Eltern Teil39

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Luke hatte zu viel Fragen auf einmal, sodass er gar nicht wusste, wo er anfangen sollte, aber dann kam ihm der Gedanke, nein, besser noch, er hatte das Gefühl, dass er nicht wieder ein Verhör beginnen wollte. Was zählte war, dass sie hier waren, in Sicherheit und wie es aussah, waren sie über den Berg. Stattdessen wusste er nun nur zu gut, was er gern tun würde.

„Draußen auf dem Gang sind 'n paar Typen, die dich ganz sicher gern kennenlernen möchten", sagte er dann mit einem Lächeln, das Gabriel sofort verriet, dass es damit noch etwas auf sich hatte. Er kam nur nicht dahinter, was es sein könnte. 

„Was denn für ... Typen?", fragte er deswegen und Luke schaute ihm jetzt ohne Umschweife in die Augen und nahm kurz seine Hand. 

„Meine Eltern sind hier, ich finde, sie sollten dich kennenlernen." 

Der junge Ire blinzelte überrascht, denn damit hatte er ganz sicher nicht gerechnet. Er sah aus, als wolle er etwas sagen, aber da kam Luke ihm jetzt einfach zuvor. „Du musst gar nichts tun und nicht viel sagen, aber es ist mir wichtig und ich denke, für dich ist es das auch."

Gabriel wollte widersprechen. Er war nicht gut in solchen Dingen oder zumindest hatte er sich bei so etwas noch nie wohl gefühlt. „Du... ich... du kannst nicht", brachte er heraus und meinte so ziemlich alles von Du kannst mir das nicht antun bis zu Ich kann mir nicht vorstellen, warum du das tun willst, aber Luke zögerte nicht und war trotz wackliger Beine und kurzem Schwindel, als er zur Tür ging, schneller bei seiner Mum und seinem Dad auf dem Korridor, als der Tänzer seine Worte vervollständigen konnte. 

Der junge Ire lauschte jetzt angestrengt, ob er verstehen könnte, was sie miteinander sprachen, da der Blonde die Tür nicht geschlossen hatte, aber sein Kopfverband machte es ihm unmöglich, etwas zu verstehen. Dann ging die Tür auch bereits weit auf und Luke kam mit seinen Eltern zurück. Im ersten Moment erkannte Gabriel überhaupt keine Ähnlichkeit, weil beide, die Frau und der Mann, dunkles Haar hatten, aber dann war es doch klar zu sehen, dass beide helle Augen hatten und Luke hatte die Gesichtszüge seines Vaters bekommen, sowie die Form des Mundes seiner Mutter. Gabriel versuchte, nicht zu starren, er wollte nicht, dass sie einen schlechten Eindruck von ihm hatten. 

Die Frau lächelte jetzt und trat mit ihrem Sohn und ihrem Mann an das Krankenbett. Gerade als er überlegte, ob er zuerst etwas sagen sollte, übernahm Luke das Wort. „Gabriel, das sind meine Mum und mein Dad, Kate und Roger. Oscar hat gesagt, dass sie sich hier abgewechselt haben, als wir noch nicht bei Bewusstsein waren. Darum sind sie hier."

„Das ist nett von Ihnen beiden ...", begann der Tänzer und kam nicht weiter.

„Das ist das Mindeste", fiel ihm der Mann ins Wort, „du hast unserem Jungen das Leben gerettet. Wir hatten ja keine Ahnung, wie gefährlich der Job war und dann war es auch noch sein eigener ...", Roger suchte kurz nach einem passenden Wort, „... Freund. Bitte sag du."

„Das stimmt", fand Lukes Mum. „Natürlich sind wir sofort gekommen, als man uns gesagt hat, was passiert ist. Wir sind doch seine Eltern. Deine ... ähm, Eltern waren auch schon da." Sie war nicht ganz sicher, ob das die politisch korrekte Bezeichnung für Sean und Oscar war und lächelte etwas unsicher.

„Was?" Wie es aussah, verstand Gabriel gar nicht gleich, wen sie meinte. „Aber wieso waren die hier?", fragte er jetzt plötzlich ganz aufgewühlt. 

Luke erkannte sofort was los war und sprang schnell ein, damit er sich nicht noch mehr aufregte. „Mum, Oscar und Sean sind nicht seine Eltern. Jedenfalls nicht so wie du denkst." Kate blickte verwirrt von Luke zu Gabriel und wusste nicht, was sie nun sagen sollte. „Bleib ganz ruhig, Engel", wandte sich der Blonde an ihn. „Reg dich ab, du bist am Kopf verletzt und hast das falsch verstanden. Sie meint Oscar und Sean."

„Oscar und Sean", wiederholte der Ire und wurde gleich wieder ruhiger, was auch Lukes Eltern beruhigte.

„Wir wollten dir jedenfalls danken", bekräftigte Roger und Kate nickte dazu.

„Mir?"

„Ja, sicher", sagte Kate mit Nachdruck, „dir."

„Wir sollten die Jungs ausruhen lassen", schlug ihr Mann jetzt vor und blickte zu seinem Sohn. Luke war klar, was das bedeutete. Sein Dad war auch beim Yard gewesen und natürlich wusste er, dass man dort schnellstmöglich eine Vernehmung wünschte. Mindestens mit ihm selbst und ganz sicher auch mit Gabriel. Sie waren voller Blut gewesen und Blake war in diesem Haus verreckt. Das verlangte nach Erklärungen. Wahrscheinlich würde Superintendant Waterford selbst hier aufkreuzen. 

„Wenn wir noch etwas für dich oder euch beide tun können, dann ...", begann sein Dad. 

Da gab es tatsächlich etwas, was hoffentlich in Ordnung war. „Sagst du denen vom Krankenhaus, dass ich hier bei ihm bleiben will. Die sollen mein Bett hier 'rüber fahren." 

Roger nickte verständig. „Aber ja, Junge. Keiner von euch sollte allein sein. Ich sag Bescheid und dann fahren Mum und ich auch nachhause. Die anderen beiden sind auf dem Weg hierher." Luke nickte und nahm seine Eltern einmal richtig in den Arm. „Ihr seid klasse." 

Darauf verabschiedeten sich die zwei auch von Gabriel, der ihnen müde zulächelte, dann waren er und Luke wieder allein. „Wir sollten etwas schlafen. Mein Superintendant oder Sean und Oscar, eins von beiden wird bald hier auftauchen." Gabriel antwortete nicht. Er war tatsächlich erschöpfter als er zugeben würde und Luke erwartete auch keine Antwort. Ebenso wenig wartete er, bis die Pfleger das zweite Bett ins Zimmer schoben. Er legte sich jetzt einfach zu ihm auf die Seite und schaute ihn an. Vor wenigen Stunden hätte er nicht für möglich gehalten, dass sie beide jetzt so friedlich hier liegen würden. Eher hätte er erwartet, dass man sie inzwischen vergewaltigt, verstümmelt und gehäutet irgendwo im Graben gefunden hätte. 

„Warum weinst du?", fragte Gabriel ganz leise. Luke hatte es gar nicht bemerkt, musste aber keinen Augenblick überlegen. „Weil wir hier sind, lebendig und weil ich dich liebe", sagte er dann und legte einen Arm um seinen Liebsten, um ihm so noch näher zu sein. 

„Woran merkst du das?", hauchte der Tänzer, „was macht dich so sicher?" 

Der Blonde blinzelte. Diese Fragen waren unerwartet und trafen mitten ins Herz. „Ich weiß es, weil mir dein Überleben wichtiger war als meins. Weil mir egal war, was Blake mit mir tut, wenn er dich in Ruhe lässt", erklärte er, abermals ohne zu überlegen. 

Der Engel lächelte jetzt. „Dann liebe ich dich auch."


Rainbow WarriorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt