Kapitel 59

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Erschrockem starrte ich diesem bildschönen Mann hinterher, der außerhalb des Geschäftes in der Menschenmasse verschwand und Eins mit ihr wurde. Was war das denn eben? Sie waren Brüder?

,,Wir gehen", knurrte das Ebenbild des Dunkelhaarigen neben mir. Ich fuhr mit meinem Kopf zu ihm. ,,War das dein Bruder?" Er formte seine Augen zu Schlitzen und sah verachtend hinab. ,,Hör auf, von ihm zu sprechen." Er ergriff mein Handgelenk grob. ,,Du kommst mit mir." Ein paar Schritte stolperte ich mit ihm vor, ehe ich mich zusammenriss, mit meinen Beinen stoppte und mich gegen sein Ziehen lehnte. Ich versuchte zwar, mein Handgelenk zu lösen, Nick hatte es jedoch zu fest umschlossen mit seinen viel größeren Händen. ,,Nein, du verschleppst mich jetzt nicht. Wer war das und wieso-", setzte ich an, wurde jedoch von seinen Lippen auf meinen unterbrochen. In völliger Starre riss ich meine Augen auf, bewegte mich kein Stück.

Verdammt, beweg dich! Drück ihn doch von dir!

Er öffnete nun ebenfalls seine bis jetzt geschlossenen Augen und sah mich ernst an. ,,Hörst du jetzt endlich auf, zu reden und reißt dich mal zusammen?", fragte er rhetorisch. Still und überrumpelt ließ ich mich von ihm mitziehen bis zu Ladentür.

,,Caprice?", ertönte es verwirrt und aufgebracht zugleich. Ich wandt mich um und sammelte mich, während meine Arbeitskollegin mich prüfend und abwartend ansah. ,,Was war das gerade?", stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Hilflos blickte ich zu Nick, der sich unbeteiligt raushielt.

Na toll, vielen Dank.

Etwas besseres als ,,Ich erklär dir alles später" fiel mir auf die Schnelle nicht ein, woraufhin mich Nick weiter mitzog. Auf offener Straße riss er mich förmlich mit sich, was einige Blicke mit sich zog. ,,Nick, ich will nach Hause." Klar wusste ich, dass er nicht vorhatte, mich nach Hause zu fahren, jedoch wollte ich mich nach dem heutigen Tag einfach nur im Bett verkriechen und Papa von meinem Job erzählen. Ich wusste, dass er stolz sein würde. Er musste einfach.

Plötzlich blieb Nick stehen, woraufhin ich gegen seinen großen Rücken stieß und  mir mein schmerzendes Nasenbein rieb. ,,Steig ein", befahl er mir grob, während er die Beifahrertür offenhielt. Ich schaute ihm in die Augen und schenkte ihm einen zweifelnden Blick, weil ich wusste, dass er meine Bitte von vorhin gnadenlos ignorieren wird. Er verdrehte genervt seine Augen und zog mich an meinem Arm ans Auto und stieß mich schlussendlich hinein. Bockig verschränkte ich die Arme vor meiner Brust und sah böse aus dem Fenster. Er sollte sich mal selber zusammenreißen. Er spielte doch hier den Psycho, nicht ich.

Nick stieg zur Fahrerseite ein, strich sich durch seine Haare und setzte eine Sonnenbrille auf, mit der er zugegebenermaßen ziemlich gut aussah. Natürlich wollte ich es nicht zugeben, aber neben ein paar wenigen Berühmtheiten war er mit Abstand einer der schönsten Menschen, die mir je begegnete sind. Auch der Mann von vorhin gehörte dazu, der angeblich Nicks Bruder sein soll. Und wenn ich so darüber nachdachte sahen sie sich schon auf eine gewisse Weise ähnlich. Gezielte Körper- oder Gesichtsteile betrachtend sind einige Ähnlichkeiten aufweisbar. Selbt ihre Stimme, ihre Präsenz und ihre Wirkung waren vergleichbar, weswegen ich der möglichen Aussage, sie seien Brüder, immer mehr zustimmen kann.

~

Nun saßen wir uns im Wohnzimmer gegenüber und keiner sprach ein Wort. Er hatte sich auf seinem Sessel zurückgelehnt und seine grauen Augen geschlossen. Nick sah beinahe soaus, als würde er schlafen, aber das tat er nicht, da war ich mir mehr als nur sicher. Solch eine Raubkatze würde niemals seine Beute schlafend im Raum alleine lassen. Und leider Gottes fühlte ich mich wie seine Beute. Dies bestätigte sich, als ich mich sachte erhob und leise Richtung Flur schlich, als hinter mir seine Stimme ertönte.

