BreakdownTeil52

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Kate und Roger waren inzwischen dazu übergegangen, mit Sean einen Sekt zu trinken. Gabriel, das sah Luke sofort, hatte kein Glas genommen, denn das würde sich nicht mit seinen Schmerzmitteln vertragen.

„Worauf wollen wir denn anstoßen?", fragte sein Dad gerade und hob die Flöte, um zu toasten.

„Oh, Momentchen!", stieß Sean beinahe wie einen Freudenschrei aus, „da kommen die zwei gerade wieder." Er winkte Oscar und Luke zu sich.

Kate reagierte sofort und füllte noch für jeden von ihnen ein Glas. „Hier, nur das Beste", sagte sie mit einem Lächeln und überreichte den Sekt erst an den Bouncer, dann an ihren Sohn. Der war gerade überhaupt nicht sicher ob er welchen trinken sollte oder wollte. Was war das hier nochmal genau? Ein Teetrinken, oder? Doch keine Silvesterparty. Seine Mum bemerkte sein Zögern, ließ sich aber nicht davon beeindrucken. „Du brauchst ja nur zu nippen, Schatz." Also nahm er an und sogleich ging es weiter.  

„Worauf stoßen wir denn nun an?" Roger blickte in die Runde.

„Auf Luke und Gabriel!", schlug Sean vor.

Bevor sich der eine oder der andere der beiden versah, war das auch schon beschlossene Sache. Lukes Eltern und das Paar aus dem Elysium hoben die Gläser, Gabriel stellte sich dazu und Luke hob ebenfalls den Arm. „Auf uns!", setzte er hinzu versuchte zu lächeln und schaute seinem Engel in die Augen. Dann stieß er mit den anderen an und mit einem Mal überkam ihn das allzu deutliche Gefühl, dass die ganze Situation hier völlig absurd war. Klar, für Kit, Roger, Sean und Oscar gab es zu feiern, dass alles, was mit dem Serienkiller-Fall zu tun hatte gut ausgegangen war. Aber war es das tatsächlich? War alles gut? Plötzlich und ohne Vorwarnung schien der Boden unter ihm zu wanken und Luke ließ unversehens das Glas fallen. Er taumelte rückwärts, schien die Kontrolle über sein Gleichgewicht zu verlieren. Oscar, der ihm am nächsten stand, reagierte sofort, packte ihn am Arm und stützte ihn gerade noch rechtzeitig, bevor er unkoordiniert nach hinten zu Boden gegangen wäre.

„Hey, Junge! Was ist los?"

"Oh!"

„Schatz!"

„Luke!"

Er konnte hören, wie alle hektisch durcheinanderriefen, konnte aber den Sinn ihrer Worte für einen scheinbar endlosen Augenblick nicht begreifen. Er hörte seinen eigenen Atem im Innern dröhnen, dann war Gabriel bei ihm und hakte ihn unter. Irgendwas sagte sein Freund zu Oscar und den anderen, dann führte er ihn behutsam fort, aus dem Wohnzimmer. Irgendjemand von den anderen sagte noch etwas, Gabriel wimmelte seine Mum ab, dann hatten sie schließlich das Omabüro erreicht, wo der Engel ihn auf dem ausgezogenen Sofa vorsichtig niederließ und dann die Tür leise schloss. Was war nur los? Lukes Atem wurde ruhiger und er realisierte, dass sein Freund bei ihm war, ihn in den Arm nahm. Eine kleine Weile hielt er ihn so und strich ihm übers Haar und flüsterte süße Nichtigkeiten. Dann hielt er ihm eine Tablette hin. Luke schüttelte entschieden den Kopf. Nein! Bloß kein Zeug nehmen, das ihm die Sinne vernebelte! Er musste wach bleiben, er musste stark bleiben. Verdammt! Sein Atem ging wieder schneller, Gabriels Umarmung wurde fester, nicht unangenehm, sie gab ihm Halt. Halt. Festhalten...

„Schschscht, Babe, ich bin's."

