Katias Sicht
Wie ich mir wünschte es wäre wahr gewesen, dass es einfach so geendet hätte. Wäre es nicht perfekt gewesen? Aber was ist schon perfekt in dieser tristen Welt? In meiner Welt? Aydin starb an diesem Tag und es stimmte, dass ich nie Schuldgefühle entwickelte. Er hatte es nun mal mehr als nur verdient. Und auch dass wir zurück fuhren und die Jungs darauf anstießen war keines falls gelogen. Doch der Rest...der Rest war, wie ich ihn mir gewünscht hätte und nie bekommen habe. Ich war glücklich mit Vik, anfangs. Doch nach dem Fund von Aydins Leiche geriet alles ins Wanken. Ich erinnere mich, wie die Polizei sein Haus durchsuchte und wir befragt wurden, sie hatten von Anfang an gemerkt, dass mit uns etwas nicht stimmte. Viktors Namen trug ich schließlich immer noch auf der Haut. Er wurde gefragt ob er mich verletze, ich hatte insistiert dass dem nicht so war, doch man ließ sich nicht belügen. Ein paar Tage später holten sie ihn ab, aber nicht, weil er mich verletzt hatte, es hatte Spuren am Tatort gegeben. Die Waffe mit der sie ihn erschossen hatten war auf Vik registriert, wie sie herausgefunden hatten, dass die anderen mit drin steckten weiß ich bis heute nicht. Ich war so wütend auf ihn, wie hatte er über solch Eventualitäten nicht nachdenken können? Hatte er es darauf angelegt in den Knast zu wandern? Sie nahmen mich ebenfalls mit, sie wollten mich zu ihm befragen, zu seinem Charakter seinen Gewohnheiten und solchen Dingen. Aber ich kannte ihn ja eigentlich gar nicht. Sie hatten uns gleichzeitig befragt und als man ihn an mir vorbei zu den Verwahrungszellen brachte, war alles was ich in seinen Augen sehen konnte Schuld. Seine Aussage schien für die Beamten alles zu ändern. Sie sagten mir, man wolle noch einmal mit mir sprechen, da sich neue Dinge ergeben hatten. Was diese neuen Dinge waren? Viktor hatte ausgepackt, hatte bis ins Detail erzählt woher ich kam, was passiert war, warum Aydin tot war. Ich konnte das nicht abstreiten, es traf mich viel zu hart, dass er lieber in den Knast zu wandern schien als bei mir zu sein. Meine Welt brach innerhalb von Sekunden erneut auseinander. Letztlich kam es zu einer Anklage, ich war als Zeugin geladen und als ich ihn da sitzen sah auf der Anklagebank, so eingefallen und schuldbewusst schnürte es mir die Luft ab. Die Verhandlung zog an mir vorbei wie in Zeitlupe. Noch Jahre später bekam ich dieses Bild nicht aus meinem Kopf. Er beantwortete jede Frage mit der Wahrheit, dies schien nicht nur mir fraglich, sondern allen Anwesenden, es gab nicht einen Punkt oder eine Aussage die er abstritt. Und dann saß ich da, als Zeugin, als Opfer und musste unter Eid gegen den Mann aussagen, dem ich zuvor noch meine Liebe gestanden hatte. Ich brachte die Worte kaum heraus, sah ihn verletzt und gequält an, sah dass er Reue empfand. Dieser Schmerz war stärker als jene, die er mir je zugefügt hatte. Das Gericht zog sich zur Beratung zurück und allen Anwesenden war das Urteil längst klar. Es war mir schon klar gewesen, als man ihn abgeholt hatte. Und dann? Dann war es vorbei. Sein Urteil wurde verlesen, lebenslänglich. Was aus den anderen wie Navikev wurde weiß ich nicht. Ich wurde in einer Einrichtung für Misshandlungsopfer untergebracht, wo man bemüht war, mich zu resozialisieren. Aber in den ersten Monaten nach seiner Verhaftung ließ ich mir nicht helfen, ich wollte es nicht und verbrachte die meiste Zeit allein. Und dann irgendwann ließ der Schmerz nach, die Wut verblasste und ich begann, mir helfen zu lassen. Ich beschäftigte mich sogar immer mehr mit anderen die hier untergebracht waren und war letztlich soweit, dass ich auf eigenen Beinen hätte stehen können. Es gab nur ein Problem. Ich hatte kein Geld, keinen Job und keine eigene