54 / Schmerz

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Ein Rumpeln weckte mich aus dem Schlaf und ich schreckte hoch. Das Licht der Taschenlampe war aus und alles war dunkel. Um mich herum konnte ich leises Schnarchen hören.
Erneut rumpelte etwas, dann drang Licht in den Fahrstuhl. Ich kniff die Augen zusammen und sah mich nach der Lichtquelle um.
Ein kleiner Spalt in der Wand ließ das ganze Licht hinein und wurde mit etwas Lärm immer breiter.
„Hallo?", fragte eine tiefe männliche Stimme.
Ich krabbelte zu dem Lichtspalt.
„Endlich!", meinte ich freudig, als ich erkannte, dass wir endlich aus dem Aufzug durften.
„Sind da mehr Leute bei Ihnen?"
Ich nickte, während der Mann mit seiner Taschenlampe mein Gesicht anstrahlte. „Vier weitere Personen", erklärte ich.
„Okay. Gehen sie etwas zurück, ich werde die Tür weiter öffnen."
Ich richtete mich komplett auf und lief zuerst zu Lise und Zach.
Ich hockte mich zu ihnen runter und rüttelte vorsichtig an Lises Schultern.
Verschlafen sah sie mich an. „Was ist los?"
„Die Aufzugtüren werden geöffnet, dass heißt wir kommen hier raus", erklärte ich ihr fröhlich. „Hilfst du mir die anderen zu wecken?"
Sie nickte und ich half ihr hoch.
„Warum seid ihr schon wach?"
Ich drehte mich zu Daniel, der uns total übermüdet ansah.
„Die Aufzugtüren werden geöffnet", erklärte ich.
Lise weckte Zach und ich weckte noch Corbyn, wobei ich voll zaghaft war, während Daniel das Handy aufhob und die Kissen in meinen Rucksack stopfte.
Schließlich konnten wir einzeln durch die Tür raus springen, da der Aufzug etwas mehr als einen Meter über dem Boden hing.
„Endlich da raus!", sagte Zach erleichtert, als wir alle draußen waren.
„Danke, dass sie uns gerettet haben", bedankte ich mich bei dem Mann, mit dem ich eben gesprochen hatte.
„Ohne eure Freunde hätte ich wahrscheinlich gar nicht in die Aufzüge geguckt."
Etwas verwirrt sah ich ihn an, als der ältere Mann hinter sich deutete.
Ich bedanke und verabschiedete mich mit einem kurzen Nicken und ging wieder zu den anderen.

Es stellte sich heraus, dass Bailey den Hausmeister gebeten hatte, die Aufzüge zu öffnen, um uns zu holen.
Mit ein paar anderen Hotelgästen saßen wir in dem, Recht geräumigen, Keller. Man sah deutlich die Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Menschen. Ich saß mit den Jungs, Lise, Bailey, Timothy und Eben im Kreis auf dem Boden und lauschte der Unterhaltung. Ich saß neben Bailey und Timothy.
„Wie habt ihr reagiert, als ihr bemerkt habt, dass der Aufzug fest hängt?", fragte Bailey neugierig.
„Zach ist durchgedreht", meinte Daniel lachend.
„Stimmt doch gar nicht! Ich war die Ruhe selbst", meinte er und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ja ja", mischte sich nun Corbyn ein und musste ebenfalls lachen.
Ein Klingeln zog meine Aufmerksamkeit auf sich.
„Mayla?", meldete sich Daniel am Handy. Es herrschte kurz Stille, dann sprach er weiter. „Ähm ja klar... Corbyn, such mal die Adresse von unserem Hotel raus und schick sie Mayla..."
Corbyn sah ihn verwirrt an, aber machte es schließlich.
„Oke. Du kommst gleich? ... Ok bis dann!"
„Sabrina? Hörst du überhaupt zu?", Timothy stupste mich an.
Verwirrt sah ich ihn an, dann schüttelte ich betroffen den Kopf. „Ich bin so müde", redete ich mich raus und gähnte passend. „Außerdem war ich bis vor zehn Minuten in einem Aufzug."
„Ich würde ja sagen, du kannst dich noch etwas hinlegen, aber das wäre hier wahrscheinlich etwas ungemütlich", meinte er verständnisvoll. „Wie wäre es mit etwas Kaffee?"
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, danke. Vielleicht später."
Timothy nickte kurz und sprach dann weiter mit Tyler und Eben.
„Vermisst du eigentlich deine Familie?", fragte mich Bailey plötzlich.
Kurz verwirrt, da ich mit der Frage nicht gerechnet hatte, blinzelte ich sie an, dann überlegte ich. „Ja. Aber meine Eltern verstehen, dass ich dieses Fotostudio für eine Ausbildung gewählt habe. Mein Vater hat es mir selbst vorgeschlagen", erklärte ich schließlich.
„Und was ist mit deinen Cousins und Cousinen? Ich habe eigentlich eine gute Beziehung zu meinen..."
„Ich habe nur zwei Cousins und eine Cousine... Zu meinem Geburtstag hat mir der älteste ein Video geschickt. Meine anderen Tanten haben keine Kinder. Wobei ich glaube, dass eine sich vor kurzem verliebt hat", meinte ich und dachte belustigt an Maya.

Die Minuten verstrichen. Ich wurde immer erschöpfter und schlief schließlich mit dem Kopf auf Baileys Schulter ein.

Ein aggressives Klopfen riss mich aus meinem Schlaf. Ich blinzelte mehrmals, um bei dem Licht der Taschenlampen etwas zu sehen.
Ich tappte zur Tür. Bevor ich die Tür öffnete, gähnte ich ausgiebig.
„Danke!", stürmisch fiel mir jemand um den Hals. Erst nachdem ich völlig überrumpelt und überrascht nach hinten gestolpert war, erkannte ich, dass es Mayla war.
„Mayla, da bist du ja!", rief Daniel erleichtert.
Mayla löste sich schnell von mir und ließ sich schließlich neben Daniel nieder.
Ein älterer Herr kam ebenfalls durch die Tür und sah mich dankbar an.
„Äh und wer ist das?", fragte ich Mayla.
„Mein Lebensretter...", murmelte Mayla und schloss ihre Augen.
„Aha", meinte ich und musste ein wenig lachen.
„Mayla, jetzt im Ernst. Wer ist das?", Daniel rüttelte an ihren Schultern.
Ich schloss die Tür und setzte mich wieder zu Bailey, wobei es in unserem Kreis enger geworden wurde.
„Der Taxifahrer, der mich hier hin gebracht hat. Er wird es bei dem Wetter nicht weit schaffen", antwortete sie etwas ausführlicher.
„Okay, das hilft uns ein bisschen weiter", mischte sich auch Tyler ein, dann schlüpfte er genüsslich seinen Kaffee.
„Und was in aller Welt hast du draußen bei diesem Wetter gemacht!?", Zach sah sie sehr besorgt an.
„Das ist eine seeehr lange Geschichte und für die habe ich gerade keine Kraft mehr", müde schloss sie die Augen und lehnte sich an Daniel an.
Corbyn machte etwas mehr Platz, damit sich der Taxifahrer zu Tyler und Timothy setzen konnte.
Ich sah in die Runde. „Möchte jemand einen Kaffee?“, fragte ich und stand auf.
„Ich hätte gerne einen“, meinte Eben.
Ich nickte und lief zu dem Kaffeeautomaten, der sich in der Nähe der Tür befand.
Später, ein paar Dollar ärmer und mit zwei Kaffeebechern in der Hand, lief ich zurück zu Eben. Ich gab ihm den Becher aus meiner linken Hand, da bei meinem extra viel Milch drin war.
Eben bedankte sich nochmal, bevor er weiter mit den Jungs redete.
Ich quetschte mich irgendwo dazwischen und schlürfte meinen Kaffee.

Ich redete gerade mit Lise, Corbyn und Zach, als mich ein lautes Niesen auf sich aufmerksam machte. Ich sah zu Mayla, die irgendwie verkrampft an der Wand angelehnt saß. „Ich glaube, ich hab mir 'ne heftige Erkältung eingefangen...“
„Ja, du warst ja pitschnass, als du angekommen bist und dann dieser Sturm... Da wirst du einige Tage dran zu nagen haben", meinte nun auch Corbyn.
Ich nickte bestätigend.
„Das sind ja traumhafte Aussichten...", murmelte sie und verzerrte das Gesicht vor Schmerz.
„Mayla, das kann ich mir nicht länger mitansehen", sagte ich, etwas bestimmter als gedacht. „Meine Tante ist Physiotherapeutin und sie hat mir mal ein paar Methoden gegen Nackenschmerzen gezeigt, weil ich die früher so oft hatte“, erklärte ich und stand auf, um zu ihr zu gehen. „Dreh dich mal mit dem Rücken zu mir“, befahl ich ihr.
„Aye, Aye Sir!", antwortete sie und drehte sich zögerlich zu mir.
Ich hockte mich hinter sie und warnte: „Das kann jetzt schmerzhaft werden."
Zuerst berührte ich ihren Nacken vorsichtig und zaghaft. Ich wollte ihr nicht weg tun. Irgendwann massierte ich verspannten Stellen mit festem Druck. Ich versuchte alle Handgriffe, die mir meine Tante Johanna gezeigt hatte, genauso anzuwenden, während ich Mayla zwischendurch Anweisungen gab.
Nach 15 Minuten beendete ich die Massage: „So fertig!“
Ich sah, das Mayla sich erst vorsichtig bewegte. „Boah, was tut das gut!“, sagte sie erleichtert und umarmte mich nochmal. „Du hast Wunderhände! Danke!"
Ich schmunzelte. „Sehr gerne!“
„Und was ist mit mir?“, Lise sah mich gespielt entrüstet an.
„Genau!“, Bailey und Jonah stimmten gleichzeitig zu.
Andere stimmten ebenfalls zu und ich schüttelte nur lachend den Kopf. „Ich kann's euch beibringen, aber ich werde jetzt nicht jeden massieren!“

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