50 / Fan-Special

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Baileys P.o.V.

Es war erst 6:34 am. Seit einer Stunde schleppte ich Kisten hin und her, sortierte und organisierte.
Genervt hiefte ich die nächste Kiste aus dem Sprinter und trat zum gefühlten hundertsten Male durch die Eingangstür, die Treppe hoch. Dann musste ich nur noch durch eine Tür in die Halle hinein.
Plötzlich überkam mich eine unaufhaltsame Müdigkeit. Vergeblich versuchte ich mein Gähnen zu unterdrücken.
Daniel zog lachend die Augenbrauen hoch, doch bevor er irgendwas sagen konnte, lies er auch ein lautes Gähnen los.
„Gähnen ist ansteckend!", rief ich ihm schmunzelnd zu.
„Ich hasse dich", grummelte er, musste aber dabei grinsen.
„Ich mag dich auch", kindisch streckte ich ihm die Zunge raus.

„Guten Morgen, Sonnenschein", begrüßte mich Jonah mit zwei Kaffeebechern in der Hand. Grinsend gab er mir einen Kuss auf die Wange und drückte mir dabei den Kaffee in die Hand.
Schnell nahm ich einen kleinen Schluck von dem Cappuccino. Langsam floss die heiße Flüssigkeit meinen Hals herab. Genüsslich seufzte ich auf. „Danke, Schatz", dann drückte auch ich ihm einen kurzen Kuss auf seine Lippen. „Du bist der Beste!", ich zwinkerte ihm noch einmal zu und verschwand dann in der Garderobe.

Nachdem ich den Kaffee getrunken hatte, widmete ich mich wieder dem Arbeiten. Es standen noch weitere Koffer und Kisten im Flur. Daniel und Jonah hatten sie mir netterweise alle aus dem Sprinter geholt, nachdem ich sie höflichst darum gebeten hatte. Die anderen Jungs hatten der Technik geholfen und noch weitere organisatorische Sachen mit dem Leiter besprochen.

Im Vorbeigehen, studierte ich kurz nochmal den Tagesablauf, der an die Wand gepinnt war. Um 7:30 am. musste alles komplett bereitstehen. Na toll. Ob ich das schaffen würde? Schließlich musste ich die ganze Garderobe sortieren, jedem ein Outfit raussuchen und das Make-up bereitmachen. Hektisch nahm ich mir eine Kiste unter den Arm und einen Koffer an die andere Hand.
Stürmisch rannte ich die Treppen hinauf, als mir ein bekanntes Mädchen ihren typisch misstrauischen Blick zuwarf.
Innerlich verdrehte ich die Augen und verschnellerte mein Tempo.
Ich war schon fast in der Halle, als sie sich plötzlich räusperte: „Berry, kann man Dir helfen?"
Ich stoppte. Nichtmal meinen Namen wusste sie. „Ja kann man. Übrigens heiße ich Bailey", dabei betonte ich jeden Buchstaben und brachte ein gefaktes Lächeln zum Vorschein. Dann drehte ich mich um und verschwand in der Halle.

„Sag mal, so hilfst du mir nicht, wenn du dumm rumstehst", zischte ich knapp und drückte ihr eine weitere Kiste in die Hand, „Bitteschön."
Kurz wischte ich mit meinem Handrücken über die Stirn, dann schnappte ich mir die letzte Kiste vom Boden.
„Wohin?", fragte Mayla kurz angebunden.
„Dort, unter den Tisch ganz links", deutete ich hektisch mit meinem Finger in die angegeben Richtung. Langsam taten mir die Arme weh. Mit schnellen Schritten huschte ich zum Tisch und stellte ebenfalls die Kiste auf den Boden ab. Naja, es war nicht zu überhören.

„So, noch die Klamotten in der Garderobe sortieren und das Make-up bereitstellen", murmelte ich und holte einen Batzen Klamotten aus dem oberen Karton.
Ich wollte sie gerade ordnungsgemäß aufhängen, als ich kurz inne hielt. Schnell legte ich die Sachen beiseite und lief in schnellen Schritten zu Mayla, die netterweise die Kisten nach Zahlen sortierte.

„Hey,...", räusperte ich mich und klopfte den unsichtbaren Staub von meinem Pullover.
Lächelnd sah Mayla auf. Es war aber eher ein höfliches Lächeln.
„Hey, ähm... Tut mir Leid für den mehr als unfreundlichen Ton."
Ein unangenehmes Schweigen breitete sich zwischen uns aus
„A-also, wollen wir nochmal von vorn anfangen?", unsicher lächelte ich sie an. Dieses Mädchen konnte man wirklich nicht einschätzen.
Sie schien einen Augenblick zu überlegen, doch dann hellte sich ihr Gesicht auf. „Gern." Lächelnd reichte sie mir die Hand.
Dankend nahm ich die Geste an und schüttelte ihre Hand.
„Puh, Danke. Also, ich bin Bailey Jordyn Lowry Buxton. Nenn mich einfach Bailey oder Jordyn", kicherte ich leise und biss dabei auf meine Unterlippe.
„Angenehm ich bin Mayla Rain Colburn." Ein zaghaftes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, „Vielleicht sollte ich mich auch für meine unfreundliche Art entschuldigen."
„Kein Problem. Wir haben alle mal einen schlechten Tag."