Wohnung. Doch auch dabei wurde mir geholfen, ich bekam einen Aushilfsjob bei einer Reinigungsfirma und hatte nach einigen Monaten genug Geld um mir eine Wohnung zu leisten. Der Aushilfsjob wurde ersetzt durch eine Festanstellung in einer Bibliothek. Ich liebte die Stille und die Bücher. Und eines Tages war ich soweit, ich war bereit Viktor zu besuchen, ihn zu fragen, warum. Warum er mich zurück gelassen hatte. Ich fuhr per Bahn und Bus zu dem Gefängnis, in welches man ihn gebracht hatte und wartete nervös im Besucherraum. Ich erkannte ihn nach über insgesamt 4 1/2 Jahren kaum wieder. Er sah zerknittert aus, schwach und seine Augen hatten ihren ehemaligen Glanz verloren. Es sah so aus, als hätten wir die Rollen getauscht, ich- frei und mittlerweile unabhängig, und er- gefangen und hoffnungslos. Es wirkte skurril. Er nahm mir gegenüber Platz. An unser Gespräch erinnere ich mich als wäre es gestern gewesen. "Ich hatte nicht mit einem Besuch von dir gerechnet.", er klang müde aber irgendwie erleichtert. "Ich habe lange darüber nachgedacht Vik...und auch heute bin ich mir nicht sicher ob es die richtige Entscheidung war.", gab ich leise zurück und sah ihn an. "Und dennoch bist du hier...", gab er grübelnd zurück und sah mich suchend an. "Weil ich nach all den Jahren immer noch nicht begreifen kann, wieso du das getan hast...du hast gesagt du liebst mich und trotzdem sind wir jetzt hier.", gab ich fast schon emotionslos zurück wobei man immer noch hören konnte, wie sehr es mich verletzt hatte. Er sah mich schuldbewusst an bevor er zu sprechen begann, "Es ist nicht so, dass ich dich nicht liebe, ich tu es immer noch...aber du brauchtest Freiheit Katia. Wenn sie einer verdient hatte, dann keiner mehr als du. Ich wusste, dass das mit uns nicht auf ewig halten würde, du musst mich verstehen, ich trage so viel Last auf meinen Schultern, dass ich es nicht mehr ertrage. Es fiel mir nicht leicht, diese Entscheidung zu treffen aber als die Polizei uns, als sie mich geholt hat wusste ich, dass es so das Beste war. Ich hoffe dass du glücklich sein wirst. Lass mich nur ein mal der Gute sein und akzeptier das hier. Ich will dass du eine Zukunft hast, denn ich weiß, dass du diese mit mir nicht gehabt hättest.". Ich war zutiefst gerührt von seinen Worten, so hatte ich nie darüber gedacht, ich hatte nie in Betracht gezogen dass er es aus solchen Gründen getan hatte. Ich sah ihn mit Tränen in den Augen an und legte meine Hand auf seine und mit all der Dankbarkeit, die ich in diesem Moment spürte flüsterte ich, "Ich danke dir.". Und wenn ich es gekonnt hätte, hätte ich ihm einen letzten Kuss zum Abschied gegeben. Nach diesem Tag begann ich nach vorn zu sehen, gelegentlich habe ich ihm geschrieben, doch erhielt nie eine Antwort. Erst weitere vier Jahre später, nachdem ich letztlich doch geheiratet hatte erfuhr ich, dass er nie geantwortet hatte, da er sich nach meinem Besuch das Leben genommen hatte. Es war purer Zufall, dass ich es erfuhr und dennoch hatte es mich trauern lassen. Doch die Anwesenheit meines Mannes und meiner beiden Kinder ließen mich wieder lächeln, denn ich wusste, dass er mir dieses Leben letztlich ermöglicht hatte und ich wusste tief im Herzen dass ich ihm dafür, was auch immer in der Vergangenheit gewesen sein mag, für immer dankbar sein würde und ein Teil meines Herzens nie aufhören würde ihn zu lieben.
___________The Real End__________

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Broken World
Mistério / SuspenseDu musst gehorchen. Du musst zuhören. Du musst dich fügen. Du musst tun was man dir sagt. Du musst! ........................ Dies ist die Geschichte von Katia Marsten einem Mädchen aus den USA, dass in ihrem ganze Leben nur von Besitzer zu Bes...