Luke schaute seinem Liebsten ins Gesicht und begann zu nicken. Das waren Gabriels grüne Augen, grün wie ein Waldsee. Er verstand, was der gesagt hatte. Er war wieder klarer.

„Du bist es", brachte er mühsam heraus, so als müsste er sich an die Worte erinnern.

Der Tänzer beugte sich zu ihm herunter, um ihm auf die Stirn zu küssen. „Ja, ich bin's und du bist in Sicherheit."

Was redete er da? Natürlich war Luke in Sicherheit. Er war zuhause, bei seinen Eltern in Hampstead, mit Gabriel.

Nun klopfte es leise an der Tür.

Luke zuckte erschrocken zusammen.

„Schschscht..."

„Wer ist das?" Mit vor Schreck geweiteten Pupillen starrte er den Engel an. Der hielt ihn noch immer gleichsam fest und sacht im Arm.

„Das ist einer von den anderen. Beruhig dich. Deine Eltern sind hier und Sean und Oscar."

Oh, verdammt, ja. Wie konnte er das vergessen! Er war mit Oscar im Garten gewesen.

„Was ist passiert?" Luke hasste es, dass er das nicht wusste und dass seine Stimme so schwach klang.

Gabriel schien das nicht zu bemerken oder es machte ihm nichts aus. Er lächelte und strich ihm durchs Haar. Das Blonde Haar, das nicht aussah wie Lukes. Er wollte es loswerden. Seine Gedanken und Gefühle ergaben gerade überhaupt keinen Sinn. Es war nicht falsch, auch mal schwach zu sein und seine blöde Haarfarbe war absolut nebensächlich. Wie konnte Gabriel so ruhig bleiben? Luke hob seine rechte Hand an die Wange seines Freundes und die Wärme, die er spürte, gab ihm Sicherheit. Auch der Blick aus tiefgrünen Augen gab ihm Sicherheit. Was war nur los?

Der junge Ire blinzelte, dann sprach er langsam, sanft und deutlich. „Du hattest einen Zusammenbruch, Babe. Eben im Wohnzimmer."

„Was?" Das Wort 'Zusammenbruch' ließ Luke erschauern. Warum? Wieso?

Wieder klopfte es an der Tür. Luke starrte sie an, dann seinen Freund.

„Es wird wieder", rief Gabriel in Richtung des Klopfens, nicht zu laut, um seinen Liebsten nicht zu erschrecken.

„Was wird wieder? Was ist passiert", fragte Luke noch einmal.

„Du wirst wieder. Irgendwas hat dich getriggert. Du bist einfach zusammengesackt. Oscar konnte dich noch auffangen."

„Oh God!" Er musste schwer schlucken, um jetzt nicht in Tränen auszubrechen.

„Woran kannst du dich erinnern?"

Luke dachte nach. Sie waren im Garten, drinnen gab es Sekt, alle waren fröhlich... Er begann nach Luft zu schnappen. Krampfhaft.

Gabriel reagierte sofort und hielt ihn fest, drückte ihn an sich, sodass Luke spüren konnte, wie sein Herz schlug. Es schlug kräftig und gleichmäßig. Seines dagegen raste.

„Schschscht, ganz ruhig, alles wird gut", flüsterte ihm der Engel ins Ohr. „Ich bin hier, du bist in Sicherheit. Lass es einfach raus..."

Rauslassen? Was sollte er denn rauslassen?

„Es ist alles okay, es wird alles gut, lass es raus..."

Mit einem Mal spürte Luke, wie sich seine Hände in Gabriels Schultern krallten. Irgendetwas quoll in ihm auf und er hatte keine Ahnung, was es war, bis er plötzlich einen Schrei ausstieß, wie der eines verwundeten Tieres, laut, wehklagend, durchdringend. Es klang wie „Yaawwwpp!" und kam aus seiner Kehle, als müsste es sich befreien. Und wieder "Yaaoowwpp!" Noch lauter dieses Mal.

Gabriel drückte ihn an sich und begann, sie beide behutsam vor und zurück zu wiegen. „Lass es raus, Babe... Lass es raus..."

Luke ließ es raus. Und nochmal und immer wieder. 

Rainbow WarriorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt