• Irrtum •

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Z Ü L E Y H A

„Ja, wir sind auf dem Weg. Man sieht sich." , sprach Yilmaz in den Hörer und legte dann auf. Schweigsam lehnte ich meinen Kopf ans Fenster und versuchte dabei, gelassen zu wirken.

Sein ganzes Auto roch nach seinem himmlischen Geruch. Etwas Zigarette, Minze aber auch ein Anteil an Aftershave umhüllte mich und ich konnte nicht anders, als hin und wieder tief mit der Nase einzuatmen.

Ich fragte mich, wie er aussah. Als wir getanzt hatten, war mir klar geworden, dass er recht muskulös gewesen war. Seine Hände sind groß und warm und fühlten sich wunderschön in meinen an.

Hin und wieder kratzte sich Yilmaz am Bart, was aussagte, dass er um sein Gesicht eher behaart war. Als mir klar wurde, über was ich mir Gedanken machte, richtete ich mich verlegen auf und spielte mit meinen Händen.

Es war so eigenartig, neben ihm zu sitzen. Ich hatte mich trotz seiner Worte dazu entschieden, ihm zu folgen. Sein letzter Satz hatte mich überzeugt, dass Yilmaz mir nichts antun würde.

Ich bin aber nicht dein Vater, Züleyha. Die Karaman's töten Menschen nicht ohne Grund.

Plötzlich stellte ich mir die Frage, was er genau damit meinte. Wen sollte Vater getötet haben ? Daran hatte ich ja garnicht gedacht. Die Räder in meinem Kopf rasten. War Yilmaz deswegen hier, um Vergeltung auszuüben ?

„Ich habe eine Frage.", platzte es aus mir heraus. Ich spürte, wie er mich anblickte. Nervös hielt ich meine Hände fest umschlungen und überlegte, wie ich meine Worte formulieren sollte.

Schließlich atmete ich leise aus und fing an : „Was..Was ist passiert, als du 10 Jahre alt warst ?"

Ich hielt inne und lauschte gespannt nach seiner Reaktion. Im Auto legte sich eine Stille, die zum Zerreißen angespannt war. Benommen bereute ich, Yilmaz gefragt zu haben. Was hatte ich auch anderes erwartet?

„V-Verzeihung, ich wollte nicht-"

„Du bist zu neugierig." , unterbrach mich Yilmaz ruhig. „Alles mit der Zeit."

Wir entfernten uns Stück für Stück von Grimma und laut der Navigation kamen wir Leipzig immer näher. Tausende Fragen wüteten in meinem Kopf herum und es machte mich wahnsinnig, keine Antworten darauf zu bekommen.

„Wie alt bist du eigentlich ?" , fragte Yilmaz mich plötzlich.

Ich hob verblüfft den Kopf an und dachte über seine Worte nach. Wollte er sich etwa mit mir ernsthaft unterhalten ?

Für einen Moment vergaß ich mein Alter und wusste nicht, wie zu antworten war. Röte schoss mir ins Gesicht und mit einer leichten Verzögerung piepste ich :
„24."

Ich hörte seinerseits ein bestätigendes ‚Hm'. Mit meinen Fingern spielend wagte ich es, Yilmaz die Gegenfrage zu stellen:
„Und..du ?"

Y I L M A Z

Ihre leise Stimme erreichte meine Ohren, weshalb ich verblüfft zu ihr schaute. Wieder einmal war sie mit ihren Händen beschäftigt und sah dabei eher runter zu ihren Füßen. Anscheinend war dies eine Art Angewohnheit bei Züleyha. Und wenn ich ehrlich war, sah sie dabei niedlich aus.

Ich schmunzelte und meinte schließlich:
„Ich bin ganze 27. Hast du eigentlich-"

Meine Worte wurden durch das Klingeln ihres Handys unterbrochen. Züleyha kramte ihr Handy aus der Tasche und schaute für einen Moment besorgt auf ihr Bildschirm.
Nach kurzem Zögern nahm sie den Hörer ab und dabei versuchte ich, so gut es ging, zu lauschen.

Feinde liebt man nicht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt