Morgens Teil6

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Als Luke erwachte, war es bereits später Vormittag und er horchte, ob sich schon irgendetwas oder besser irgendjemand regte. Das schien nicht der Fall zu sein. Zwar hörte man leise, dass unten im Club ein Aufräum- und Putzgeschwader am Werk war, aber Ginger schlief ganz sicher noch. Ginger... Luke fuhr mit einem Finger die Linie seiner Oberlippe nach. Dann nahm er sein Handy vom Boden und schaute, ob er irgendwelche Messages hatte:

Blake 08.47: Guten Morgen, Blondie :) Hab's kaum ausgehalten, letzte Nacht ohne dich. Die Arbeit nervt. Wenn's geht, schieb doch deinen süßen Arsch heute Nachmittag hier herüber;) Luv U B.

Luke lächelte. Das klang regelrecht dringend und dabei war er erst eine Nacht nicht zuhause. Irgendwie fand er das süß und mit „herüber" war ganz sicher nicht ihre gemeinsame Wohnung gemeint. Die Anwaltskanzlei, für die Blake arbeitete lag im Temple- Bezirk und wenn es passte, könnte Luke vielleicht tatsächlich dort vorbeikommen. Für einen gemeinsamen Kaffee oder so. Bestimmt war Blake neugierig, wie es lief. Ich tu mein Bestes :), schrieb Luke zurück.

Mum 07.25: Luke- Schatz, bitte melde dich. Wie läuft dein neuer Einsatz? Dad und ich machen uns Gedanken. Pass gut auf dich auf. Hdl, Mum :)

Mum machte sich immer Gedanken. Er tippte direkt eine Nachricht an sie: Macht euch keine Sorgen. Ich bin groß und kann auf mich aufpassen. Muss verdeckt ermitteln und darf nicht reden. Ist aber alles gut. Hug U2, Luke.

Unbekannter Teilnehmer 07.10: Mr. Sherman, hier ist der Hausmeister. Die Stadtwerke kommen am Montag Vormittag und lesen den Strom- und Wasserzähler ab. Er tippte: Ich informiere meinen Freund, der wird sich darum kümmern. MfG, L. Sherman.

Als das erledigt war, holte er sein Tablet aus seiner Tasche hervor. Es war ihm für den Dienstgebrauch bereitgestellt und er machte sich direkt daran, zu checken, ob es schon irgendwelche Neuigkeiten in der Ermittlung gab, doch der Kollege von gestern Nacht war wohl ebenfalls ein Langschläfer. Luke schrieb also seinen eigenen Bericht, so knapp wie möglich. Beginn und Ende der Dienstzeit, freundlicher Kontakt mit Sean Callahan, Bereitstellung eines Handys für Angestellte, keine auffälligen oder besonderen Vorkommnisse, die drei Regeln, Verhalten des Verdächtigen O'Reilly: in Bezug auf die Ermittlung unauffällig, nimmt die Gefährdung der Gäste sehr ernst, achtet speziell auf die betreffende Regel und pflegt einen professionellen Umgang mit Personal und Gästen des Clubs. Nur für sich selbst ergänzte er, dass der Umgang Gingers mit verdeckt- ermittelnden Scotland Yard Sergeants wohl etwas anderes als professionell war. Was war das? Neugier? Warf er sich immer so ran, wenn er die Gelegenheit fand oder lief da wirklich etwas zwischen ihnen an? Von seiner Seite aus, setzte er sogleich hinzu. ER hatte unmissverständlich deutlich gemacht, dass er nicht interessiert war. Die schwere Trennung, das war doch wohl eindeutig. Ein kleines Nein von ihm hatte genügt, um Ginger Abstand nehmen zu lassen. Das sollte Luke noch in seinem Bericht ergänzen, denn es würde den Verdacht gegen den jungen Iren entkräften. Wie sollte man das formulieren? Reagiert auf Zurückweisung freundlich und mit Verständnis, schrieb er, las alles nochmal Korrektur und sandte es ab. Dann beschloss er aufzustehen und Frühstück zu machen.


Unten in der Küche erwies sich sein Vorhaben als nicht ganz so einfach wie erhofft. Er fand den Tee von gestern, immerhin ein fast volles Päckchen Toast, Jam, Erdnussbutter, Kekse, einen Rest Cheddar Käse und ein zwei Kilogramm Netz mit Orangen. Damit war es quasi beschlossene Sache, dass er nachher zum Temple und anschließend in einen Tescos gehen würde. Er hätte erstens nicht vor, sich bei Ginger durchzufressen und zweitens könnte ein bisschen Abwechslung nicht schaden. Luke setzte den Wasserkocher und den Toaster in Gang, dann suchte er eine Orangenpresse. Der Duft, der sich bald darauf aus der Küche verbreitete, musste Ginger geweckt haben, denn Luke hörte oben die Tür zum Bad und andere Geräusche. Kurz darauf erschien Ginger oben an der Balustrade, mit nichts außer einer Boxershorts am Leib. „Guten Morgen", brummte er in Lukes Richtung. „Dir auch", rief Luke erstaunlich munter nach oben, aber da war Ginger schon nicht mehr zu sehen. Als er kurz darauf über die Leiter hinunter kam, hatte er die Sporthose von gestern an und ein T-Shirt mit dem Logo des Clubs. Er grinste etwas verschlafen und ließ sich auf einen der Sessel plumpsen. Luke kam der Gedanke, dass der Tänzer vermutlich jede Nacht so arbeitete wie die letzte Nacht und wochenends noch länger. Das war sicher etwas anderes, als seine Nächte mit Blake. Sie liebten sich, lang und ausgiebig oder mehrfach, aber insgesamt bekam er schon genug Schlaf. Wieso, bitte, jetzt so einen Vergleich?!  Der junge Sergeant schnappte sich zwei Becher mit Tee und ging zu Ginger. 

Rainbow WarriorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt