• Nicht ohne Grund •

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Wir hatten die Gala verlassen und befanden uns nur noch zu dritt im Auto. Denn wo Kerem sich befand, wusste so gut wie keiner. Ebru hatte sich zurück zu ihrer Familie angeschlossen.

Ich hatte versucht, am Tisch mit ihr zu sprechen, was jedoch unmöglich war. Meine Freundin gab keinen Ton von sich, auch nicht, als ihr Vater deswegen mit ihr schimpfte. Deren Stimmung nach zu urteilen, hatte Ebru ihnen noch nichtmal von der Sache erzählt.

Ich ließ sie also widerwillig zurück, nachdem meine Annäherungsversuche gescheitert waren und hoffte nur noch, morgen Antworten aus ihr zu bekommen.

Wie gerne hätte ich Ebru von Yilmaz erzählt, doch es war nicht der passende Zeitpunkt dafür gewesen. Ich durfte sie jetzt nicht noch mit diesen Problemen belasten.

Auf der Rückfahrt herrschte eine angespannte Atmosphäre. Vater fluchte weiter vor sich hin. Hin und wieder stellte er mir Fragen zum Vorfall, die ich völlig außer Fassung bloß in knappen Sätzen beantworten konnte.

„Was ist eigentlich mit dir die ganze Zeit los? Ist noch etwas anderes auf dem Balkon passiert ?" , fragte Vater verwirrt.

Ich dachte an den Autoschlüssel, der eben noch in meinen Händen gelegen hatte. Benommen schreckte ich auf, als ich die Frage wahrnahm und schüttelte sofort den Kopf. „N-Nein, Vater. Ich...Ich bin bloß müde."

Vom Beifahrersitz aus hörte ich ihn seufzen und war erleichtert, als er nichts darauf zu sagen hatte. Ich schloss meine Augen und lehnte mich zurück. Dabei ballte ich meine Hand zur Faust und stellte mir vor, den Schlüssel zu halten.

Morgen würde mir Yilmaz hoffentlich die ganze Wahrheit sagen. Jahrelang hatte ich mit dem Gedanke gelebt, dass ich vollkommen schuldig für den Unfall war. Die Tatsache, dass jemand anderes aber noch etwas beigetragen hatte, brachte mich außer Fassung.

Ich schmunzelte bei dem Gedanke, dass Yilmaz mich vielleicht auch einfach nur anlog und dies tat, um mich zu entführen. Was hatte ich aber schon zu verlieren ?

-

Am nächsten Tag versuchte ich Ebru zu erreichen und hörte ihre Mailbox läuten. Ich gab es auf und lief rüber zu Kerem's Zimmer. Als ich versuchte, ihn aufzuwecken, fasste ich ins Leere, wodurch ich verstand. Der Ordentlichkeit seiner Laken nach zu urteilen, war er nichtmal nachhause gekommen.

Frustriert knallte ich die Zimmertür hinter mir zu und kehrte wieder in meins zurück. Die Sache zwischen den beiden hatte mir den Schlaf geraubt und ich konnte nur für sie hoffen, dass sie es heute noch gut lösen.

Auf das Frühstück verzichtete ich und machte mich eher für die Arbeit zurecht. Den Chauffeur Selim in Eile zu versetzen, konnte ich uns diesmal ersparen. Ich zog mir einen dünnen Cardigan über und kombinierte ihn mit einer lockeren Jeans.

Die Haare ließ ich offen und so saß ich schließlich grübelnd am Schminktisch. Ich dachte daran, dass ich mit Yilmaz Karaman nach der Arbeit etwas unternehmen würde. Auch wenn der Anlass nichts Positives war, griff ich nach meiner Wimperntusche.

Ich öffnete den Deckel und spürte ein flaues Gefühl in mir aufkommen. Bevor ich meine Augen tuschen konnte, hielt ich in meiner Bewegung inne und schüttelte den Kopf. Was tat ich hier eigentlich ?

Schleunigst erhob ich mich von meinem Stuhl und schlug mir gegen den Kopf. Wieso sollte ich mich für jemanden wie ihn schick machen ? Es war bloß ein Treffen, Züleyha. Ich fasste mir an die erhitzten Wangen und versuchte, Ruhe zu bewahren. Als ich von unten meinen Chauffeur Selim rufen hörte, griff ich benommen nach meinem Handy und lief aus dem Zimmer.

Auf der Fahrt teilte ich Selim mit, dass er mich nicht nach der Arbeit abholen brauchte. „Wir haben ein Gruppenmeeting.", meinte ich rasch und hoffte, mir nichts angemerkt zu haben. Es fühlte sich an, als würde ich gerade ein Verbrechen begehen. Eigentlich konnte man meine Tat damit gleichsetzen.

Feinde liebt man nicht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt