스물

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"Seokjin? Würdest du bitte an die Tafel kommen und diese Aufgabe lösen?"

Verwirrt wandte ich mich von dem Pausenhof, den ich durch das Fenster die ganze Zeit über gedankenverloren angestarrt hatte, ab und schaute nach vorne, wo Namjoon hinter dem Pult stand und mich mit einem Kopfnicken zu ihm aufforderte.

"Wie bitte?", entgegnete ich fassungslos. Ich war noch lange nicht an den Punkt angekommen, dass ich mich aktiv am Matheunterricht beteiligte, Nachhilfe hin oder her.

"Du hast mich schon verstanden. Komm, bitte."

Warum tust du mir das an, du Arsch?

Jimin stupste mir in die Seite und grinste breit.

"Deine Chance, deinen Crush zu beeindrucken", flüsterte er. "Tz, halt die Klappe, Jimin", murrte ich, ehe ich allerdings tatsächlich aufstand und mich an all meinen Mitschülern vorbeizwängte. Mit einem vernichtenden Blick schaute ich Namjoon an. Er hielt mir ein Stück Kreide entgegen, das ich hastig an mich nahm, wobei sich unsere Hände kurz streiften.

"Gestern hast du mir besser gefallen", hauchte ich mit dem Rücken zur Klasse gedreht. Namjoon hob warnend die Augenbraue, doch ich wandte mich ab und stellte mich vor die Tafel, auf der ganz oben die Aufgabe in der ordentlichen Schrift meines Lehrers stand.

"Du solltest mir danken", murmelte Namjoon mit verschränkten Armen. "Die Aufgabe haben wir am Samstag bereits gerechnet, also streng deinen Kopf mal ein bisschen an."

Mann, solche Sachen sagte der Blonde auch oftmals in der Nachhilfe, und sie frustrierten mich jedes Mal aufs Neue. Aber ich wusste, dass er das nicht von sich gab, um mich zu verärgern, sondern, weil ihm klar war, dass er mich damit anspornte. So wie jetzt.

Ich betrachtete die Aufgabe schweigend und versuchte mich daran zu erinnern, wie wir vorgegangen waren.

Okay, ich weiß es ... glaube ich ...

Ich wagte mich an die Aufgabe. Erst war ich noch ein wenig verunsichert, denn ich hatte keine Ahnung mehr, wann das letzte Mal war, dass ich im Matheunterricht an der Tafel gestanden hatte, doch mit jeder Zeile, die ich schrieb, wurde es leichter und ich schneller, sodass ich mich nach wenigen Sekunden mit einer meiner Meinung nach richtigen Lösung zu Namjoon drehte.

Er lächelte sanft, doch da er zu mir gewandt war, war ich der Einzige, der dieses Lächeln sehen durfte. Ich erwiderte es zaghaft und legte die Kreide auf das Pult, bevor ich mir die Hände abklopfte.

"Das hast du gut gemacht", raunte er. Ich nickte.

"Ich weiß."

"In Ordnung", sprach Namjoon anschließend laut und wandte sich zur Klasse. "So wird es gemacht. Ich gebe euch jetzt ein paar Aufgaben, die ihr genau nach demselben Schema rechnen sollt, was ihr nicht schafft, ist Hausaufgabe."

Mit einem zufriedenen Gefühl begab ich mich zurück zu Jimin und ließ mich neben ihm auf den Stuhl fallen. Meine Augen fielen auf die Aufgabe auf der Tafel. Ja, das hatte ich tatsächlich sehr gut gemacht.

Ich sollte öfter an die Tafel gehen ... es tut gut, eine Aufgabe vor allen korrekt gerechnet zu haben. Besonders vor Namjoon.

"Mann, mann, mann, dass ich das noch einmal erleben darf. Seokjin steht im Matheunterricht vorne und macht nicht einmal einen Fehler!", grinste Jungkook, der sich zu uns gedreht hatte. "Du scheinst ja echt was bei Mr. Kim zu lernen."

Das tue ich ...

Nachdem sich der Dunkelhaarige wieder Taehyung und den Aufgaben gewandt hatte, tippte mich Jimin an.

"Süß, wie du ihn angelächelt hast", bemerkte er trocken. "Man könnte fast meinen, du wärst mehr als nur sein Schüler."

Entgeistert weitete ich die Augen.

"W-was?", stammelte ich nervös. "Was redest du denn da, Jimin?!"

"Entspann dich", schmunzelte er. "Sonst glaube ich das tatsächlich noch. Na ja, aber ihr beiden wärt echt süß zusammen, das habe ich dir ja bereits gesagt. Sicher, dass du nicht auf ihn stehst?"

"Halt die Klappe, Jimin", murrte ich. Wenn mein bester Freund bloß wüsste ...

"Du kannst ihn ja mal nach einem Date fragen", fuhr er unverblümt fort.

"Jetzt halt die Klappe und lass uns rechnen!"

"Aha, du willst ihn wirklich beeindrucken!"

Ich stieß dem Silberhaarigen voller Wucht in die Seite, woraufhin er laut nach Luft japste und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht über die getroffene Stelle strich. Einige unserer Mitschüler hatten sich zu uns umgedreht und auch Namjoon blickte fragend zu uns, aber ich winkte ab.

"Ihm geht es gut", lächelte ich.

In den nächsten Minuten zwang ich mich mit Jimins Hilfe durch die Aufgaben, als unserer Lehrer uns plötzlich dazu bat, kurz zuzuhören.

Er macht früher Schluss als üblich ...

Fragend ließ ich den Stift sinken. Ich hätte heute Zuhause noch ziemlich viele Aufgaben übrig, wobei ich diese wohl eh nicht machen würde. Namjoon zuliebe vielleicht doch. Zumindest ein paar ...

Dieser lehnte sich nun an das Pult an und sah durch die Runde.

"Ich mache heute etwas früher Schluss, weil es noch etwas gibt, über das ich mit euch reden möchte", begann er, sodass sich alle neugierig zu ihm wandten.

Die tollen Nachrichten, von denen er gestern bereits gesprochen hat. Die hatte ich schon vollkommen vergessen!

"Es gab in der Schulleitung Diskussionen, wer Mr. Yang, der eigentlich mit euch auf Abschlussfahrt kommen sollte, vertreten soll." Ich weitete gespannt die Augen. "Ihr könnt euch vermutlich denken, weshalb ich damit zu euch komme, denn es wurde entschieden, dass ich seine Vertretung sein soll, da ich euch immerhin auch im Unterricht habe."

Mein Herz raste vor Aufregung. Die Abschlussfahrt, die kurz nach den Herbstferien nach Tokio gehen würde, hatte ich aufgrund der ganzen Sache mit Namjoon absolut verdrängt. Aber jetzt würde ausgerechnet er selbst mitkommen!

Das wird die beste Fahrt meines Lebens!

"Ich hoffe, ihr freut euch über diese Neuigkeiten", sagte er mit seinem süßen Lächeln. Sofort wurde es laut im Klassenraum, vor allem aus der Richtung der Mädchen kamen Freundeschreie.

"Natürlich freuen wir uns, dass Sie mitkommen, Mr. Kim, dann können wir mit Ihnen zusammen feiern gehen!", lachte Jennie. Namjoon schüttelte schmunzelnd den Kopf.

"Ich komme als eure Aufsichtsperson mit, nicht als Saufkollege."

"Gegen zwei, drei Cocktails können selbst Sie nichts sagen!"

Ich freute mich wirklich sehr, dass Namjoon mitkommen würde. Mir war bewusst, dass wir nicht händchenhaltend oder küssend durch Tokio laufen könnten, wenn die anderen mit dabei wären ... allerdings würden wir sicherlich ein paar freie Minuten nur für uns Zwei finden, oder?

Aber allein, dass du überhaupt Teil dieser Fahrt sein wirst, sind unglaubliche Nachrichten!

Unsere Blicke trafen sich und Namjoon lächelte sanft, was ich sogleich erwiderte. Mit seinen Lippen formte er die Wörter "Ich freue mich", was mich noch breiter lächeln ließ, und ich nickte, um ihm verständlich zu machen, dass ich mich ebenfalls sehr freute.

"Vielleicht könnt ihr ja dort auf ein Date gehen", murmelte Jimin auf einmal, weshalb ich zu ihm sah und warnend die Augenbrauen zusammenzog. "Ich meine ja nur", fügte er schmunzelnd hinzu und entkam so knapp einem weiteren Schlag.

𝐏𝐄𝐑𝐅𝐄𝐂𝐓𝐋𝐘 𝐖𝐑𝐎𝐍𝐆 | NAMJINWo Geschichten leben. Entdecke jetzt