43 / Kaffee

455 25 19
                                    

Baileys P.o.V.

Müde trottete ich den Flur entlang zur Küche. Es war ziemlich früh. Zu früh für meinen Geschmack. Ich brauchte unbedingt eine Kaffee, sonst würde ich die nächste halbe Stunde nicht überleben. Gähnend betrat ich den großen Raum, indem sich Wohnzimmer und Küche befanden. Mein Blick fiel direkt auf Jonah, der deprimiert über einem Glas Orangensaft saß. Meine schlechte Laune war komplett verflogen und ein Lächeln hatte sich auf meinen Lippen gebildet. Vorsichtig tippelte ich über den Parkettboden zum Esstisch hinüber und schlich mich leise an ihn heran. Er hatte mich noch nicht bemerkt.

„Guten Morgen mein Schatz", hauchte ich leise in sein rechtes Ohr und kraulte mit meinen Händen durch seine verwuschelten Haare.
„Guten Morgen mein Mädchen." Er umschloss meine Handgelenke mit seinen großen Händen und legte sie vorsichtig auf seine Brust.
Ich zuckte kurz zusammen, als ich seine nackte Haut unter meinen Händen spürte. Irgendwie hatte ich mit einem Pyjama gerechnet. Aber klar, er saß natürlich in Boxershorts und Bademantel da.
„Hast du gut auf dem Sofa gepennt?", lächelnd rückte Jonah seinen Stuhl vom Tisch weg. „Komm her", er deutete auf seinen Schoß.
Verlegen strich ich mir eine lose Strähne hinter mein Ohr und setzte mich vorsichtig auf seinen Schoß. Ich merkte, wie die Wärme seines Körpers sich auf meine Haut übertrug und Adrenalin angenehm durch die Adern floss.
„Ganz gut. Nur nicht lang genug, es ist viel zu früh." Müde rieb ich mir über die Augen und blinzelte ein paar Male.

Ich hatte mich verkehrt auf Jonahs Schoß gesetzt, sodass ich mit meinem Körper zu ihm gewandt war. So konnte ich ihm unbeirrt in seine tiefblauen Augen schauen, die mit leicht grünen Sprenkeln verziert waren.

„Und du?" Ich rutschte ein wenig näher an ihn heran und streifte mit meiner Nase seine Nasenspitze. Sein unregelmäßig schneller Atem kitzelte mich an meinem Kinn.
„Ehrlich gesagt, ich hatte keine gute Nacht.", flüsterte Jonah mit seiner heiseren Morgenstimme.
Amüsiert nahm ich Jonahs Gesicht in meine Hände und sah ihm tief in die Augen: „Du braucht einen Kaffee, sonst fällst du mir gleich vom Stuhl."
„Nein, ich brauche erst einen Guten-Morgen-Kuss von meiner Freundin", zwinkerte Jonah mir vielsagend zu.
„Liebend gern", gab ich dramatisch zurück und lehnte meine Stirn an seine. Für eine Zeit lang blickten wir uns lachend in die Augen, bis ich zuerst seine Oberlippe und dann seine Unterlippe küsste. Auf seinen perfekten Lippen schmeckte ich ein leichtes Aroma nach Orange.
Ich spürte, wie seine Hände unter mein T-Shirt glitten und Jonah zart meine Taille umfasste. Abermals streiften seine Lippen meine. Dann legte er seine Lippen auf meine. Meine Hände vergrub ich in seinen dunkelbraunen Haaren. Zärtlich bewegten sich unsere Lippen im Takt. Ganz langsam und ließen die Zeit erstarren. Mein Puls verdoppelte sich und ein Feuerwerk löste sich in meinem Brustkorb. So konnte es ewig bleiben...

„Ew! Leute, übt eure Zärtlichkeiten nicht im Wohnzimmer aus. Davon bekomme ich ja noch Herpes!", unterbricht eine allzu bekannte Stimme unsere Zweisamkeit.
Erschrocken riss ich die Augen auf und drehte mich abrupt um.
Eine vom Schlaf zerknautschte Sabrina guckte angeekelt über der Sofalehne hervor. „Tut mir Leid, ich wollte euch nicht erschrecken", kam es kleinlaut von ihr.
Schmunzelnd schüttelte ich meinen Kopf und fasste mir ans Herz. „Nie. Wieder. Ich hatte fast einen Herzinfarkt erleidet." Ich seufzte, musste aber im nächsten Moment laut über die peinliche Situation lachen.
Jonah, der sich langsam von seinem Schreck erholt hatte fiel ebenfalls in schallendes Gelächter ein. Seine Wangen waren errötet und ließen ihn plötzlich ganz niedlich wirken.

Überdreht sprang ich von seinem Schoß auf und stemmte die Hände in die Hüfte. „Ich mach uns jetzt einen Kaffee."
„Das geht nicht, Bailey. Unsere Kaffeemaschine ist kaputt! Warum sonst trinke ich ein Glas Saft", empört schüttelte Jonah den Kopf und richtete sich gequält vom Stuhl auf.
„Was!?"
„Pscht", ließ Jonah mich verstummen, „Brina ist wieder eingeschlafen", amüsiert deutete er auf das Sofa, was ihm im Rücken lag. Dort lag Sabrina umständlich über der Sofalehne. Ein leises Schnarchen erfüllte den Raum.
Mahnend hielt ich mir die Hand vor den Mund und guckte Jonah mit großen Augen an. „Wie kann sie bitte so schnell wieder einschlafen?", nuschelte ich hinter meiner Hand. Daraufhin zuckte Jonah nur seine Schultern.

„Ich habe eine Idee." Jonahs Gesicht hellte sich augenblicklich auf. Es sah aus, als hätte er einen Hoffnungsschimmer in der Ferne entdeckt.
„Und welche?" Ich trat vor ihn und spielte mit dem flauschigen Gürtel seines Bademantels.
„Wir fahren mit Pyjama und Bademantel in  den Starbucks!", triumphierend schlug er die Faust in die Luft.
Kichernd legte ich meinen Finger auf seine Lippen, um ihm deutlich zu machen, dass er leise sein sollte.

Bevor wir losfuhren, hatte sich Jonah noch einen kindischen Schlafanzug übergezogen. ‚Damit es noch lustiger wird', hatte er gemeint und dabei seinen schrecklich hässlichen Harry Potter-Pyjama präsentiert.

Die ganze Fahrt über musste ich glücklich lächeln. Es fühlte sich an, als würden Jonah und ich schon seit Jahren zusammen sein. Seine Nähe brachte mich komplett aus dem Konzept.

„Woran denkst du?", ließ Jonah von der Schaltung los und verschränkte seine Finger mit meinen. Abrupt trat er in die Bremse und blieb an einer roten Ampel stehen.
„Dass es sich anfühlt, als wären wir seit Jahren ein Paar. Ich könnte mir kein Leben ohne dich vorstellen.", hänge ich laut meinen Gedanken nach.
„Es geht mir genauso. An deinen Guten-Morgen Kuss könnte ich mich glatt gewöhnen", schelmisch grinste er mich an.
„Du Idiot!", gespielt beleidigt schlug ich ihm auf den Oberschenkel. Lachend schrie er auf. „Biest. Das sollte ein Kompliment sein!", zischte er empört.

„Einen Seattle Latte und einen Chocolate Macchiato, bitte.", gab Jonah die Bestellung an der Theke auf. Dafür, dass es Starbucks ist, war hier nicht viel los. Zum Glück, denn sonst wären wir nicht so ungestört gewesen. „Wie heißt ihr?", fragte der Angestellte in seinem spanischen Akzent und sieht mich dabei ganz cool an.
„Ich bin...", doch weiter kam ich nicht, denn Jonah unterbrach mich eilig, „Hermine und Harry." Beschwichtigend nickte er mit dem Kopf und zog eine ernste Grimasse.
Mit großen Augen guckte ich meinen Freund an. Bevor ich laut loslachte, presste er mir seine Hand vor den Mund.
Überrumpelt stolperte ich einige Schritte nach hinten und prustete laut los. Mit zusammen gekniffenen Augen schaute ich zu Jonah rüber, der mich nur kopfschüttelnd ansah.

„Du solltest niemals Schauspielerin werden", beschwerte sich Jonah laut, als wir aus dem Café traten.
„Jaja...Du solltest wissen, dass ich Harry Potter nicht leiden kann", zickte ich ihn an.
„Woah, was?!", verschluckte der Braunhaarige sich fast an seinem Kaffee. „Ich habe noch nie einen einzigen Film gesehen, geschweige denn ein Buch über Harry Potter gelesen", gab ich enthusiastisch zu und schlürfte im nächsten Moment einen weiteren Schluck von meinem heißen Getränk.

Vorsichtig lugte ich über den Rand meines Kaffeebechers zu Jonah, der mich nur grimmig ansah. „Du behauptest Harry Potter zu hassen, obwohl du es dir noch nie angesehen hast?", angesäuert sah er mir in die Augen und kam mir gefährlich nahe.
„Woah, Woah, Woah. Was ist, wenn ich dir sage, dass ich Angst vor solchen Filmen bekomme?", presste ich stotternd aus meinem Mundwerk und halte meine Hand ausgestreckt vor meinen Freund. Jonah konnte wirklich gruselig sein! Langsam bekam ich Angst.

Plötzlich wurden seine Gesichtszüge weich: „Okay, das ist was anderes. Dann darfst du Harry Potter nicht leiden.", schmunzelnd zog er mich in eine Umarmung und gab mir einen kleinen Kuss auf die Stirn.
Erleichtert atmete ich auf: „Ich dachte schon, mein letztes Stündlein hätte geschlagen."
„Du hast gesagt, dass du bei den Filmen Angst bekommst. Also kannst du die Bücher lesen!", erfreut klatschte Jonah in seine Hände.
„Nicht. Dein. Ernst.", murmelte ich in seinen Bademantel und rollte genervt meine Augen. Ich hatte wirklich keine Lust, meine Zeit über ein paar Harry Potter Büchern zu vergeuden. „Aber...", setzte ich zum Gegenargument an, doch Jonah unterbrach mich abermals, „Nichts aber! Das ist der Deal. Du kannst gerne Harry Potter nicht leiden, aber erst, wenn du die Bücher gelesen hast.", bestimmte er und streckte demonstrativ den Finger in die Luft.

„Ich freue mich schon auf das Gesicht von den anderen.", lachend klopfte Jonah seine Taschen nach dem Haustürschlüssel ab.

Jonah und ich waren noch ein wenig in der Stadt herumgelaufen. Dabei hatten wir einen Elektrizitätsladen entdeckt. Kurzfristig hatten wir beschlossen eine neue Kaffeemaschine zu kaufen. Eigentlich war sie total unnötig, weil Jack sie heute repariert hätte. Aber die Kaffeemaschine hatte uns regelrecht mit ihren vielen verschiedenen Funktionen und Specialeffects angezogen.

„Wie blöd kann man nur sein?", ärgerlich fuhr sich Jonah über sein Gesicht.
„Was ist passiert?", fragte ich ein wenig überrascht.
„Mein Haustürschlüssel liegt im Haus", knurrte er genervt.
Lachend drückte ich die Klingel: „Dann ist die Schlafenszeit genau jetzt beendet", klingelte ich sturm.

Photography - Why Don't WeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt