《 Overthinking. 》

677 16 8
                                    


Triggerwarning! Kapitel enthält Szenen, die für ein paar Leser unangebracht sein könnten.

Anna Ragucci schließt mich sofort in ihre Arme, was ich sehr süß finde.
"Hallo, ich bin Paola, Raf's Schwester und das ist mein Mann Luca.", stellt sich eine Brünette vor. Sie hat Raf's Augen. Ihre Haare gehen ihr bis zu ihren Schultern. Neben ihr ist ihr Mann. Er hat dunkelbraunes - fast schwarzes, etwas längeres Haar und hellbraune Augen. Seine Größe kommt fast an die von Raphael heran, nur er ist ein wenig größer. "Hey, ich bin Elena.", meine ich und reiche Paola und ihrem Mann die Hand.
Anna, Luca und Paola gehen schon mal ins Esszimmer und Raf und ich stehen einfach nur da und sehen uns an. Es ist nicht mal ein unangenehmer Moment. Auf einmal breitet Raf seine Arme aus und ich erwider die Umarmung. "Tut mir leid, dass ich an eurem Streit Schuld bin.", flüstert er und haucht mir dann einen Kuss auf meinen Haaransatz. Ich sehe zu ihm hoch und löse mich schnell wieder von ihm. "Komm mit.", sage ich kalt zu ihm und gehe dann mit ihm im Schlepptau ins Esszimmer.

Dort setzen wir uns an den Tisch. "Heute gibt es für euch ein typisch rumänisches Mittagessen. Ich hoffe es ist ok.", erklärt meine Mutter. "Ich hatte damals, als ich nach Wien gekommen bin einen serbisch-rumänischen Freund, der hat mir damals mal ein Glas von irgendeinem roten Brotaufstrich gegeben.", berichtet Raf. "Zacuscă.", kommt es von Delia. "Beste.", erwider ich.
"Zur Vorspeise gibt es saure Suppe. Wir nennen es Ciorbă.", erzählt mein Vater. "Können wir bitte öfters rumänisch essen? Ist mal was ganz anderes und voll interessant.", meint Paola. Zufrieden lächel ich sie an.
Wir fangen an unsere Suppe zu essen. Währenddessen spricht meine Mutter:"Danach gibt es Mămăligă mit Smântână und Chiftele. Also in Österreich wären das Polenta mit Schmand und Frikadellen."

Nach der Vorspeise und Hauptspeise serviert meine Mutter noch eine Doboștorte, die alle genüsslich verspeisen.

Nachdem wir fertig sind mit Essen, helfen Delia, Anna, Paola und ich noch beim Aufräumen und beim Abwasch. Danach setzen wir uns wieder zu den anderen. Dana ergreift das Wort:"Ich habe etwas zu verkünden." Mein Blick schweift direkt zu Raphael, der mich nur wissend ansieht. "Alexandru, ich wollte es dir heute sagen, weil wir heute unseren Jahrestag haben.", fährt sie fort. "Was ist, comoara mea?
(= Mein Schatz)", frägt mein Bruder. Ich finde es unfassbar süß, wie mein Bruder und Dana sich gegenseitig rumänisch bzw. kroatische Kosenamen geben. "Ich bin schwanger.", rückt sie mit der Sprache heraus. Alexandru's Mund klappt nach unten, aber sagt eine ganze Weile nichts. Dana wird panisch:"Sag doch was, Baby."
"Doamne! (= Gott) Ich werde Vater.", ruft Alex freudig. Er umarmt Dana überglücklich und küsst sie auf die Stirn. Danach geht er in die Hocke und spricht zu Dana's Bauch. "Oh Gott... Elena irgendwann sind wir auch so und dann werden wir dick. Oh ne, dann muss ich neue Klamotten kaufen. Ich bin doch sowieso broke.", schmollt Delia. Ich muss einfach nur lachen und disse sie dann:"Mit deinem Gesicht wirst du eh niemals einen Freund finden, mein Schatz."
Sie weint gespielt und meine Mutter kauft es ihr sogar ab:"Elena. Entschuldige dich." "Mami, das ist normal, dass man sich beleidigt und schau mal sie spielt es nur.", rechtfertige ich mich, weshalb Dana, Delia, Alexandru und Raf laut loslachen. "Danke, dass ihr mich jetzt auslacht. Ich hasse euch auch.", meine ich grinsend.

"Wie wärs wenn ihr jungen in Elena's Zimmer geht?", hakt meine Mutter nach. Ich füge hinzu:"Ist sogar aufgeräumt." Dabei grinse ich stolz.
"Na gut. Haide (= Komm).", spricht mein Bruder. "Ey, nur weil Rapha den Balkan liebt, heißt es nicht, dass seine Familie haide und so kennt.", konter ich meinen Bruder. "Stimmt.", gibt mir Delia recht. "Jaja, Fresse.", murmelt Alex. Wir gehen die Treppe hoch und ich zeige Luca und Paola die obere Etage. Danach betreten wir mein Zimmer, in dem sich mein Bruder, Dana, Delia und Raf schon auf meinem Bett bequem gemacht haben.
"Und was machen wir jetzt?", frägt Delia. "Keine Ahnung.", antworte ich und zucke mit den Schultern. "Rumänische Liebessongs anhören.", ruft Alexandru. Delia und ich geben gleichzeitig "Nein!" von uns. "Muss man das verstehen?", hakt Paola nach. "Ne, aber immer wenn uns vier - also Delia, Alexandru, Dana und mir langweilig ist, hören wir rumänische Liebessongs.", entgegne ich lachend.
"Raf, rumänischer Rap ist übrigens sehr geil.", erwidert Delia. "Hör ich irgendwann mal rein.", grinst Raf.
Er ist heute relativ still. Sonst war er immer gesprächiger und hat auch mit meinen Eltern viel geredet. "Babe, ich bin ziemlich müde.", berichtet Dana.
"Lass uns in mein Zimmer gehen. Bis später.", meint mein Bruder und danach sind sie auch schon weg.
"Es ist nicht mal 2 Uhr nachmittags und sie ist schon müde.", wundert sich Paola. "Sie arbeitet in einem Altersheim und ist erst kurz vor Mittag von der Nachtschicht zurück gekommen.", erkläre ich. Raf's Schwester nickt und danach meint sie:"Elena, erzähl mal was von dir."
"Hat Raf noch nicht genug erzählt?", scherze ich. "Doch, hat er, aber wusste nicht, dass du mit Alex zusammen bist oder besser gesagt, dass es so ernst zwischen euch ist.", rückt sie mit der Sprache heraus. Natürlich habe ich mir gedacht, dass dieses Thema heute noch besprochen werden muss, aber trotzdem hatte ich Hoffnung, dass niemand darüber redet. "Paola!", ermahnt Raf sie. "Nein, ich will schon wissen, wieso sie dich einfach gehen hat lassen für ihn.", provoziert sie mich. Delia ergreift nun das Wort:"Hey, ich finde ihre Entscheidung auch nicht so gut, aber ich finde wir sollten uns da nicht einmischen. Es ist eine Sache zwischen Alex, Raf und ihr." Ich werfe ihr einen dankenden Blick zu. "Aber ich weiß, dass mein Bruder nicht den Mund aufmachen wird und deshalb möchte ich, dass sie es checkt.", spricht Raf's Schwester.
"Was checken?", frage ich. "Raf, sag es ihr.", fordert Paola. Ich blicke zu Raf, der mittlerweile genauso wie Delia nicht mehr auf meinem Bett sitzt. "Nein.", murmelt Raf. "Wir haben auf der Autofahrt darüber geredet.", kommt es von Luca. "Raf, sag schon.", sagt Paola. Raf schüttelt nur mit dem Kopf. Paola erzählt:"Dann muss ich es halt tun. Du hast ihn verdammt nochmal verletzt. Du hast dich gegen einen fürsorglichen, hilfsbereiten, höflichen, zuvorkommenden Mann entschieden und dafür für einen Kriminellen, der jede haben kann und dich eh nur betrügen würde." Langsam füllen sich meine Augen mit Tränen, die ich jedoch zurück halten kann. "Paola, hör auf.", wird Raf laut. "Und Raf hat mir erzählt, dass ihr in Rumänien wart. Denkst du nicht, dass er dort ein paar von deinen Landsfrauen weggeballert hat?", meint Paola.

Ihr Mann zieht sie zurück und verlässt mit ihr den Raum. Ich starre einfach nur auf den Boden und schäme mich so sehr. Eine Fremde erzählt mir, wie mein Freund oder ich handeln. Raphael kommt auf mich zu und entschuldigt sich:"Tut mir leid. Ich wollte nicht, dass es so ausartet. Meine Schwester kann dich nur kaum leiden, weil sie denkt, dass du nur an meinen Fame willst oder du über mich zu Alex kommen wolltest."
"Wir entschuldigen uns ziemlich oft, findest du nicht? Vielleicht weißt du jetzt, warum es nie zwischen uns geklappt hat. Ich weiß echt nicht wieso du deiner Familie so viel über mich erzählt hast. Natürlich hassen sie mich, wenn du auspackst, dass ich dich ja so hintergangen bin.", spreche ich alles aus, was mir auf der Seele liegt. "Ich lass euch mal alleine.", gibt Delia von sich und verlässt den Raum. "Ich habe ihnen nie erzählt, dass du mich hintergangen hättest.", rechtfertigt Raf sich. "Denkst du nicht, dass ich mich jeden Tag dafür hasse, was ich mit dir gemacht habe. Ja, verdammt es tut mir leid, aber ich kann doch selber nichts für meine Gefühle. Es ist halt einfach mal passiert. Natürlich mache ich mir Sorgen, dass Alex mich betrügen könnte, aber es macht es nicht besser, wenn ihr mich alle so unter Druck setzt.", meine ich ehrlich. "Ich rede nochmal mit Paola. Ihre Meinung wird sich schon noch ändern.", erwähnt Raf. "Weißt du, ihr stellt mich alle so dar, als wäre ich eine Nutte oder sowas...", nuschel ich, doch Raf unterbricht mich:"Sag sowas nie wieder. Du bist keine Nutte." Ich nicke bloß und spüre wie mir Tränen über die Wange laufen. Raf wischt sie mit seinem Daumen weg. "Raphael kommst du? Wir gehen.", ertönt es von unten. "Ja!", ruft er zurück. "Wir sehen uns.", raunt er mir bei einer Umarmung ins Ohr. Danach geht er und Delia kommt rein. "Schatz? Alles gut?", frägt sie. "Ja... Ja, es geht mir gut.", lüge ich. "Soll ich hier bleiben oder willst du alleine bleiben?", hakt sie nach. "Ich will lieber alleine sein, bitte.", erwider ich. Sie nickt, umarmt mich nochmal ganz fest und geht dann.

Zügig gehe ich zu meinem Nachttisch. Dort krame ich nach ihnen. Wie soll ich es beschreiben. Sie retten mich manchmal. Durch sie geht es mir einen kurzen Moment gut. Lange muss ich nicht rumkramen, da ich sie schnell in einer kleinen Erinnerungskiste finde. Unter den vielen Fotos und anderen Dingen liegen sie - Meine Klingen. Lange ist es her. Mir ging es gut. Wirklich gut.
Aber all das mit Alex und Raf wird mir zu viel und ich will wenigstens für einen kurzen Moment einfach spüren, dass ich noch lebe. Viele denken jetzt bestimmt, dass es kindisch wäre, aber genau die Menschen kennen sich damit einfach nicht aus. Bevor ich die Rasierklingen benutze, werde ich mir erstmal Musik anmachen. So wie in den alten Zeiten. Die eine Playlist läuft, die ich seit Monaten nicht mehr gehört habe, um keine Erinnerungen an diese Zeit zu erwecken. Danach nehme ich eine der beiden Klingen. Ich halte sie an meinen linken Arm und gehe fest über die Hautstellen. Sofort sehe ich, wie sich die Haut durch den Schnitt öffnet und Blut rausströmt. Da ist es wieder, dieses Gefühl. Ich fühle mich gut. Für einen kurzen Moment bleibt die Welt stehen.
Wieder ein Schnitt - und wieder einer - und wieder - und wieder. Wenn meine Eltern das wüssten, wären sie so sauer. Wenn Delia es wüsste, würde sie ausrasten, aber ich? Ich fühle mich gut. Blut fließt über meinen Arm und tropft von der Klinge. Tränen laufen über meine Wangen.

Es geht mir gut
Ich hab diese Lüge wiederholt
Bis sie es glaubten
Doch im Kopf übte ich den Tod
Hab in der Nacht oft mit den Ängsten gekämpft
Und mit dem Nebel im Kopf
Der das Denken so hemmt
Das ist die Hölle hier
Was sich Leben nennt
Denn Glück und Liebe
Gibt es leider nicht für jeden Menschen
Wenn Dein Herz so doll schlägt
Dass du denkst es platzt
Der Arzt Dich untersucht und fragt ob du Ängste hast
Weil er nichts finden kann
In EKG und Blut
Dann geb ichs nicht zu
Nein verdammt, es geht mir gut

______________________________________

Falls ihr auch solche Probleme habt, wendet euch bitte an jemandem. Ihr seid nicht allein. Es ist ok, nicht ok zu sein. ❤

Tut mir leid, dass so selten Kapitel kommen, aber ich hatte viel Stress. Heute ist mein erster Ferientag und genieße ich total und außerdem ist momentan Kirmes in meiner Stadt.

Bin ich mit ihr, bin ich nicht mehr da 💍❤  | Raf CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt