Harper lehnte sich kurz an die Wand. Beinahe hätten sie sie erwischt. Aber immerhin nur beinahe.
Der Wind wehte ihr warm ins Gesicht und löste ihre Frisur auf, als sie um die Ecke des Hauses bog. Verärgert fuhr sie sich mit der Hand durch die Haare, während sie ihr Handy aus ihrer Hosentasche zog und begann, Brinkleys Nummer einzutippen.
Sie hörte, wie sich die Eingangstür öffnete und schloss, hörte Joshs und Alecs Stimmen, die sich in Richtung Stall entfernten. Erleichtert atmete sie auf.
Ein spöttisches Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Bennett hatte wirklich recht; das waren Anfänger.
Sie betätigte gerade die Anruftaste, als ein Schatten auf das Display ihres Handys fiel.
Erschrocken blickte Harper auf. Josh und Alec bauten sich vor ihr auf und zwangen sie, zurückzuweichen, bis sie die Hauswand in ihrem Rücken spürte. Josh blickte sie so finster an, dass sie unwillkürlich eine Gänsehaut bekam.
Alec griff nach ihrem Handy, dass sie ihm völlig perplex überließ. Was machten die beiden hier?
„Was ist das für eine Nummer?" Alec hielt Harper ihr Handy unter die Nase. Trotzig verschränkte sie die Arme vor der Brust und blickte stur auf den Boden.
Josh trat auf sie zu. Mit schmerzhaft festem Griff hob er ihr Kinn an, sodass sie ihm in die Augen blicken musste. Harper spürte, wie sich Angst in ihr breit machte.
„Harper! Ein letztes Mal: Wen wolltest du gerade anrufen? Brinkley? Um ihn zu warnen?"
Woher wusste er das? Harper schloss die Augen, konnte aber nicht verhindern, dass ihr eine Träne des Schmerzes über das Gesicht lief.
Sie hasste sich dafür, dass sie ausgerechnet vor den beiden Agenten schwach war. Josh verdrehte verächtlich die Augen. Es war wie ein Stich mitten in ihr Herz.
„Jetzt versuch es nicht auf diese Tour, Harper. Wir werden die Nummer sowieso herausfinden, aber wenn du es uns sagst, macht du es nicht nur uns sondern auch dir leichter."
Harper biss sich auf die Lippe. Ich bin stark, sagte sie sich immer wieder. Ich werde nicht nachgeben, werde nicht zu einer Verräterin werden.
Und dann hörte sie eine leise Stimme, die ihr ins Ohr zu flüstern schien: Das bist du bereits. Du hast Mark und Neela verraten.
Sie wusste nicht, was plötzlich mit ihr los war, als sie am ganzen Körper zu zittern begann. Sie konnte nicht aufhören, spürte nur noch, wie ihr Beine unter ihr nachgaben und sie an der Wand auf den Boden rutschte.
Die Tränen, die ihr über ihr Gesicht liefen, nahm sie kaum noch wahr. Sie nahm nichts mehr wahr, außer der Stimme, die ihr immer wieder sagte: Du bist eine Verräterin. Mark wird dich hassen. Was bringt dir dein Aussehen jetzt?
Du hast dich benutzen lassen. Von deinem Vater, von Ben, so oft.
Du bist mit einem Auftragskiller per du.
Gibt es überhaupt noch jemanden, der dich liebt?
Du bist nur verachtenswert, Harper Bradley! Du bist wertlos.
Immer und immer wieder, wie in Endlosschleife. Ihr verschwamm alles vor den Augen. Sah sie wirklich nichts mehr oder wirkte es nur durch den Tränenschleier so? Das einzige, was sie hörte, war ihr eigenes, hysterisches Schluchzen und in weiter Ferne Joshs Stimme, deren Tonfall sie nicht einordnen konnte.
Sie wusste nur, dass egal, was passieren würde, sie es verdient hätte.
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It All Comes Back Again
Ficção AdolescenteDie plötzliche Ermordung von Sheriff McLucas versetzt ganz Brendshire in Aufruhr. Um in seinem Todesfall zu ermitteln, werden drei Geheimagenten in das kleine, amerikanische Dorf geschickt. Einer von ihnen ist Mark O'Ryan, dessen Familie zu den best...