53 / Aufzug

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Ich las mir diesen Abschnitt schon zum fünften Mal durch, aber nichts blieb davon in meinem Kopf. Erschöpft und etwas frustriert schaltete ich schließlich meinen Laptop aus und legte ihn neben mich. Ich sah kurz auf mein Handy, ob es irgendwas wichtiges gab und kuschelte mich schließlich unter meine Decke. Ich war zu faul, mich nochmal umzuziehen, außerdem war hier in Florida erst 18 Uhr.
Langsam rutschte ich ins Land der Träume und schlief schließlich ein.

Irgendein Geräusch weckte mich.
Müde rieb ich mir erstmal die Augen und richtete mich dann auf, um zu sehen, was mich geweckt hatte.
Das einzige was ich hören konnte war der Regen, der gegen die Fenster schlug, und ein leises Pfeifen des Windes.
Ich nahm wieder mein Handy und sah auf die Uhr. 18:20 Uhr. Das war ja ein kurzes Nickerchen.
Mein Handy vibrierte plötzlich und ich bekam eine Nachricht von Lise:
Wir sollen uns alle im Keller treffen wegen einer Hurrikanwarnung... Kannst du vielleicht ein paar Kissen mitbringen?

Verwirrt sah ich auf mein Handy.

Warum soll ich Kissen mitbringen? Hast du eine Kissenschlacht vor, oder so?

Nein. Uns wurde gesagt, dass wir wahrscheinlich die Nacht über im Keller bleiben. Aber deine Idee ist auch nicht schlecht...

Okay, ich komme.

Ich steckte mein Handy in meine Hosentasche und nahm meinen Rucksack. Ein kleines Kissen war bereits drin und ich stopfte noch eins rein. Ein drittes passte nicht mehr rein.
Ich ging mit meinem Rucksack aus dem Zimmer und ging zum Aufzug.
Im ersten Obergeschoss stiegen schließlich ein paar sehr bekannte Gesichter ein.
„Lise! Ich dachte du wärst in Keller!", meinte ich, als sie den Aufzug betrat.
Sie schüttelte den Kopf. „Nur meine Laune ist schon da. Wir haben uns gerade auf den Weg dahin gemacht."
„Warum ist deine Laune schon da?"
„Ich habe Billiard gegen Jack verloren."
Durch die verwirrten Blicke von Corbyn, Daniel und Zach bemerkte ich, dass Lise und ich angefangen hatten Deutsch zu reden.
Der Aufzug setzte sich wieder in Bewegung und setzte seine Tour zum Untergeschoss weiter fort.

Man sah Zach an, dass er sich nicht ganz wohl fühlte, hier im Aufzug zu sein; Lise spielte mit dem Saum ihres gelben Pullis, da ihr Handy fast leer war, Corbyn und Daniel waren am Handy, und ich beobachtete unauffällig Corbyn.
Ein plötzliches Ruckeln ließ mich erschrocken zusammenzucken und genau in diesem Moment ging das Licht aus. Nur das Licht von Corbyn und Daniels Handys erleuchtete den kleinen Raum.
Ich packte das Geländer hinter mir stärker und jemand leuchtete uns mit einer Taschenlampe an.
„Was ist passiert?", fragte Zach leicht panisch.
„Alles Okay?", fragte Daniel mit einer beruhigenden Tonlage.
„Alles Okay?! Wir stecken anscheinend in einem Aufzug fest!" Zach verfiel offensichtlich immer mehr der Panik.
Die Taschenlampe wurde an die Decke des Aufzugs gerichtet. Jetzt konnte ich besser erkennen, was vor sich ging. Corbyn und Daniel hatten beide die Handytaschenlampen an und richteten sie an die Decke, um damit den Fahrstuhl zu beleuchten.
Lise und ich hatten noch nichts gesagt und ich selbst hatte auch ein wenig mit der Panik zu kämpfen.
„Warum hängen wir fest?", fragte ich schließlich mit leicht zittriger Stimme.
„Ich vermute der Strom ist ausgefallen", meinte Corbyn.
„Gibt es keine Notstromaggregate oder so?", forschte nun auch Lise nach.
„Wenn, dann sollten die langsam Mal angehen", bemerkte Zach, doch es tat sich nichts.
Nicht einmal in den nächsten fünf Minuten tat sich etwas.
Inzwischen saßen wir alle auf dem Boden und hatten nur noch ein Handy als Taschenlampe an, um Energie zu sparen.
Wir hatten schon Nachrichten von Jonah, Bailey, Timothy und den anderen bekommen, wo wir stecken würden. Ich habe Bailey kurzerhand angerufen, um ihr alles schonend zu erklären. Ich habe auch mitbekommen, wie sie es den anderen erklärt hat und habe mehrmals erwähnt, sie solle sich keine Sorgen machen, da der Aufzug zwischen dem ersten Stock und dem Keller hängen müsste.
Zach hatte sich mein kleines Kissen geschnappt und versuchte in einer Ecke sich selbst zu beruhigen und ein bisschen zu schlafen, wobei es so aussah, als ob er das Kissen zu Tode quetschte.
Lise saß nicht weit von ihm entfernt und legte ihm ab und zu die Hand auf den Rücken während sie versuchte ihn zu beruhigen.
Der Notfallknopf funktionierte nicht, aber ich hatte auch nicht viel Hoffnung. Wenn der Strom aus war, funktionierte fast nichts mehr.
Ich saß immernoch gegenüber von Corbyn und Daniel, während ich versuchte Ruhe zu bewahren. Dieses angsterfüllte Schweigen war allerdings nicht hilfreich.
„Brina, hast du noch ein Kissen für mich?", fragte Daniel plötzlich und unterbrach die Stille.
Ich griff nach meinem Rucksack. „Ich habe eins, aber ich weiß nicht, ob das für dich ist", meinte ich und zog das Kissen raus. Ich sah, dass er schmunzelte und warf ihm das Kissen zu... Mit meinen tollen Wurfkünsten traf ich voll sein Gesicht.
„Sorry!", meinte ich entschuldigend.
„Das kriegst du zurück", lachend warf er das Kissen zurück.
Ich duckte mich so gut es im Schneidersitz ging und wich knapp dem Kissen aus.
Ich lachte. „Nicht getroffen!"
„Was macht ihr da?", fragte Corbyn belustigt.
„Ein Kissen werfen", antwortete ich und schmiss das Kissen zu ihm.

Nach mehreren Minuten, die in eine kleine Kissenschlacht ausarteten, kehrte wieder Ruhe ein. Das Kissen lag nun wieder bei Daniel, welcher seinen Kopf darauf gelegt hatte.
Ich gähnte ausgiebig und lehnte meinen Kopf an die kalte Aufzugwand.
„Immernoch müde?", fragte Corbyn.
„Ich habe versucht zu lernen und danach nur 20 Minuten geschlafen", erklärte ich.
Ein lauter Knall ertönte kurz.
„Donnert es jetzt auch noch?", fragte Lise genervt, als sie anscheinend aus dem Halbschlaf geweckt wurde.
„Anscheinend." Ich winkelte meine Knie an. „Ich habe auch das Gefühl die Heizung ist ausgefallen", murmelte ich.
Lise nickte bestätigend.
Auf einmal hörte ich ein leises Wimmern. Ich sah zu Zach.
„So können wir doch nicht enden! Ich will wieder nach Hause", sagte Zach weinerlich und vergrub sein Gesicht in seinen Händen.
Lise begann wieder seinen Rücken zu tätscheln und beruhigend auf ihn einzureden.
Mir tat Zach leid. Ich stand auf und ging zur anderen Seite des Aufzugs, um mich ein wenig von Corbyn entfernt hinzusetzen.
„Hast du mich so sehr vermisst?", fragte Corbyn belustigt.
Ich schüttelte den Kopf. „Ich saß da total alleine." Erneut musste ich gähnen.
„Willst du dich bei mir anlehnen?"
Ein Kribbeln erfüllte mich und ich konnte nicht anders, als zu nicken. Vorsichtig lehnte ich meinen Kopf auf seine Schulter. Ich schielte zu ihm hoch und bemerkte ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen. Ich selbst musste auch lächeln.
Ich schloss meine Augen und lauschte dem Donner und Zachs leisem Wimmern.

Photography - Why Don't WeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt