Patrick Teil18

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Die Tatort- Sicherung bis zum Abtransport der Leiche dauerte scheinbar eine Ewigkeit. Wer immer der Täter war, er machte sich nicht die Mühe irgendetwas zu vertuschen. So wie er den jungen Mann im Graben entsorgt hatte, lagen da auch all seine Sachen und Dinge herum, die er letzte Nacht bei sich trug. Sein Handy, seine Brieftasche, alles. Darum war er, wie auch die anderen Opfer zuvor, leicht zu identifizieren. Das Foto auf seinem Ausweis zeigte einen sehr hübschen Blonden, der es ganz sicher nicht verdient hatte, so zu sterben. Luke unterdrückte alles, was an Wut und Zorn in ihm aufquoll und versuchte, sich einen Reim aus dem zu machen, was sie hier vorfanden. Der Profiler vom Yard war auch bereits vor Ort, um, wie er sagte „ein Gefühl für den Fall" zu bekommen.

Luke hörte dem Mann aufmerksam zu. „Er straft sie und dieses Mal ist ihm aufgefallen, dass der Junge nicht der ist, den er eigentlich strafen will. Darum hat er das Gesicht verstümmelt."

Ginger kam in dem Moment zu ihnen. Er sah noch immer bleich aus, aber er riss sich zusammen. Luke warf ihm einen fragenden Blick zu und Ginger nickte nur. „Geht schon", murmelte er. Er schaute hin und versuchte wohl, sich an das Gesicht zu erinnern, aber er schüttelte nur den Kopf. Luke zeigte ihm das Foto auf dem Ausweis. „Ich glaube nicht, dass er öfters da war. Dann könnte ich mich erinnern."

„Gestern war er da." Luke deutete auf einen verwischten Tintenstempel an Andrews Handgelenk. Der Schriftzug vom Elysium war noch immer zu erkennen.

„Was mir Rätsel aufgibt", begann der Profiler, „ist, warum es immer wieder im Elysium passiert. Es gibt doch auch andere Clubs mit schwulem Publikum. Aber dieser Täter hat sozusagen sein eigenes Territorium."

„Dann muss es dafür einen Grund geben. Auch wenn wir den noch nicht kennen", dachte Luke laut nach.

„Das sehe ich auch so. Und da ist noch etwas. Dieses Mal hat er sich weniger Zeit gelassen, als zuvor. Die Forensiker werden das genauer feststellen können, wenn sie ihre Arbeit getan haben, aber wenn mich nicht alles täuscht, dann hat er sein abartiges Spiel durch den Genickbruch schneller zu Ende gebracht als sonst. Also hat entweder der Junge hier mit irgendetwas seine Wut gereizt oder er war in Eile."

„Wenn er mit diesem Zeug betäubt war", warf Ginger ein, „dann kann er wohl kaum etwas getan haben, um den Typen zu reizen."

„Also war es die Eile", folgerte Luke.

Die zwei jungen Männer und der Profiler sahen sich an. Die Vorstellung, dass der Täter eine weitere Vergewaltigung und Ermordung sozusagen unter Zeitdruck erledigt hatte, erfüllte sie mit größter Sorge und Unbehagen. 

„Sehen wir es positiv", sagte der Profiler. „Er wird unvorsichtig. Dann haben wir eine bessere Chance, ihn endlich zu schnappen."


Auf dem Rückweg zum Elysium machten sich Luke und Ginger so ihre Gedanken. Wie konnte es sein, dass sie nicht bemerkt hatten, dass der Mörder im Club war und ein neues Opfer verschleppt hatte? 

„Was können wir bloß tun?", sprach Luke das Problem aus. „Keine Blonden oder Rothaarigen einlassen? Die Pässe kontrollieren und jeden mit Namen aus der Bibel abweisen? Das an die Presse geben?"

Ginger schwieg. Das war seltsam. Überhaupt machte er einen seltsamen Eindruck. „Das macht nicht viel Sinn", sagte er endlich. „Dann sucht sich der Typ ein anderes Territorium." Territorium, wiederholte er. „Wie kommt so ein Typ dazu, sich quasi ein Revier zu suchen! Der Laden gehört ihm nicht, der gehört Sean und Oscar und die haben niemandem etwas getan. Warum tut ihnen jemand so etwas an?!"

Luke überlegte. „Ich glaube nicht, dass es dabei um Sean oder Oscar geht."

Wieder schwieg Ginger. Erst als sie die Treppe zum Loft hinauf und hinein gegangen waren, begann er wieder zu sprechen. „Was ist, wenn es etwas mit mir zu tun hat?"

Luke schaute entgeistert. „Was sollte das mit dir zu tun haben?"

Ginger zuckte mit den Schultern und ließ sich auf einen der Sessel nieder. Er würde mehr sagen, sobald Luke sich auch gesetzt hatte.

„Ich bin nicht gerade unauffällig", begann Ginger, „mit dem Tanzen und meinem Haar und so." Er schaute zu Luke, um zu sehen, ob der ihm folgen konnte.

„Nur weil du ein sexy Tänzer und ein heißer Typ bist, bist du nicht der Grund, warum sich ein Serienkiller hier herumtreibt. Wie kommst du darauf?"

„Weil ich gesehen habe, was der mit Andrew gemacht hat. Er hatte ihn gefesselt und mit einem Riemen oder Gürtel geschlagen."

„Das war dieses Mal, das ist nicht bei allen so gewesen." Luke suchte Gingers Blick und merkte sehr wohl, dass da noch mehr war. Er war alles andere als mit den Erklärungen zufrieden. Er sah aus, als müsste er sich zu weiteren Worten zwingen. Ohne den Blick zu senken sprach er leise weiter.

„Bei... mir ist es so gewesen."

Luke fuhr regelrecht zusammen. Was sollte das heißen? Oh, bitte, nein. Er versuchte auch so leise zu sprechen, wie möglich. „Was meinst du? Wann ist das so gewesen? Was ist dir passiert?"

Ginger kämpfte gegen einen Kloß im Hals, dann flüsterte er nur. „Ich hab' dir doch gesagt, dass ich eine schwere Trennung hinter mir habe. Sie...war mehr als das. Der Typ war 'n Saukerl. Ich meine so richtig mit allem was dazu gehört. Was, wenn der jetzt hier ist und... sowas macht?"

„Was macht?" Lukes Stimme klang zittrig.

„Andere Jungs..., weil er mich nicht kriegt?" Gingers Stimme glich einem Reibeisen.

Luke starrte entsetzt. Machte das ganze etwa einen Sinn?

„Wenn das stimmt..., dann heißt der Mörder Patrick..., Patrick Foggerty." 

Rainbow WarriorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt