Schon zwei Tage später kamen Luke und Gabriel früh morgens nach Kensington in die Kanarienvilla, wie der junge Sergeant das Stadthaus von Sean und Oscar liebevoll nannte, um von dort nach Belfast aufzubrechen. Der Name war wirklich passend, denn kaum hatte Oscar die gelbe Tür geöffnet, um die beiden jungen Männer einzulassen, da kam ihnen Sean auch schon mit aufgeregt wedelnden Armen entgegen. Es war gerade noch Gelegenheit, die Reisetaschen abzustellen, bevor der völlig aufgelöste Clubbesitzer erst sein Ginger-Babe und dann sein Luke-Babe fest in den Arm nahm, um sie zu begrüßen. Oscar stand erst wie bestellt und nicht abgeholt daneben und gab beiden schließlich einen väterlichen Klaps auf die Schulter.
„Oh, ich kann's noch gar nicht fassen, dass ihr das wirklich machen wollt", plapperte Sean drauflos. „Diese Stadt ist so weit weg und wer weiß, wie diese furchtbaren Leute da zu euch sind!"
Oscar warf seinem Mann einen tadelnden Blick zu. Sie hatten das in Ruhe besprochen, dass die Konfrontation mit Gabriels Familie wichtig für ihn war und dass nichts passieren würde, wenn sein Freund, der Polizist und der Ex-Bouncer bei ihm wären. Trotzdem begann sein Mann mit dieser nicht gerade zuversichtlich stimmenden Jammerei.
Luke war jedenfalls etwas irritiert. „Also ich denke, die Leute da in der Stadt werden schon nett zu uns sein."
Dafür erntete er jetzt einen Ellenbogenstupser von Ginger-Babe. „Er meint meine verkorkste Sippe", flüsterte der Rothaarige.
„Oh, Himmel!"
„Du gewöhnst dich dran."
„Was flüstert ihr beiden denn da? Es ist nur natürlich, wenn ich mir Sorgen mache, ob auch alles gut geht", bemerkte Sean und zog eine Schippe.
„Willst du doch mitkommen?", machte Oscar einen Versuch, seinen Göttergatten zu besänftigen. „Platz genug ist im Auto. Im Hotel ist es nur ein Anruf."
„Oh Gottogott, nein! Das würde mich nur noch mehr stressen." Mit diesen Worten schlug der Clubbesitzer den Weg ins Wohnzimmer ein und winkte die beiden jungen Männer hinter sich her. Achselzuckend folgte Luke mit Gabriel, während Sean bereits den Couchtisch erreicht hatte, wo etwas für seine Babes bereit lag. „Hier, ihr zwei." Er hielt ihnen zwei Schachteln hin. Es waren neuverpackte Smartphones. Bevor einer der beiden was sagen konnte, fuhr er fort: „Ich erwarte, dass ihr euch meldet. Und so weit ich weiß hast du, mein Engel, deins zerdeppert und du, Inspector-Babe hast auch noch kein Neues."
„Nein, das ist wahr", stammelte Luke. Er war davon ausgegangen, erst ein neues Handy zu brauchen, wenn er wieder arbeitete.
„Danke dir, Sean", übernahm Ginger die Situation und umarmte seinen mütterlichen Ersatz-Dad richtig herzlich, worüber dieser sich wirklich freute. Luke musste grinsen. Ganz sicher war seinem Gabriel das neue Teil nicht so wichtig wie der, von dem er es geschenkt bekam. Und Sean schien genau das zu brauchen. So wartete der Blonde kurz bis sein Süßer fertig war, dann bedankte er sich auch mit einer Umarmung. „Danke dir. Wir melden uns ganz sicher regelmäßig", versprach er noch.
„Unbedingt, Luke-Babe", beschwor ihn der Clubbesitzer, um gleich darauf das Thema in eine andere Richtung zu lenken. „Sag mal, wieso sehe ich denn da noch immer keinen Ring an Gabriels Finger?", flüsterte er nun und machte eine Kopfbewegung in Richtung Ginger. Der hatte sich gesetzt und packte das neue Handy aus. Und natürlich trug er keinen Ring an der linken Hand oder überhaupt, soweit Luke wusste. „Mach es, es lohnt sich", setzte Sean hinzu und zwinkerte aufmunternd.
Der junge Sergeant lächelte zurück. Es war ihm längst klar, dass er sein Leben mit dem Engel teilen wollte, nur war es noch nicht zu der Gelegenheit gekommen, sich mit seinem Liebsten ernsthaft über solche Pläne zu unterhalten oder ihm, wie Sean es andeutete, einen romantischen Antrag zu machen. Wobei es in Gedanken erstmal dahingestellt blieb, ob ein solcher wirklich romantisch sein sollte.
„Wow, Sean, du spinnst!", hörte er den Tänzer ausrufen. „Ein billiges Teil hätte es auch getan."
„Ach, papperlapapp, tiff taff! Für meinen Engel gibt es nur das Beste", gab der Clubbesitzer mit einem vielsagenden Blick auf Luke zurück, während er sich abermals von Gabriel in den Arm nehmen ließ.
Für einen Augenblick kam dem Blonden bei dem Anblick die ganze Aktion mit Belfast sinnlos vor. Eine bessere Familie als sein Freund hier gefunden hatte, gab es wohl nicht. Warum überhaupt sollten sie es dann durchziehen?
Als hätte er den gleichen Gedanken gehabt, stellte Sean jetzt genau diese Frage. „Bist du sicher, dass ihr das machen wollt?", wandte er sich an Ginger.
Der nickte. „Ja. Wir haben darüber gesprochen. Luke und ich. Das ändert nichts an dem, was du und Oscar mir bedeuten. Aber ich muss wissen, wie ... meine Familie in Belfast zu mir steht. Es ist Zeit vergangen. Dinge sind passiert. Vielleicht gibt es einen Weg, dass wir zueinander finden."
Der Ältere schaute gerührt und zerdrückte direkt ein Tränchen. „Ach, das weiß ich doch", brachte er dann mit belegter Stimme heraus und schaute sich um, wo Oscar war. Der kam und nahm seinen Sean fest in den Arm und drückte ihm einen Schmatzer auf die Wange.
„Wird schon schiefgehen. Ich bring die beiden heil und gesund zurück", beteuerte er.
Sogleich verfiel Sean wieder in seine flatterhafte Gewohnheit, ruderte mit den Armen und rief aus, dass er etwas total vergessen hätte. Damit verschwand er in der Küche und ließ die anderen stehen. Die beiden jungen Männer drehten sich mit fragendem Blick zu Oscar. Der rollte gespielt mit den Augen und flüsterte ihnen zu, dass sein Göttergatte schon seit über einer Stunde Sandwiches gemacht hätte. „Er denkt, wir könnten verhungern bis zur Fähre. Und er wollte seine neue Silikonform für herzförmige Spiegeleier ausprobieren."
„Oh Himmel!" Das Einzige, was Luke überraschte war, dass es ihn noch überraschte.
Im Nu öffnete sich die Küchentür und Sean kam mit drei Lunchpaketen zurück, die er jedem einzeln überreichte. Weil Oscar und Gabriel ihn am besten kannten, öffneten sie die Papiertüten direkt und schauten hinein.
„Sieht lecker aus!", fand der Engel.
„Genau so, wie ich es am liebsten mag", ergänzte der Ex-Bouncer.
Luke tat es ihnen einfach gleich. „Wow, sogar ohne Kruste ..."
Stolz auf sich lächelte Sean und bestand nun darauf, dass die drei auf gar keinen Fall länger trödeln sollten. „Besser ihr seid zu früh an der Fähre als zu spät."
Wer konnte da schon widersprechen? Luke und Gabriel nahmen ihre Geschenke und Lunchpakete. Oscar hatte ihre Taschen bereits in den Landrover gebracht, der in der Einfahrt stand. Er kam noch einmal zu seinem Mann zurück, um ihm einen Abschiedskuss zu geben, dann gingen alle hinaus. Sean musste natürlich auch die beiden Babes am Wagen noch einmal drücken, doch dann war es so weit. Sie stiegen ein, winkten und machten sich auf nach Belfast über Liverpool. Sean schaute ihnen noch so lange hinterher, bis der Landy nicht mehr zu sehen war.
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Rainbow Warrior
Детектив / ТриллерLuke ist ein junger, schwuler Polizei Sergeant bei Scotland Yard und erhält den Spezialauftrag , sich als verdeckter Ermittler in der Londoner Clubszene einzuschleusen. Dort treibt ein brutaler Serientäter sein Unwesen, der seine Opfer betäubt und m...