Ich legte meinen Kopf schief. „Ähm, möchtest du mir weiterhelfen?", fragte ich kleinlaut und sah dabei kurz hinter mich.
„Klar, ger...", ein bekannter Klingelton unterbrach Mayla. Hastig zog sie ihr Handy aus der hinteren Hosentasche. „Tschuldigung,...", murmelte sie und nahm ab.
Ich nickte verständnisvoll, doch Mayla war schon längst weg. Warum ist sie immer so gestresst?

„Miss Lowry, sie haben noch genau fünfzehn Minuten, um alles bereitzustellen!", ermahnte mich eine kleine Frau mit hochgesteckten Haar und Business-Kleidung.
Innerlich verdrehte ich nur die Augen. „Entschuldigen Sie, ich werde mich beeilen", presste ich genervt hervor. Ich hatte keine Ahnung wer diese Frau war und woher sie kam. Aber es interessierte mich auch recht wenig.

Hektisch sah ich zur Uhr; fünf Minuten, dann müsste alles bereit sein.
Geschafft stützte ich mich am Waschbecken ab. Das war kein Job für mich. Nächstes Mal würde ich mir einen strukturierten Plan erstellen, mit allen Pinkelpausen einberechnet. Ich hatte die Nase voll von dem Tag. Mechanisch drückte ich den Hebel des Seifenhalters wieder und wieder runter. Rosafarbener Schaum überquillte meine Handflächen.

Müde schleppte ich mich durch den elend langen Korridor. Ich war so vertieft in mein Smartphone, dass ich kaum das plötzliche Poltern wahrnahm. Verdutzt sah ich von dem Display auf, als ich gedämpfte Stimmen vernahm. Eine gewisse Neugier weckte mich. Wo ist eigentlich Mayla geblieben?
Langsam schritt ich in die Richtung, woher die Stimmen kamen. Hier zweigte der Flur ein wenig nach rechts ab, sodass ich mich hinter der Ecke verstecken konnte.
Die Geräusche waren jetzt viel lauter.
Mein Herz pochte mir bis zum Hals. Ich fühlte mich gerade wie in einem Krimi, "auf den Spuren der gedämpften Stimmen". Ne, dass klang komisch. Darüber müsste ich mir nochmal Gedanken machen.
Vorsichtig lugte ich hinter der Ecke hervor und erstarrte augenblicklich. Mayla und Zach standen sich schweigend gegenüber. Sehr nahe.
Meine Analyse ergab, dass es der Moment vor dem besagten... Und schon geschah es. Der Kuss! Ich sollte jetzt wirklich gehen.
Gerade wollte ich umkehren und die ganze Sache vergessen, als ich plötzlich ein Klatschen hörte. Darauf folgte ein schmerzverzerrtes Stöhnen. Ich hielt inne.

„Warum, Mayla?", flüsterte Zach und gab dabei einen traurigen Seufzer von sich. Daraufhin hörte ich schnelle Schritte mir entgegen kommen.
Es war zu spät, Mayla hielt erschrocken inne. In ihren Augen glänzten Tränen und ihre Wangen waren gerötet. Schweigend sahen wir uns an.

In diesem Moment überkam mich eine Flut an Mitleid, Peinlichkeit und Wut über mich selbst. Ich hätte es nicht tun dürfen. Das war absolut unterstes Niveau.

„Es tut, tut mir...", meine Stimme zitterte ein wenig.
„Ich dachte ich hätte mich in dir getäuscht. Warum habe ich das nur getan?", Mayla spuckte die Worte verächtlich aus und schüttelte enttäuscht ihren Kopf.

Ich konnte nicht anders, als zu schweigen. In diesem Moment erkannte ich, dass ich es versaut hatte. Das Vertrauen gebrochen, obwohl ich solche Absichten nie hatte. Eigentlich war ich die Person, die es allen Recht machte. Aber hier hatte ich komplett versagt.

„Nicht nur du. Alle. Ich hätte niemals diesen Job, dies alles hier, zulassen dürfen. Ihr seid alle gleich.", ihre Stimme war gesenkt und die letzten Worte konnte ich unter dem Schluchzen kaum mehr verstehen.
Ich schluckte schwer.
Langsam, mit gebeugten Kopf, ging Mayla an mir vorbei.

Photography - Why Don't WeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt