• Schuldbewusstsein •

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Z Ü L E Y H A

Sanft strich ich über Müezza's Fell und hörte daraufhin ihr zufriedenes Schnurren. Ich spürte, wie sie sich auf den Rücken legte, weshalb ich anfing, zu lächeln.

„Hast du gerade deine 5 Minuten oder warum benimmst du dich mal nicht wie eine Diva ?" , fragte ich die Katze auf meinem Schoß. Als Antwort bekam ich bloß ein leises miauen zu hören.

Amüsiert lauschte ich dem tobenden Gewitter an meinem Fenster und starrte dabei in die Leere. Bevor mein Augenlicht für immer erlosch, hatte ich studenlang das wandelnde Wetter auf meinem Balkon betrachtet.

Dafür fing ich zwar oftmals eine Erkältung ein, doch das war es mir Wert. Ich liebte einfach die Natur und alles, was sich damit befasste. Mit gepressten Lippen senkte ich den Kopf. Nun konnte ich bloß danach lauschen.

Ja, ihr habt schon richtig gelesen. Ich bin blind an beiden Augen. Um genauer zu sein, erblindete ich es erst vor 3 Jahren.

Als ich mich ungewollt wieder an den Unfall erinnerte, verkrampfte sich mein Griff um Müezza. Die Katze miaute beleidigt und befreite sich aus meinen Händen.

Warum war ich nicht an ihrer Stelle umgekommen ? Ich schloss wütend über mich selbst die Augen. Als würde das Wetter sich meinen Gefühlen anschließen, donnerte es umso lauter. Der tobende Wind fand seinen Weg in das Fenster hinein und umhüllte meinen Körper mit Kälte.

Sie hätte es eher verdient, zu leben. Ich war bloß ein dummer Zufall, der vom Tod entkommen war. Es war alles meine Schuld.
Deswegen hatte Allah mir auch das Augenlicht entnommen. Ich verdiente das hier nicht.

Gefangen in meinem seelischen Schmerzen, bemerkte nicht, wie Berkan an der Tür klopfte.

„Züleyha ?", ertönte seine tiefe Stimme weshalb ich benommen aus meiner Träumerei erwachte. Eilig wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und setzte ein zwangshaftes Lächeln auf.

„Komm rein." , meinte ich und hörte Fußschritte in mein Zimmer eintreten.
Zögernd hob ich den Kopf an und blickte weiterhin ins Leere.

Berkan näherte sich meinem Bett und legte ein Tablett auf meinen Tisch.
Ich lauschte den Geräuschen, die er dabei ausrichtete und hörte durch das Klirren von Besteck, dass Berkan mir das Essen hochgebracht hatte.

„Ich habe dir..Verdammt, Züleyha ! Wieso lässt du das Fenster bei dem Wetter auf ?", tadelte mich der junge Mann an. Er ließ etwas aus den Händen fallen und eilte nach links, um wahrscheinlich die Fenster zu schließen. „Willst du unbedingt krank werden ?"

Schuldbewusst senkte ich den Kopf und wartete, bis Berkan wieder zurückkehrte. Bereits am Duft erkannte ich, dass er mir Linsensuppe gebracht hatte und diese Erkenntnis bestätigte sich, als er mir den Löffel reichte.

Ich bedankte mich leise bei ihm und bekam darauf ein Piksen an der Seite zu spüren. „Hey !" , rief ich lachend und wollte dem jungen Mann an der Schulter zwicken. Doch Berkan war schneller und bereits aufgesprungen.

„Lach' mal etwas, du Hexe. Ich wollte dir noch Bescheid geben, dass wir morgen zur Hochzeit der Öztürks eingeladen sind. Vergiss das nicht." , meinte er belustigt und verließ sogleich das Zimmer.

Ich verdrehte schmunzelnd die Augen. Er war zwar nur der beste Freund von meinem
Bruder Kerem, doch manchmal ist er wie ein Ersatz für ihn. Die Erinnerungen an dem Unfall vergaß ich und machte mich somit ran an das Essen.

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Feinde liebt man nicht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt