• Wirre Gefühle •

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Z Ü L E Y H A

Den Rest des Tages verbrachte ich damit, so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Zumindest versuchte ich es. Ständig hatte ich mein Handy in die Hand genommen, in der Hoffnung, dass man mir endlich sagen konnte, was vor sich ging. Kein Anruf folgte.

Berkans Versuch, mit mir zu tanzen, hatte ich kühl abgelehnt. Darauf erhielt ich von ihm nur den Kommentar, dass ich ‚schon bald mit meiner Sturheit nachlassen würde'. Am Liebsten hätte ich dem Idioten erzählt, dass Yilmaz schon bald vorhatte, mich zu heiraten. Falls er überhaupt noch am Leben war.

Ebru und Kerem zuliebe nahm ich, so gut es ging, an der Feier teil und war überaus froh, als die letzten Gäste den Garten verließen. Rasch wünschte ich meiner engsten Freundin noch schöne Flitterwochen, die sie morgen mit Kerem antreten würde.

Auf dem Weg in mein Zimmer begegnete ich Berkan, der versuchte, ein Gespräch mit mir zu beginnen. „Verzieh dich." , unterbrach ich ihn harsch und eilte die Treppen hinauf in mein Zimmer.

Meine Nerven waren wortwörtlich am Ende. Ich ließ mich auf mein Bett fallen und wünschte, dass Müezza nun neben mir war. Wir hatten sie für die Hochzeit an ihre Pflegerin abgegeben, damit der Lärm ihr nichts ausmachen konnte:

Seufzend fuhr ich mir über das Gesicht und schloss die Augen. Ich überhörte, dass an der Tür geklopft wurde und war deswegen verblüfft, als Kerem's Stimme ertönte: „Man bin ich fertig."

Er setzte sich neben mir auf das Bett und band sich die Krawatte los. Ich lächelte schwach, um nicht zu verdeutlichen, dass es mir genauso ging wie ihm.

Für eine Weile schwiegen wir gemeinsam und starrte Löcher in die Decke. Es gab so vieles zu sagen und möglicherweise würde Kerem sogar auf meiner Seite stehen. Doch an einem schönen Tag wie diesen durfte ich ihm nicht die muntere Laune zerstören.

In meinen Gedanken versunken hörte ich neben mir, wie Kerem sich zu Wort meldete : „Hey Nervensäge, was denkst du gerade ?"

„Hm..Nichts Wichtiges." , entgegnete ich. Unser Vater ist bloß Schuld am Unfall gewesen und versteckt eine Geburtsurkunde. Ich empfinde Angst, weil ich nicht weiß, wieso sie da ist und zusätzlich wollen mich zwei Männer heiraten.

Ich lächelte über meine absurden Gedanken. Kerems Blick war auf mich gerichtet, als würde er versuchen, zu verstehen, was ich dachte. „Züleyha, ist etwas passiert ?"

Beinahe hätte ich genickt. Ich stritt seine Worte rasch ab und wünschte mir, dass er nun endlich verschwand. Länger könnte ich meine Tränen nicht zurückhalten.

Als hätte Kerem meine Gedanken gelesen, erhob er sich vom Bett. „Wenn was ist, bin ich für dich da, verstanden ? Ich bin immer bereit, um dir zuzuhören und zu helfen. Dafür sind Brüder nämlich da. Vergiss das nicht."

Angespannt biss ich mir auf die Zunge und spürte, wie meine Augen anfingen, glasig zu werden. Kerem bewegte sich Richtung Tür und erzählte noch, dass er sich morgens vor der Abfahrt bei mir verabschieden würde.

„Schlaf gut." , presste ich hervor und hörte, wie die Tür schließlich ins Schloss fiel.

-

Nachdem ich mich innig von meinem Bruder verabschiedet hatte, gab ich ihm das Versprechen, mich zu melden, falls etwas passierte. Ich lauschte, wie er sich von mir entfernte und in ein Auto stieg, um Ebru abzuholen.

Vater war glücklicherweise schon zur Arbeit gefahren. Dass Kerem nicht mehr im Haus leben würde, bedeutete für mich, dass ich mit dem Mörder meiner Mutter alleine war. Widerwillig trat ich zurück ins Haus ein.

Feinde liebt man nicht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt