Vor mir stand ein großer Typ mit kastanienbraunen Harren, die wuschelig und fluffig gestylt waren. Ein herbes aber feines Gesicht und minimale Lachfälltchen. Aber Falten konnten es ja nicht sein, immerhin war der junge Mann vor mir erst ca. 18 Jahre alt.
Seine Nase hatte eine kaum erkennbare Krümmung. Ich tippte auf einmal gebrochen. Seine hohen Wangenknochen machten sein Gesicht schlank und definiert. Er hatte keinen Bart, es war sogar kaum ein 3-Tage-Bart zu erkennen, was sein junges Alter bestätigte.
Was ich jetzt erst erkannte, war, dass das Gesicht meines Gegenübers ein fettes Grinsen zierte.Ich entkam augenblicklich meiner genauen Musterung seinerseits und blinzelte einmal erschrocken.
,,Möchtest du es jetzt oder nicht?", kam amüsiert über seine Lippen.
Seine Stimme war tief und männlich. Irritiert und fragend sah ich ihn an, woraufin er mit einem runter deutete. Das Buch, welches meine Interesse geweckt hatte, lag in seiner ausgestreckten Hand.
Oh nein, wie peinlich!
Mit einem hochrotem Kopf nahm ich hastig das graue Buch entgegen mit dem Ziel, schnellstmöglich hier wegzukommen.
,,Drama, Trauer und Suizid, huh?"
Erkennen, was für Emotionen hinter dieser Aussage oder besser gesagt Feststellung hingen, konnte ich genauso wenig erkennen wie bei Nick. Wenn ich ehrlich war, schienen sie sich im ersten Moment so ähnlich.Mit einem weiteren Blick aufs Buch wusste ich, dass er das Genre des Buches meinte.
,,Ehm.. ja, also ich wollte nur mal reinschauen, ich kenne es ja auch selber noch nicht, deswegen... also ich wollte nur gucken."
Aufgrund meines Herumgestotters wurde ich noch nervöser und wollte nur noch im Erdboden versinken.
Doch gegen meiner Erwartung lachte mich der hübsche Junge vor mir nicht aus, sondern lächelte mich beruhigend an.
,,Alles gut, ich habe es ja selber auch schon gelesen. Es gefällt mir sehr gut. Dir wird es sicher auch gefallen."Verwundert blickte ich ihn an.
,,Du hast es schon gelesen?"
Er nickte zur Bestätigung nur und sah sich suchend im Raum um.
,,Hör zu, war nett dich kennenzulernen, aber ich muss kurz los zu ein paar Freundinnen. Die zicken schon die ganze Zeit rum, weil ich nichts für unser Referat tue. Also: man sieht sich!"Daraufin verschwand er, dessen Namen ich immernoch nicht kannte, mit einem Lächeln im Gesicht hinter dem nächsten Regal und ich stand wieder allein dort, nur mit dem unscheinbaren Buch in der Hand.
Das verwundernde daran war ja, dass dieser Typ überhaupt nicht nach einem Leser aussah. Vielmehr wie ein Sportler. Wahrscheinlich war er wie Joseph im Footballteam.
Erst jetzt nahm ich wieder das Buch in meiner Hand wahr und begutachtete es. Auf der Vorderseite war ein Arm zu sehen, der die Hand nach einer anderen ausstreckt. Diese Hand jedoch, die die rechte hilfesuchend ergreifen will, ist festgekettet und kann sie deswegen nicht erreichen.
Die Fotographie sieht geschmeidig und doch unheimlich aus, denn die Aussage hinter dieser ist traurig. So traurig, dass der seelische Schmerz Menschen in solch einer Situation zum Selbstmord bringen könnte, weswegen wahrscheinlich ein Stichwort auf dem Klappentext "Suizid" ist.Ich strich mit meinen Fingerkuppen über das Bild und entschied mich, es mitzunehmen. Ich lief also zu einer Sitzecke in der Bücherei und setzte mich im Schneiderseitz auf einen Stuhl.
Ich sah mich um. Um mich herum waren zehn Schüler, alle ungefähr in meinem Alter. Die meisten kannte ich nicht, jedoch erstarrte ich, als ich vier mir allzu bekannte Leute zusammen an einem Tisch sitzen sah.Der Junge von vorhin saß mit Aurora und leider Gottes mit Mandy und Tiffany, die Mädchen, die mich schikanierten, dort und amüsierten sich offensichtlich, weswegen sie manchmal von einer Bibliothekarin ermahnt wurden. Das Strahlen auf seinem Gesicht war nicht zu übersehen.
Er schweifte mit seinem Blick durch den Raum und stockte, als er mit seinen Augen bei meinen hängen blieb und ganz leicht grüßend die Hand hob, ich meinen Blick jedoch wieder schnell abwand.Bloß keine Peinlickeiten mehr!
Das kleine Buch vor mir drehte ich um. Ich wollte mir unbedingt erst einmal die Zusammenfassung durchlesen. Meine Auguen huschten über das verzierte dunkle Blatt und schienen wie gefesselt von den Worten des Autors.
Stummheit lähmt, sie fesselt gegen den eigenen Willen und zwingt einen dazu, in letzter Hoffnung die Hand zurückzuziehen. Den inneren Kampf gegen die unerträgliche Schwere des Seins muss sie führen. Bisher immer alleine, und nun ohne Kraft, weiter zu kämpfen.
Sie ist es leid.
Es gibt kein Entkommen, denn Stummheit verfolgt dich sogar in den Nächten, bei Einsamkeit, Liebe, Trauer und das alles bis zum eigenen Tod.
Es ist die ewige Wiederkehr, die sie dazu bringen, bezwungen den Kopf zu senken.
Wird es jemanden geben, der das, was sie aufgeben lässt, erkennt und die Hand weiter ausstreckt, damit sie die Fesseln nicht aufhalten?Der Text bewegte mich. Empathie besaß ich schon immer, weswegen mir allein Texte, die zum nachdenken regen, schon nahe gingen.
"Die Hand weiter ausstrecken, damit einen die Fesseln nicht mehr aufhalten."
Ich legte das Buch wieder richtig herum auf den Tisch, sodass das Cover wieder nach oben schaute.
Wow
Schade, dass die Gesellschaft die Tiefe des Denkens manchmal nicht erreicht.
Doch eines stand fest: ich würde dieses Buch auf jeden Fall lesen.Sorry, dass von mir lange nichts kam. Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie fehlt mir manchmal die Motivation was von meinem Vorbereiteten zu überarbeiten und hochzuladen. :( In diesem Kapitel passiert zwar auch nicht viel, aber ich wollte die Länge meiner Kapitel immer einhalten... deswegen.. joa.
Bis demnächst^^

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Besessen
RomanceSie lernt einen jungen Mann kennen. Dieser jedoch zeigt schon nach kurzer Zeit seine dominante, selbstsichere und einschüchternde Art, mit der das zurückhaltende Mädchen mit schlimmer Vergangenheit sehr zu kämpfen hat. Er will sie und lässt sie nich...