• Taking care •

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Züleyha fiel auf die Knie und schrie vor Schmerz. Ohne auf ein Befehl zu warten, fingen die Männer an, zu schießen.
„Scheiße Züleyha !" , zischte ich in mitten des Lärms. Das Mädchen wimmerte und hielt sich dabei das rechte Bein fest.

Ich kniete mich zu ihr nieder und drückte auf die offene Wunde, die ihr Kleid rot färbte. In mir fielen die Gefühle aufeinander. Es kostete mich eine gewaltige Ladung an Vernunft, bei Züleyha zu bleiben, statt Hüseyin selbstständig zu durchlöchern.

„Ihr müsst raus, verdammt !" , forderte Emir angestrengt. Ich biss mir auf die Zähne und berührte meine Frau an den hitzigen Wangen. Auf die Frage, ob sie laufen könne, schüttelte sie schluchzend den Kopf.

So blieb mir nur noch eine Möglichkeit. Ich berührte sie am Rücken und unter den Knien. „Halt dich an mir fest." , keuchte ich nahe an ihrem Gesicht, als ich Züleyha auf den Armen trug.

Ömer gab uns Deckung, während ich durch den Raum rannte. Ich drückte das Mädchen an mich, obwohl sie bereits fest meinen Hals umklammert hielt. Schweratmend stieß ich eine Tür auf und eilte durch den Hinterausgang.

„Es wird alles gut, okay ? Wir haben es fast geschafft." , sprach ich Züleyha weich an. Es machte mich wahnsinnig, wenn ich daran dachte, wer ihr das angetan hatte. Mit einer Hand strich ich Züleyha die Strähnen hinter das Ohr, um ihr engelsgleiches Gesicht anschauen zu können.

Ich hörte Sirenen in der Ferne läuten. Eilig entfernte ich mich vom Rathaus, wo die Schüsse noch in vollem Gange zu hören waren. Züleyha's geföhnte Frisur löste sich durch das Gerenne.

Ihre welligen Haare hüpften umher, während ich in Richtung Parkplatz eilte. Ich konnte das Auto mitsamt des Fahrers erkennen, welches auf uns wartete.

„Yilmaz mir..ist schwindelig." , flüsterte Züleyha. Ein Blick auf ihr Bein verriet mir, dass sie bereits viel zu viel Blut verloren hatte.

„Halte durch. Bald ist das alles vorbei. Hey, bleib bei mir." Sanft berührte ich ihre Wange, damit sie die geschlossenen Augen wieder öffnete.

In meiner Bemühung überhörte ich die Schritte hinter mir. So blieb ich angewurzelt stehen, als jemand eine Waffe entriegelte. „Ein Schritt weiter und ich knall dich ab, Karaman."

Ich mahlte mein Kiefer und drehte mich um. Kerem Altintas keuchte, als hätte er den Weg rennend zurückgelegt. Sein Blick fiel auf Züleyha, die das Bewusstsein verloren hatte. Wirre Gefühle waren der Grund, weshalb ich sie fester an mich drückte.

„Gib sie mir und ich lass dich laufen, verstanden ?" , zischte der junge Mann mir zu. Mein Blick war auf die Frau in meinen Armen gerichtet. Ich sah in ihr Gesicht, das trotz der Schminke an Farbe verloren hatte. Züleyha atmete ruhig, als würde sie einfach nur schlafen.

Es kümmerte mich nicht, dass eine Waffe auf mein Schädel zielte. „Nein." , sprach ich meine Gedanken laut aus. „Ohne Züleyha geh ich nirgendwohin."

„Karaman ich sag es nicht nochmal. Wenn du nicht-"

„Bist du dir sicher, dass sie bei euch widerlichen Menschen besser aufgehoben wäre ? Du hast genau sehen, wer ihr das angetan hat !" , unterbrach ich Kerem brüllend.

Schweratmend sah ich in zwei braune Augen, die mich wütend anfunkelten. „Bei dir hat Züleyha aufjedenfall garnichts verloren."

Mir lief die Zeit davon. Der Körper in meinen Armen fühlte sich eiskalt an, weshalb es an der Zeit war, zu gehen. „Sie hat mich freiwillig geheiratet, um es Hüseyin heimzuzahlen. Wüsstest du, was dieser Mann euch angetan hat, würdest du niemals diese Waffe auf mich richten. Deine Schwester wollte dir alles erzählen, aber dafür vertraue ich dir zu wenig. Du stehst auf der falschen Seite, Altintas !"

Kerem runzelte die Stirn. Ihm war die Verwirrung ins Gesicht geschrieben, was mich nicht weiter kümmerte. Ich berührte Züleyha's Puls, der viel zu langsam bebte. „Dank dir vergeude ich hier sinnlos meine Zeit. Nimm deine scheiß Waffe runter und wage es ja nicht, mich aufzuhalten. Meine Frau kommt mit mir !"

Mit diesen Worten drehte ich mich um. Der rote Fleck an ihrem Kleid breitete sich immer weiter aus, weshalb ich missgelaunt meine Hand darauf drückte. Ich rannte zum Auto ohne eine weitere Unterbrechung. Der Fahrer öffnete mir die Hintertür, weshalb ich rasch mit Züleyha einstieg.

Mit Leichtigkeit hob ich sie an und setzte sie auf mich. Ich spürte, wie mich der Mann am Steuer verwundert betrachtete, was mich nicht kümmerte. Meine Aufmerksamkeit war auf Züleyha gerichtet, eher gesagt ihre Wunde. Bestimmt hob ich den Stoff ihres Kleides an und entdeckte sofort, woher das ganze Blut kam.

Hüseyin hatte ihr Unterschenkel getroffen. Ich riss mich zusammen, den Blick nicht zu lang auf ihre entblößten Beine zu halten. Stattdessen sah ich weg und forderte den Fahrer auf, mir ein Tuch und Verband für die Wunde zu geben.

Ich wischte mit einem nassen Stoff das ganze Blut weg. Bedacht, nur auf die wichtige Stelle zu schauen, ignorierte ich den Anblick ihrer Schönheit. Konzentriert wickelte ich den Verband um ihr Bein und war schließlich fertig mit meiner Arbeit. Als ich hochblickte, stellte ich fest, dass der Fahrer mir bei der Behandlung zugesehen hatte.

Der Stoff des Kleides zeigte immernoch ihr halbes Bein. Finster starrte ich den Mann an, der sich beschämt dem Steuer zuwandte. Ich warf noch einen letzten Blick auf Züleyha's entblößte Haut, bevor ich die Sicht für alle verdeckte.

Behutsam strich ich ihr darauf über die Wange und sah aus dem Fenster. Kerem Altintas hatte die Waffe gesenkt und starrte ratlos in unsere Richtung. Aus dem Gebäude eilten Hüseyin und andere ebärmliche Menschen heraus.

Ich hielt den Blickkontakt mit Kerem bei, während der Fahrer den Motor startete. Hüseyin rüttelte an Kerems Sakko, was ihm egal war. Kühl sah ich nach vorne und ließ die Altintas Familie zertrümmert zurück.

Wir hatten den Parkplatz verlassen und fuhren an etlichen Polizisten vorbei. „Wohin soll es jetzt gehen ?" , fragte mich der alte Mann am Steuer. Sein besorgter Blick war auf Züleyha gerichtet, um zu deuten, dass wir lieber ein anderes Ziel einschlagen sollten.

„Schon okay, wir fahren immernoch zum Flughafen. In Leipzig haben wir nichts mehr verloren."

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The tea is hot🤌🏽🤌🏽🤌🏽

Feinde liebt man nicht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt