Blumen Teil49

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Nach der Sichtung nahezu aller Zeitungsausschnitte fand Luke, dass es Zeit war, sich beim Yard zu erkundigen, ob die in ihren Nachforschungen zu Blakes Vergangenheit oder dem Verbleib seiner Eltern weitergekommen waren. Solche Dinge würde er ungern aus der Zeitung erfahren und er war sicher, dass ihm Superintendant Waterford diese Informationen geben würde, auch wenn Luke zurzeit nicht im Dienst war. Während Gabriel jetzt mit dem Handy von Lukes Mum bei Sean und Oscar anrief, um sie zu bitten, zum Tee zu kommen, rief der junge Sergeant mit dem Haustelefon im Wohnzimmer bei seinem Vorgesetzten an. Beide jungen Männer brauchten dringend neue Handys, denn man konnte davon ausgehen, dass ihre Geräte entweder von Blake zerstört oder von der Spurensicherung einkassiert waren, was das gleiche Ergebnis brächte. Die Durchwahl zu Waterford konnte Luke ohne Probleme auswendig.

„Waterford hier, was gibt's, Sherman? Sie sollten sich doch erholen", begann der Superintendant.

Es war nur typisch, dass der Mann gleich zum Wesentlichen kam und sich nicht mit Floskeln oder Nichtigkeiten aufhielt. Luke machte es einfach ebenso.

„Fällt mir nicht leicht, wenn die Ermittlungen ohne mich weiter laufen", gab er zu. „Ich hab mich gefragt, ob es was Neues gibt, wegen Siwells. Haben Sie die Eltern beziehungsweise ihre Leichen gefunden?"

Am anderen Ende der Leitung schnaufte Waterford kurz auf. „Tja, sagen wir mal, was von ihnen übrig ist. Sie waren tatsächlich auf dem Grundstück verscharrt. Aber es scheint, als habe Siwells sie erst vergraben, nachdem er sie in Einzelteile zerlegt hatte. Üble Sache."

„Was sagt der Profiler dazu?"

„Bis jetzt nicht viel. Absolute Unfähigkeit zur Empathie, Selbsthass und wahrscheinlich waren das die ersten Morde, weil Siwells so gründlich versucht hat, die Leichen zu beseitigen." Der Mann schien kurz zu überlegen, dann fuhr er fort. „Wie geht's Ihnen denn nun und ihrem, wie sagt man? Freund?"

Luke hatte nicht mit so einer direkten Frage gerechnet, denn sein Chef war sonst immer sehr distanziert, doch wie es schien, wich er von seinem alten Verhaltensmuster ab. Warum auch immer. „Es wird", fiel ihm als einziges zu sich selbst ein. „Gabriel hat es schlimmer erwischt, das wissen Sie ja. Er ist noch recht schwach und hat Schmerzen."

„Ja, dann solltet ihr euch beide schonen. Und Sie sollten die Termine beim Psychologen nutzen."

„Das werde ich", versprach Luke. Schaden konnte es ja nicht. „Sir, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich auf dem Laufenden halten, falls es neue Erkenntnisse gibt."

„Sie kriegen eine E-Mail. In seiner Wohnung war übrigens nichts zu finden, was uns weiter gebracht hätte."

„In der Wohnung am Dorset Square?" Die Frage selbst verriet nur, wie sehr es Luke überraschte, obwohl das natürlich die Vorgehensweise des Yards war. Es war dennoch eine beunruhigende Vorstellung, dass die Spurensicherung dort alles auf den Kopf stellte und dabei auch Lukes Sachen durchstöbern und wirklich private Dinge finden würden.

„Ja, dort", stellte Waterford schlicht fest. „Falls wir noch Fragen haben, melden wir uns, wenn es so weit ist."

Luke überlegte kurz, was der Mann meinen könnte, aber dann war der auch schon mit dem Gespräch fertig.

„Passen Sie gut auf sich auf und gute Besserung, Sherman. Grüßen Sie ihren Vater."

„Danke, Sir. Das mach' ich. Bis dann."

Als Luke zurück in die Küche kam, war seine Mum bei Gabriel und versuchte, aus ihm heraus zu bringen, ob sie nochmal Scones machen sollte, wie am Tag zuvor oder ob er lieber etwas anderes hätte, wenn Sean und Oscar kamen.

„Die Scones waren super", sagte er.

Kit schaute etwas verunsichert, denn natürlich wusste sie, dass ihre Scones perfekt waren. So hatte sie das nicht gemeint. „Du hattest gestern schon welche. Vielleicht mach ich lieber Caramel Slices. Zur Abwechslung."

„Caramel Slices sind auch super", fand Gabriel.

Luke, der seine Mum kannte, wusste was jetzt kam. „Aber Caramel ist vielleicht zu süß", fiel ihr ein, „deine beiden väterlichen Freunde mögen vielleicht eher Scones oder wie wäre es mit Lemon Slices?"

„Lemon Slices, von mir aus. Alles super."

Luke beschloss, seinem Süßen zu Hilfe zu kommen. „Mum, ich glaube, deine Scones sind einfach das Beste. Alles andere kann Gabriel immer noch probieren."

„Ja gut, also dann ist das ja beschlossen. Dad hat die auch am liebsten", freute sich Kit. „Ihr könnt mir nachher helfen, den Tisch zu decken. Vielleicht holt ihr ein paar Blumen aus dem Garten, das wäre schön", fuhr sie fort, als Gabriel aufstand, ein „Sorry, ich muss raus" murmelte und Mutter und Sohn in der Küche zurück ließ. Er ging hinaus auf den Hof, wo er sich streckte und tief durchatmete. So viel konnte Luke durch das Fenster nach vorn sehen. Er und seine Mum schauten sich an.

„Was hat er? Hab ich was Falsches gesagt?", fragte Kit nach.

Luke war sicher, dass es das nicht war, jedenfalls nicht in dem Sinne. „Ich denke eher, dass er sowas nicht kennt."

„Was meinst du mit ‚sowas', Schatz?", hakte sie etwas irritiert nach.

„Ach, ich glaube, dass seine Mutter sich wahrscheinlich nie darum geschert hat, was er möchte oder lieber mag. Abgesehen davon weiß ich nicht, ob sie jemals Scones gemacht hat."

„Du liebe Güte, das tut mir leid, ich wusste das doch nicht."

Luke nahm seine Mum jetzt erstmal in den Arm. „Das konntest du auch nicht wissen und er nimmt es dir sicher nicht krumm. Er ist toll, er... braucht einfach Zeit."

„Meinst du nicht, dass er vielleicht seine Familie braucht?", schlug sie vor.

„Die Typen aus Belfast? Das denke ich nicht, nein, sicher nicht. Er hat Sean und Oscar und jetzt auch mich und euch."

„Hast du mal daran gedacht, dass die vielleicht in der Zeitung gelesen haben und ihn erkannt haben? Vielleicht ändert das was."

Da hatte seine Mum einen Punkt, der gar nicht so verkehrt klang.

„Wenn er Geschwister hat", dachte sie laut weiter, „dann sind die vielleicht inzwischen alt genug, um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen."

„Mum, das wäre zu schön. Vielleicht denken wir mal darüber nach." Luke gab seiner Mum einen Kuss auf die Wange und drückte sie. Dann ging er auch auf den Hof und in den Garten, wo er Gabriel bei der Blumenrabatte fand. Er legte ihm von hinten die Arme um und genoss, wie er spüren konnte, dass sein Liebster sich in der Umarmung entspannte.

„Ich wollte sie nicht beleidigen", begann Gabriel.

„Hast du nicht. Alles gut. Sollen wir ein paar Blumen pflücken?"

„Du meinst, wir ..."

„... ich meine, du suchst einfach ein paar aus und die nehmen wir mit rein."

„Na schön. Ich nehm die roten da!"

„Gute Wahl."

Rainbow WarriorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt