Z Ü L E Y H A
„Wer wird uns nochmal abholen ?" , fragte ich mit schiefer Stimme. Yilmaz hatte mir erzählt, dass er in Istanbul noch Familie hatte. Dass ich sie als seine Frau kennenlernen würde, machte mich sichtlich nervös.
Ich wollte einen guten Eindruck hinterlassen, schließlich ging es hier um Verwandte eines Menschen, den ich liebte. Mir wurde flau, da ich mit meinem Kommen höchstwahrscheinlich das Gegenteil bezwecken würde. Schließlich war ich die Tochter von Hüseyin Altintas, welcher bei den Karamans definitiv verhasst war.
„Meine Tante Yeliz wird kommen. Keiner Sorge, sie ist kein Eisbrocken wie ihr Sohn Emir. Das Temperament haben wir Jungs eher von unseren Vätern." , erzählte mir Yilmaz, worauf ich nicht wirklich beruhigt sein konnte.
Ich stellte mir das Szenario vor, wie sie mich vollkommen ignorierte und eher ihren Neffen willkommen hieß. Die anderen Familienmitglieder würden dasselbe tun, viel schlimmer noch: Sie zeigten ihre Abneigung, indem sie mich bloßstellen oder demütigen.
„Züleyha." , sprach mich einer der Karamans von der Seite aus an. In Sorgen versunken sah ich in seine Richtung und fragte mich, ob er mich bewusst in diese Lage geführt hatte.
Anscheinend sah man mir die Verzweiflung an, da Yilmaz anfing, zu lachen. „Sag mir nicht, dass du deswegen so unruhig bist."
Statt ihm eine Bestätigung zu geben, drehte ich mein Gesicht von ihm weg. Dass der Idiot sich über mich amüsierte, ließ mich selbst die Frage stellen, ob ich mit meinen Faszinationen nicht überreagiert hatte.
„Keine Sorge, außer Emir's Familie weiß keiner von dir Bescheid. Tante Yeliz kann einem Käfer nichtmal Leid zufügen. Du wirst sie lieben."
„Und was ist mit deiner restlichen Verwandtschaft ? Auch wenn sie jetzt nicht davon wissen, werden sie sicherlich von uns hören. Höchstwahrscheinlich gibt es etliche unter ihnen, die mich abgrundtief hassen." , sprach ich meine Sorgen an.
Ich holte Luft, um damit fortzufahren, bis Yilmaz seine Hand auf meinen Arm legte. „Was die anderen sagen, ist irrelevant. Solange du meine Frau bist, lasse ich nicht zu, dass man dir Schlechtes antut. Dafür müssen sie erst an mir vorbei." , beruhigte er mich.
Leise seufzte ich. Mit meiner losen Hand fuhr ich mir über das Gesicht und versuchte mit den Gefühlen klarzukommen, die mich übernahmen. An Yilmaz Berührungen konnte ich mich immernoch nicht gewöhnen, auch wenn diese höchstwahrscheinlich auf eine freundschaftliche Art waren.
Nach der Hochzeit war zwischen uns eine Atmosphäre aufgetaucht, die nicht zu beschreiben war. Dass er mich trotz der Schusswunde mitgenommen hatte, ließ all den restlichen Hass zu ihm entgültig verschwinden. Yilmaz war jemand, der an sein Wort hielt und alles dafür tun würde, es nicht zu brechen.
Mein Vertrauen für ihn war ins Unermessliche gestiegen. Seine Taten brachten mich dazu, ihn nur noch mehr zu lieben. Und es schmerze mich, dass die Liebe nur einseitig basierte.
„Yilmaz." , sprach ich leise. Der junge Mann zog seinen Ohrstöpsel heraus und wartete auf meine nächsten Worte. Ich knetete mal wieder die Hände und nahm all meinen Mut zusammen. „Danke..für alles. Du hast mir dir Augen geöffnet und mir dann auch noch das Leben gerettet. Das hättest du nicht tun müssen. Ich weiß nicht, wie ich es dir zurückzahlen kann, aber ich werde es definitiv tun."
Yilmaz schwieg für einen Moment. Ich hörte, wie er sich an den Haaren kratzte, als würden in meine Worte in Verlegenheit bringen. „Das ist doch selbstverständlich. Dafür brauchst du dich nicht zu bedanken."
Ich schüttelte demonstrativ den Kopf. „Viele hätten nicht dasselbe getan wie du. Deine Eltern haben einen tollen Sohn erzogen."
Ein Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht, als Yilmaz sich beschämt bedankte. So hatte ich ihn noch nie erlerbt. Wenn es um seine Eltern ging, erschien hinter der kalten Fassade ein Junge, der voller Liebe strahlte. Und es machte mich traurig, dass Hüseyin Altintas ihm seine wichtigsten Menschen gestohlen hatte.
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Feinde liebt man nicht
Romans„Du bist mein Untergang, Yilmaz. Das mit uns..wird nicht gut enden." „Dann lass uns gemeinsam versinken, Züleyha. Nur du und ich, gegen den Rest der Welt." ∞ Züleyha Altintas verliert an einem Unfall das Augenlicht und gleichzeitig ihre Mutter...