Kapitel 19

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Nicks Halsschlagader stach deutlich heraus und ich konnte das wilde Pochen seines Blutes förmlich sehen. Seine sonst so schönen Augen waren zu Schlitzen geformt und haben sich dunkel verfärbt.
Gänsehaut bildete sich auf meinen Oberarmen, woraufhin ich mit meiner linken Hand über den rechten strich. Im Raum wurde es ganz kalt.
Sein Blick war so heftig, so wütend.

,,Wie bitte? Ich glaube, ich habe mich verhört."

Es war fast so, als würde mir eiskaltes Hageleis entgegen fliegen und Nadelstiche auf meiner Haut verursachen, als würde jede Scharfe Spitze sich in meine erste Hautschicht bohren.

,,I-ich rede so mit dir, wie ich es... m-möchte.''

Fehler? Ja.
Und was für einer.
Aber meine Wut auf meinen Gegenüber entwickelte diesen aufkeimenden Mut.

Sein Atem fühlte sich, obwohl er warm war, wie ein Schneesturm an.
Er kühlte letztendlich meinen Mut ab. Die Knospen meines Selbstbewusstseins zogen sich zusammen und schienen einzugehen. Sie würden ihren nächsten Winterschlaf halten. Den Winter, welchen Nick mit seiner Anwesenheit verursachte.

Nicks Mimik wurde wenn möglich noch finsterer und er kam mir immer näher, worauf ich einige Schritte zurück machte. Ängstlich sah ich zu ihm hoch und merkte mal wieder, wie groß er eigentlich war. Ich war mit meinen 1.65 gegen seine 1.90 ein Nichts. Er war mir um Maße überlegen und er wusste es. Nick wusste, dass ich ihm gegenüber ausgeliefert war. Und genauso war ich mir dessen bewusst.
Er spielte mit seiner Macht, seiner Autorität.
Er blickte mir intentiv in die Augen und seine Mimik ließ meine Knie zittern. Diese Tiefe machte mir bewusst, wie gläsern ich doch war.
Er wusste, was ich dachte; er wusste, was ich wollte und er wusste, was ich plante.
Es gab keinen Weg dran vorbei, Nick hatte mich unter Kontrolle.

,,Baby, lass dir was gesagt sein. Du weißt genauso wie ich, dass ich am längeren Hebel sitze. Wenn ich dir sage: "zeig mehr Respekt", zeigst du mir gefälligst mehr Respekt. Du bist hier in meinem Haus. Ich habe dich hier wohnen lassen, also sei dankbarer und hör auf mich, klar?"
Seine Rede brodelte nur so von einer sinnlichen Drohung. Und ich konnte nur nicken. Er hat die komplette Kontrolle und er genoss es, das spürte ich. In seinem Ausdruck lag nämlich Amusement und Spott.
,,Und verdreht nie wieder die Augen, Liebes. Das ist respektlos."

Ich konnte nur ängstlich zu ihm aufsehen. Zu mehr war ich nicht imstande.

,,Verstanden?"

Zögerlich nickte ich. Mir blieb nichts anderes übrig. Mit ihm war nicht zu Spaßen, das habe ich nun gemerkt. Nick war nicht normal. Er litt bestimmt unter irgendwelchen Aggressionsstörungen oder war sonst psychisch angeknackst. Um diese Erkenntnis zu erlangen, musste ich nicht einmal ein Psychologiestudium absolviert haben.

,,Du hast auch einen hübschen Mund, der zum Sprechen da ist."
,,J-ja ich habe verstanden, Nick."

Urplötzlich fing er sanft an zu lächeln und steichelte mir den Kopf.

,,Gutes Mädchen."

Und meine Muskeln, die ich die ganze Zeit unbewusst angespannt hatte, lockerten sich wieder. Die Gefahr schien erst einmal vorbei. Zumindest vorerst.

,,Aber Nick, ich muss wirklich mal nach Hause. Im schlimmsten Fall haben sie schon die Polizei gerufen."

Oh Gott, ich war geliefert, wenn sie es wirklich schon getan haben sollten. Auf mich würde so ein Ärger zufliegen.

Er verschränkte wieder seine Arme vor der Brust und atmete tief ein. ,,Gut, von mir aus. Aber es ist zu spät. Ich bestehe darauf, dass ich dich fahre. Und du musst mir versprechen, morgen nicht in die Schule zu gehen, okay? Du musst dich nach sowas lange ausruhen und ich will keinesfalls, dass du diese dummen Drogen noch einmal zu dir nehmen kannst."

War er mein Vater oder was? Ich fand zwar seine Fürsorglichkeit lieb, aber sie war unbegründet.

Lachend verdrehte ich leicht die Augen, das Szenario von eben wie vergessen.
,,Ja Daddy."
Ganz kurz konnte ich was in seinen grauen Augen aufblitzen sehen, bis er selber ebenfalls anfing, zu grinsen. ,,Haben wir nicht gerade über dieses Augenrollen gesprochen, junge Dame?"
Leise kichernd lief ich an ihm mit meinem Rucksack vorbei in den Flur. Er folgte mir natürlich bis vor die Haustüre. Nick öffnete die für mich und hielt sie mir auf, während ich in meine Schuhe schlüpfte und eigentlich eine Jacke anziehen wollte, als ich merkte, dass ich diese wohl nicht dabei hatte.

Mist, ich muss sie wohl an der Schule vergessen haben.

Nick sah mich fragend an, bis er das Problem auch ohne Worte verstand. ,,Es ist sehr kühl heute Abend. Nicht, dass du dich noch zusätzlich erkältest. Ich hole dir eine Jacke von mir."

Er wollte sich gerade umdrehen, um eine zuholen, als ich ihn am Arm festhielt, meine Hand aber sofort wegzog, als hätte ich mich verbrannt. Ich fasste mich aber sofort wieder und fuhr fort. ,,Am Ende vergesse ich noch, dir deine Jacke zurückzugeben. Außerdem ist deine Klamottenware nicht unbedingt so günstig, wie ich schon gesehen habe, was mir beim Tragen ein schlechtes Gewissen bereiten würde." Ich versuchte mich mit hochrotem Kopf rauszureden, was nur dazu führte, dass mein Kopf noch mehr zu glühen anfing.
Nick musste sich ein Lachen verkneifen. ,,Schon gut, dann gebe ich dir eben von mir einen "normalen" Pulli. Die sind auch nicht so wertvoll, die kannst du mit reinem Gewissen tragen", neckte er mich spitzbübisch und setzt bei dem Wort "normalen" zwei Gänsefüßchen in die Luft.

Peinlich, peinlich.








Halloo, da bin ich wieder.

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