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„Wir haben nie über deine Gefühle geredet", sagte er leise.
Er lag neben ihr, in ihrem Bett, die beiden hatten spontan beschlossen, dass er bei ihr übernachtete.
„Was meinst du?", fragte Leyla irritiert.
„Der Kuss. Letztens. Wir haben nie darüber geredet. Und über den vorhin auch nicht."
Es war mitten in der Nacht und um sie herum war es stockdunkel. So musste sich Milan fühlen – sein Leben lang.
„Ich...ach, keine Ahnung!", stieß sie frustriert aus. „Ich weiß nicht, ob ich dich einfach nur mag, so ganz platonisch oder nicht. Vielleicht bin ich in dich verliebt. Vielleicht auch nicht. Das ist alles so...verwirrend. Und du, diese Situation mit dir, dass du so anders bist und so...ich weiß nicht...ich...es ist etwas Besonderes, Aufregendes, Neues. Vielleicht bring ich das ja auch mit dem ganzen Liebeskram durcheinander? Ganz ehrlich, ich kann dir darauf keine Antwort geben und ich find das genauso beschissen wie du!"
Sie rang nach Luft, hatte sich in Rage geredet und war ein wenig lauter geworden. Alpha, der sich ganz dreist ins Bett geschlichen und sich neben Milan gequetscht hatte, sah irritiert auf und fiepte kurz, als wollte er Leyla beruhigen.
„Leyla, hey, ist doch okay"
Seine Stimme, so beruhigend und sanft, löste wieder diese wunderschönen Seifenblasen aus und sie lächelte in die Dunkelheit hinein.
„Darf ich dich was fragen?", flüsterte er in den leeren, dunklen Raum hinein und Leyla spürte, wie er nach ihrer Hand griff.
„Klar", erwiderte sie.
„Welche Farbe hat Liebe?"
Diese Frage überraschte sie, obwohl sie doch so nahelag, immerhin verglich sie Farben ja nicht nur mit Musik, um sie Milan näher zu beschreiben. Und Farben waren ihm doch so wichtig.
„Rot", beantwortete sie seine Frage.
„Erzählst du mir mehr über Rot? Bei welcher Musik siehst du rot?"
Für einen Moment unterdrückte sie ein Lachen, der Ausdruck „rot sehen" hatte sie als Kind, nachdem sie festgestellt hatte, dass die wenigsten Leute Synästhetiker waren, irritiert. Wie konnten andere Rot sehen, wenn sie doch sonst keine Farben sehen konnten? Inzwischen hatte sie begriffen, dass die Leute nicht wirklich Rot sahen.
„Bei Deutschrap", beantwortete sie seine Frage, „da sind rote Pyramiden, die passend zum Beat pulsieren"
Sie war sich nicht ganz sicher, aber sie meinte, zu hören, wie er ein zustimmendes Geräusch von sich gab.
„Gibt es noch mehr dazu zu sagen?" Er klang neugierig, aufgeregt und Leyla musste lächeln. „Rot wird nicht nur mit Liebe verbunden, sondern auch mit Wut. Kennst du das Wort „blutrot"? Blut ist auch rot und...na ja. Du kennst das doch bestimmt, wenn du dich an einem Blatt Papier schneidest und es brennt? Das ist rot, manchmal macht es taub, aber es gibt auch Momente, da fühlst dich so lebendig wie nie zuvor. Das ist rot."
Sie war selbst überrascht von ihrem Worten, sie waren einfach so aus ihr herausgekommen. „Wow", flüsterte Milan neben ihr. Noch immer hielten sie sich an den Händen und Leylas Gedanken kreisten, sie wusste nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Aber war das denn überhaupt wichtig? Warum sollte sie sich überhaupt Gedanken machen? Es war doch sowieso einfacher, diesen Moment zu genießen.
„Darf ich dich was fragen?", wandte sie sich an ihn – es war irgendwie seltsam, normalerweise war doch er derjenige, der Fragen stellte.
„Natürlich", erwiderte er.
„Was ist zwischen dir und deinem Bruder passiert?"
„Bei unserem letzten Aufeinandertreffen? Das hab ich dir doch erzählt", er klang verwirrt. „Nein", widersprach Leyla, „ich meine, irgendwann mal. Dass ihr...euch aus dem Weg geht. Um es nett auszudrücken."
„Oh", machte er, „ach, das meinst du. Das...na ja..."
Er wurde deutlich nervös, er schien wirklich ungern darüber zu reden – und doch hatte Leyla das Gefühl, dass er es unbedingt loswerden wollte. Sie drängte ihn nicht, sondern schwieg, gab ihm die Zeit, die er brauchte.    

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