마흔다섯

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Um kurz nach acht hielt Namjoon am Bürgersteig vor dem Mehrfamilienhaus, in dem ich mit Hoseok lebte. Wie auf Knopfdruck ließen wir uns beide langsam in die Sitze sinken und genossen ein paar Sekunden der Ruhe, in der man lediglich die leise Musik aus dem Radio und unsere entspannten Atemzüge hören konnte.

"Namjoon?", durchbrach ich unser Schweigen dann. "Wieso bist du eigentlich Lehrer geworden?"

Ich wusste nicht, wieso ich ihm diese Frage in diesem Moment stellte. Wobei, eigentlich wusste ich es schon. Wir hatten in den letzten Tagen so viel voneinander erfahren, doch warum er sich genau für diesen Beruf entschieden hatte, war nie ein Thema unserer Unterhaltungen gewesen. Außerdem war es doch genau dieser Teil des Ganzen, der unsere Beziehung, wie wir sie führten, rechtlich gesehen, unmöglich machte.

Der Blonde drehte den Kopf und schaute zu mir, ehe er seine Hand an mein Gesicht legte und mit seinem Daumen über meine Haut strich. Ich erwiderte seinen Blick still.

"Lehrer zu werden, ist nicht mein ursprünglicher Wunsch gewesen. Um ehrlich zu sein, ich habe diese Entscheidung erst gefasst, als ich in die Oberstufe gekommen bin, denn es hat immer eine Sache gegeben, die mich gestört hat: Dass alle Lehrer, die ich je hatte, scheiße gewesen sind."

Überrascht hob ich die Augenbrauen.

"Die Schule sollte ein Ort sein, an dem man Spaß haben und sich dabei noch unter fairen Bedingungen bilden kann. Doch ausgerechnet die Personen, die für diese Aufgaben zuständig sind, machen einem das Leben in dieser Zeit oftmals zur Hölle. Deshalb habe ich mir vorgenommen, es besser zu machen."

Namjoon fuhr gedankenverloren mit seiner Hand meinen Hals über die Schulter und den Arm zu meinem Handgelenk herab, bevor er es zärtlich umfasste.

"Ich habe damals schon Nachhilfe gegeben und es hat mir wirklich Freude bereitet, zu sehen, wie ich jemandem etwas verständlich erklären konnte. Die guten Noten meiner Schüler waren auch gute Noten für mich, denn sie hatten mir gezeigt, dass ich das, was ich tat, gut getan hatte. Es sollte aber nicht nur ums Lernen und Bilden gehen, mir ist auch eine gewisse persönliche Beziehung wichtig, denn erst mit dieser ist man in der Lage, richtig miteinander zu kommunizieren. Manche Lehrer versuchen mit aller Kraft, ihr Privatleben von ihren Schülern fernzuhalten, doch das ist Quatsch. Sie müssen keine Details erfahren, klar, aber Nähe und ein lockeres, entspanntes Verhältnis ist wichtig. Erst so hat man auch die Motivation, mitzumachen und mitzudenken."

Wo er recht hat.

"Meine Schulzeit war aufgrund dieser Lehrer teilweise echt hart", schloss er anschließend. "Aber so sollte es nicht sein. Man muss fordern, aber nicht überfordern. Ich will, dass meine Schüler sich an eine tolle Schulzeit zurückerinnern können. Und wenn ich das durch mich und meinen Unterricht schaffe, bin ich am glücklichsten."

Ich betrachtete Namjoon stumm. Seine Worte hatten mich berührt, aber er konnte gut mit Worten umgehen und so war das auch kein Wunder.

Allerdings regten sie mich ernsthaft zum Nachdenken an. Mir war bereits bewusst gewesen, wie viel Namjoon an seinem Beruf als Lehrer lag, doch jetzt auch noch die Beweggründe und die Geschichte hinter diesem zu kennen, ließ mich ein wenig unwohl fühlen.

Er setzte mit unserer Beziehung so viel aufs Spiel. Es war nicht nur sein Beruf oder eine mögliche Geld- und Haftstrafe, sollte das mit uns an die Öffentlichkeit kommen. Es waren sein Traum und Wunsch und Ziel, die er alle aufs Spiel setzte, indem er mit mir hier im Auto saß und meine Hand hielt.

Ich wünschte, ich hätte ihm diese Frage niemals gestellt, denn jetzt fühlte ich mich schuldig. Auch wenn dieser Wunsch egoistisch war.

Namjoon hätte jeden Beruf mit Bravour gemeistert. Er war intelligent, klug und diszipliniert. Und trotzdem hatte er sich ausgerechnet dazu entschieden, Lehrer zu werden. Wenn er das nicht getan hätte ... dann könnten wir auch eine ganz normale Beziehung führen.

Schon wieder ein egoistischer Gedanke ...

Ich konnte nichts dafür. Ich war ein emotional gesteuerter Mensch. Und die Liebe machte Menschen egoistisch.

Namjoon schien zu bemerken, dass ich mich in meinen Gedanken verlor, denn auf einmal schnallte er sich und mich ab und beugte sich daraufhin vor, um mein Gesicht mit seinen Händen umrahmen und mir einen hauchzarten Kuss auf die Lippen drücken zu können.

"Ich liebe es, Lehrer zu sein", murmelte er anschließend, weshalb ich erschrocken die Augen weitete.

"Aber", fuhr er dann grinsend fort, "ich liebe es noch mehr, dich zu küssen."

Und genau das tat er danach auch. Er küsste mich, voller Wärme, voller Zuneigung, und ließ damit wie so oft tausende Schmetterlinge in meinem Bauch herumflattern, die ein angenehmes Kribbeln in meinem Inneren auslösten.

Unsere Küsse waren sanft, unschuldig und das blieben sie auch, bis ich mich langsam von Namjoons gut schmeckenden Lippen löste und ihn mit einem zaghaften Lächeln anguckte.

Ich hatte Angst, dass er es irgendwann bereuen würde, sich für mich entschieden zu haben. Dass es ihm irgendwann nicht mehr wert sein würde. Aber in diesem Moment fand keiner dieser Gedanken Platz in meinem Kopf, denn sein Lächeln strahlte so viel Herzenswärme aus, dass mir schwindelig wurde.

"Danke", flüsterte ich. "Danke für diese wunderschöne Zeit mit dir."

"Ich habe dir zu danken, Seokjin."

Danach sagten wir nichts mehr, gaben uns bloß einen gefühlvollen Abschiedskuss, als ich mich mit einem frechen Zwinkern von Namjoon verabschiedete. Ich holte noch schnell meinen Rucksack aus dem Kofferraum heraus, ehe ich zur Haustür eilte, vor der ich wartete, bis der Blonde weggefahren war, nicht ohne mir vorher noch einen Luftkuss gegeben zu haben.

Mit einem entspannten Seufzen trat ich das Treppenhaus nach oben und öffnete die Wohnungstür. Die Woche war atemberaubend gewesen, aber doch auch anstrengend, und ich freute mich schon darauf, in meinem Bett zu liegen. Wobei ich definitiv Namjoons Nähe und Wärme vermissen würde.

Ach, wie soll ich nur eine Woche ohne ihn überleben?!

Hoffentlich würden wir wenigstens einen Tag finden, an dem wir uns sehen könnten.

Ich zog mir Jacke sowie Schuhe aus und stellte meinen Rucksack vorübergehend im Flur ab, bevor ich mich mit einem lauten "Hallo" ankündigte und in das Wohnzimmer schritt, wo ich meinen Mitbewohner vermutete.

Tatsächlich entdeckte ich ihn dort. Jedoch saß Hoseok nicht allein auf dem Sofa, während auf dem Fernseher irgendeine Serie oder ein Film lief. Jimin, Taehyung und Jungkook saßen alle neben ihm und so schauten mich vier neugierig funkelnde Augenpaare an.

Perplex blieb ich einen Herzschlag lang vor ihnen stehen, ehe ich nicht anders konnte, als zu schmunzeln und den Kopf zu schütteln.

"Wieso wundert es mich nicht, dass ihr alle hier seid?", grinste ich. Sie schwiegen kurz.

"Weil wir deine besten Freunde sind und alles von dir persönlich erfahren wollen?", vermutete Jimin, ebenfalls mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Taehyung und Jungkook nickten zustimmend, während Hoseok unschuldig mit den Schultern zuckte.

"War seine Idee", äußerte er nur mit einem Nicken auf meinen besten Freund.

"Schon klar", lachte ich, bis ich auf einem der Wohnzimmerstühle Platz nahm, woraufhin alle sofort in meine Nähe rückten und mich mit aufgeregten Grinsen anblickten.

Ihr seid doch verrückt ...

Aber die Vier hatten mir doch auch gefehlt und so fing ich in Ruhe damit an, alles bis aufs kleinste Detail, die schmutzigen allerdings auslassend, zu erzählen, wobei ich wirklich nichts vergessen durfte.

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Ein Hoch auf das Feststellgehalt, durch das ich, auch wenn ich zurzeit nicht arbeiten gehe, Geld bekomme x3

𝐏𝐄𝐑𝐅𝐄𝐂𝐓𝐋𝐘 𝐖𝐑𝐎𝐍𝐆 | NAMJINWo Geschichten leben. Entdecke jetzt