Kapitel 20

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Nick holte schnell einen schwarzen großen Kaputzenpullover mit Bauchtasche. Er lachte schon, als er bei mir damit ankam. ,,Wird nicht deine Größe sein, aber erfüllt seinen Zweck."
Ich nahm ihm das Stück Stoff entgegen und striff es mir direkt über den Kopf. Doch ich steckte irgendwie wegen der überdimensionalen Größe fest.

,,Nick, hilf mir mal bitte", forderte ich lachend. Angesprochener tat es mir gleich und eilte mir sofort zur Hilfe, indem er den Pulli runterzog, während ich die Arme in die Höhe gestreckt hielt. Nick ließ von mir ab und betrachtete mich feixend. Ich sah bestimmt total lächerlich in diesem riesigen Oberteil aus, welches mir weit bis unter den Po zum Oberschenkel ging.
,,Lach mich nicht aus, du Vogel!" Meinte ich empört, aber auch belustigt und stieß laut Luft aus. Von ihm kam nur ein Kopfschütteln, während er mich zur Tür rausdrückte.
,,Wenn Sie sich bitte beeilen könnten, junges Fräulein. Wir können hier nicht ewig unseren Abend verbringen." ,,Jajaja", erwiderte ich gespielt genervt.

Nachdem wir das moderne Haus verlassen hatten, in dem sich die ganzen Wohnhng gefanden, waren wir auch schon an Nicks Auto angekommen. Vor uns stand ein blitzblanker schöner Porsche und ich muss gestehen, kurz war ich überrascht. Aber was hätte ich erwarten sollen, nachdem ich seine Wohnung kennengelernt habe. Dieser Mann war nicht arm und das Verlangen zu erfahren, welcher Beruf ihn so erfolgreich gemacht hat, stieg.

Nick öffnete die Beifahrertür und trat zur Seite. ,,Darf ich bitten?"
Lächelnd ging ich seiner Aufforderung nach und stieg ein, woraufhin er um das Auto joggte und sich selber auf seinen Platz pflanzte. Er ließ den Motor aufheulen und fuhr direkt los.
,,Wo wohnst du denn, Kätzchen?"

Ich hatte mich aus irgendeinem Grund an seine Kosenamen gewöhnt. Es störte mich zwar manchmal noch und ich muss mir auch oft einen Kommentar verkneifen, aber da wir uns doch unbewusst näher gekommen sind und es fast schon zur Gewohnheit geworden ist, bliebt ein Wiederwort doch nur höchstens in meinem Unterbewusstsein.

,,Du bist schon in der korrekten Richtung unterwegs. Ich wohne im Kennedyviertel, um genau zu sein in der Nustonstreet 46."
Nick nickte nur stumm und konzentrierte sich aufs Fahren und umso näher wir meinem Zuhause näher kamen, umso nervöser und stiller wurde ich.

Papa wird mich anschreien, oder? Wird er sehr sauer sein? Was wird Catherine sagen? Hat sie es überhaupt mitbekommen, dass ich gefehlt habe? Bestimmt!
...oder?

Nick muss mein Unbehagen bemerkt haben, denn er schaute kurz zu mir rüber und erhob daraufhin seine tiefe Stimme. ,,Hast du vor etwas Angst?"

Ja, und wie. Ich will keinesfalls nach Hause. Ich möchte eine normale Familie, die mich liebt und die auf mich wartet, wenn ich nach Hause komme. Aber habe ich die? Nein. Ich hatte sie einmal. Papa wird mich höchstens anschreien, was mir einfallen würde. Ich solle doch endlich mal Geld eintreiben.
Aber erzählen könnte ich das Nick nicht. Dazu vertraue ich ihm noch zu wenig. Nicht einmal Catherine erzähle ich von meinen Problemen.

,,Nein, ich bin nur müde und überlege mir, was ich Papa sagen soll."
Das stimmte ja auch. Gelogen habe ich also nicht, nur nicht alles erzählt.

,,Deinem Vater wirst du das schon erklären können. Und wenn er aufgebracht ist, zeigt das nur, dass du ihm etwas bedeutest. Also mach dir keinen Kopf, Baby. Wenn du jemanden zum Reden brauchst, kannst du immer zu mir kommen, das weißt du oder?"

Inzwischen sind wir vor unserem kleinen Haus angekommen und Nick hat sein Auto davor geparkt. Er hat sich zu mir gedreht und blickte mir intensiv in die Augen. Und auf irgendeine Weise beruhigte mich dieser. Meine Mundwinkel zogen sich nach oben und ich zeigte meinem Gegenüber leicht meine obere Zahnpartie.
,,Danke Nick, das... das bedeutet mir sehr viel."

Ich wendete mich ab und steige aus dem Auto aus. Meine Schritte hallten auf dem Weg zu unserem Haus wieder. Bei der Haustür angekommen, drehte ich mich noch einmal zu Nick um, der immernoch in seinem Auto saß und mich aufmunternd anlächelte, so weit ich das im Laternenschein erkennen konnte.
Ich atmete einmal durch und schloss die Haustür auf.

Es war dunkel. Kein Licht brannte, bis auf eins: das über dem Küchentisch. Ich umklammerte mich selber, atmete einmal durch und trat dann anschließend an die Türschwelle, um meinem Vater, welcher am Küchentisch saß, gegenüber zu treten.

Würde er mich anbrüllen? Mich in den Keller sperren? Mir noch mehr Hausarbeit aufdonnern? Würde er mir weh tun?

Ich räusperte mich einmal leise, was ihn zum Hochblicken brachte.




Was denkt ihr, passiert im nächten Kapitel?

Wie wird ihr Vater wohl reagieren?

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