,,Wo willst du hin?"

,,Toilette", murmelte ich, woraufhin er sich abwand und die Augen wieder langsam schloss.

Ich tappste den Flur entlang und starrte auf mein Handy. Kyle hatte mich angeschrieben und nach einem Treffen gefragt, dem ich zugestimmt hatte. Ich grinste mein Telefon an, während ich seine Nachricht erneut durchlaß.

*Freue mich. Machen meiner Meinung nach zu wenig, kleine Spießerin.*

Man musste Kyle einfach mögen. Er war so ein positiver und empathischer Mensch. Der einzige, der ihn nicht mochte, war Nick. Er hegte -warum auch immer- einen Groll gegen ihn.

Weil ich nicht auf den Boden achtete, verhedderten sich meine Beine bis ich schließlich stolperte und auf den Boden flog. Schmerzerfüllt rieb ich mir den Kopf. So etwas peinliches konnte auch nur mir passieren! Aus dem Wohnzimmer hörte ich seine besorgte Stimme rufen. ,,Alles okay, Baby?" Meinen Kopf reibend antwortete ich genervt und peinlich berührt mit einem verhaltenen "Ja". Mein Handy war wenige Meter weitergeschlittert und vor einer Tür zum Stehen gekommen. Besorgt stand ich auf und lief auf mein Handy zu, um es herumzudrehen und zu überprüfen, ob das Display noch heil war. Glücklicherweise hat das Karma heute noch nicht zurückgeschlagen, denn der Screen war nicht mit Rissen durchzogen. Ich erhob mich und starrte die Tür an, vor dem es gelandet war. Fragend neigte ich den Kopf. Niemals zurvor hab ich diesen Raum betreten oder habe Nick ihn betreten sehen. Zögerlich streckte ich meine Hand aus und legte sie auf der Türklinke ab.

War es falsch, in seiner Wohnhng herumzuspionierem? Und wie.
Würde er sauer werden? Absolut.
Aber tat ich es trotzdem? Leider ja.

Mein Herz klopfte ein bisschen schneller als sonst, weil ich nicht einschätzen konnte, wie gefährlich das hier für mich werden könnte. Schlussendlich drückte ich die Klinke runter und öffnente die Tür. Zu sehen war ein geräumiges Zimmer mit großen Fensterscheiben, die einen Blick auf die ganze Stadt bieteten. Der rötliche Sonnenuntergang spielte sich am Ende des Himmels wieder und tauchte das Zimmer in einen goldenen Ton. Ein großer Schreibtisch war in Richtung Fenster aufgestellt, der komplett zugeräumt war. Ich schritt an diesen heran und betrachtete das Chaos von nahem. Lauter Ordner, Mappen, Briefe und Unterlagen, die bestimmt nicht für meine Augen bestimmt waren, lagen hier herum. Aber meine Neugierde überwog. Das Verbotene legte mir sinnübertragend fast schon seine Hände um den Hals. Es sprang mir sofort ins Auge.

Das war nicht richtig!

Ich konnte meine Hand jedoch nicht davon abhalten, den Ordner zu greifen, der genau in der Mitte des Tisches lag. Kurz bevor ich ihn berühren konnte, erstarrte ich augenblicklich. Meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich konnte eine Gestalt in der Spiegelung des Fenstern ausmachen, die bedrohlich am Türrahmen stand. Meine Hand zuckte zurück und hecktisch drehte ich mich um. Nick sah mich wütend an und ballte seine Hände. ,,Was denkst du, tust du da", fauchte er.

Und in diesem Moment wusste ich, dass ich wieder Mist gebaut hatte. Aber seine Wut drückte doch die Wichtigkeit und das Geheimnisvolle seines verbotenen Zimmers aus, die meine verdammte Neugierde steigerte, welche mir noch irgendwann meinen Kopf kosten wird.









Willkommen zurück:)
Es ist lange her, aber endlich habe ich mich heute dazu gezwungen, für euch zu schreiben, statt zu lernen. Aber natürlich hab ich auch meine Freude damit.
Ich hoffe, dass ihr immernoch dabei seid und meine Lücken entschuldigt. Einoge hatten nämlich gefragt, wann es weiterginge.

Noch eine kleine Sache: Ich hab Eine amerikanische Schauspielerin gefunden, die in paar Bildern mein inneres Bild von Caprice darstellt. Ich werde es unten einblenden, falls es jemand sehen möchte.

Eine wunderschöne weitere Woche.

















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