fingern sachte über die Haut des Delfines.
Leider fiel ihr dabei auch auf, dass die Sonne sich schon dem Meer schon stark genähert hatte und es Zeit war zurück zum Boot zu schwimmen.
Ein letztes Mal tätschelte sie ihren vermeitlichen Retter und scwomm dann los. Doch entgegen ihrer Erwartung folgte das graue Tier ihr. Die ganze Zeit blieb er an ihrer Seite und passte irgendwie auf sie auf. Erst als sie nur noch ein paar Meter vom Boot entfernt war und sie die erstaunten Rufe der Touristen hören konnte, tauchte der Delfin ab. Auch Elaine tauchte noch einmal ab und dort schwomm der Delfin noch eine Runde. Schnell tauchte sie zu ihm hinab und verabschiedete sich noch ein weiteres Mal. Dies war eine Erinnerung, die niemand ihr nehmen würde.
Leider konnte sie nicht ewig unter Wasser bleiben, also schaute sie nur noch einmal zurück und tauchte dann wieder auf.
Niklas half ihr direkt wieder aufs Boot und legte ihr ein Handtuch um die Schultern. Sie war die Letzte gewesen und somit fuhr das Schiff direkt los. Ihr kleiner tierischer Freund schwomm noch kurz neben ihnen her und bot für die Touristen das perfekte Angebot, um einen Delfin zu fotografieren. Elaine brauchte kein Foto von ihm, denn sie hatte etwas viel besseres und zwar die Erinnerung an die Zeit im Wasser mit ihm.
Damals wusste sie noch nicht, dass jemand genau von dieser Zeit sogar ein Foto geschossen hatte...
Stellt euch das mal vor... Ein echt traumhaftes Erlebnis, nicht wahr? Naja dafür sind Geschichten ja da. Ein bisschen Kitsch und Fantasie gehören dazu.
Seid ihr auch Fans vom Tauchen/Schnorcheln?
~Liv
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How I would like to say Goodbye
General Fiction1 Jahr 356 Tage 8544 Stunden 512640 Minuten 30758400 Sekunden So viel Zeit blieb ihr höchstens noch. 30758400 Sekunden für genau 99 Wünsche, dass sollte doch eigentlich nicht allzu schwer sein. Sie brauchte nur Hilfe, doch wer half einem sterbende...
