• die Sache •

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Der nächste Morgen fing damit an, das jemand brüllend auf mich sprang.
„Aufwachen, Geburtstagskind !"

Müezza, die sich neben mir breit gemacht hatte, fauchte verärgert und sprang über mich hinweg davon. An den leichten Geruch nach Zigaretten und seiner dämlichen Lache erkannte ich, dass der Unheilstifter kein geringerer als Kerem war.

Ich stöhnte genervt auf und presste ein Kissen auf mein Gesicht, in der Hoffnung, so meine Ruhe zu finden. Jedoch machte mein Bruder mir einen Strich durch die Rechnung, indem er es mir wegnahm.

„Du hast Geburtstag und schläfst hier wie ein fauler Sack, unfassbar." , meinte Kerem neben mir amüsiert, während ich mich enger an meine Decke schmiegte. Mit geschlossenen Augen schnalzte ich bloß mit der Zunge und drehte mich auf die andere Seite, um seine nervtötende Stimme nicht so nahe an meinem Ohr hören zu müssen.

„Ich bin wach" , log ich ungerührt und hoffte, Kerem damit loszuwerden. Ich hörte meinen Bruder vergeblich seufzen, doch seine Sturheit hielt ihn vom Aufgeben ab.

Er setzte sich auf und hielt für einen Moment inne, als würde er mit Bedacht seine Worte formulieren wollen. Ich machte mich bereits auf die Reise der Träume, bis Kerem sagte :

„Weißt du, abgesehen von deinem Geburtstag wollte ich mit dir noch über..diesen Abend sprechen. Ich weiß, dass jetzt nicht der passende Moment für solche Gespräche ist und deswegen werde keine große Sache daraus machen, nur.."

Plötzlich war ich hellwach und öffnete meine Augen. Das Herz rutschte mir in die Hose, als mir in den Sinn kam, wie ich gegen den Willen meines Bruders mit einem Fremden getanzt hatte. Während der ganzen Aufruhr hatte ich die Sache vollkommen vergessen.

„Du..hast mich dort ziemlich wütend gemacht, Züleyha. Alleine die Tatsache, dass du nicht nur mit irgendeinen Jungen, sondern mit Karaman getanzt hast, treibt mich in den Wahnsinn. Ich bitte dich, du hast gesehen wohin das führt also hör das nächste Mal auf mich, verstanden ?"

Bedrückt spielte ich mit meiner Decke und war froh, dass Kerem meine glasigen Augen nicht sah. Ich fühlte mich elend und brachte es nichtmal zustande, etwas zu erwidern.

Nur weil ich mich wegen einem Satz gekränkt gefühlt hatte..
Wie konnte ich nur so dumm gewesen sein ?

„Was ich mich aber noch frage, ist..Ich habe gesehen, dass dieser..das Karaman dir etwas noch gesagt hat, bevor alles im Chaos ausbrach." , meinte Kerem nachdenklich und ich spürte, wie er mich ansah. „Was hat er dir gesagt, Züleyha ?"

Ich drehte mich auf den Rücken und starrte dabei in die Luft. Mein Herz schlug mir schneller gegen die Brust und ich bemühte mich, Kerem gegenüber neutral zu bleiben. In meinem Kopf durchging ich den Tanz und erinnerte mich sofort an Yilmaz Karaman's Worte :

„Du trägst keine Schuld."

Ich wiederholte es laut und sah in Kerem's Richtung. Alles was ich hörte, war, wie er sich den Bart kratzte und das tat er immer, wenn er über etwas nachdachte.

Neugierig wartete ich also ab und hoffte, dass Kerem mir den Sinn dieser Worte erklären könnte. Vor lauter Fragezeichen würde mein Kopf nämlich in die Luft gehen.

„Warum solltest du aber keine Schuld tragen ? Was hast du überhaupt mit der Sache zutun ?" , murmelte Kerem, anscheinend verwirrt.

Ich setzte mich ebenfalls auf und so berührten sich unsere Schultern. Mein Herz klopfte mir rasend gegen die Brust, denn ich wusste, dass wir einen wichtigen Punkt erreicht hatten.

Mariam rief uns zum Frühstück, doch das überhörte ich bewusst. Kerem schien es ebenfalls nicht wahrgenommen zu haben.

„Die Sache ? Welche Sache ?" , fragte ich vorsichtig. Alles was ich wusste war, dass Vater in dieser ‚Sache' Yilmaz Karaman hätte umbringen müssen. Wieso aber sollte man ein 10 jähriges Kind umlegen ?

Feinde liebt man nicht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt