XXVIII. Fassunglos

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8. September 1976

Eigentlich war heute für Außenstehende ein Tag wie jeder andere, jedoch war die Stimmung bei uns mehr als angespannt. Ich saß zum ersten Mal wieder bei Severus am Slytherin-Tisch zum Essen. Remus fehlte seit gestern wieder im Unterricht und war sicher untergebracht in der heulenden Hütte, nachdem heute wieder Vollmond war. Abends sollte außerdem die Party des Slugclubs stattfinden, was ebenfalls zur meiner Stimmung beitrug, aus Angst, dass eventuell ein blutrüstiger Werwolf an der Party teilnimmt.

„Beruhig dich, Ani. Es wird alles gut gehen. Es geht immer alles gut.", versuchte Severus mich beim Essen zu beruhigen, jedoch half das nicht wirklich.

„Ich hab nur einfach ein doofes Gefühl, Severus.", murmelte ich ihm entgegen.

Unterstützt wurde dies noch durch die Meldungen im Tagespropheten, in den letzten Tagen. Immer wieder wurde von Morden durch Voldemort und seinen Anhängern geredet und langsam aber sicher machte ich mir Sorgen, dass meine Familie eventuell auch damit zu tun hatte. Sirius' Eltern waren schließlich mit einer ziemlich sicheren Wahrscheinlichkeit involviert in die ganze Sache.

Ganz zu schweigen davon, dass ich meine alten Freunde nicht mehr wieder erkannte. Narcissa war mittlerweile mit Lucius Malfoy zusammen und ihre Hochzeit schien ebenfalls in Planung zu sein. Bellatrix hatte bereits geheiratet und ihr Mann war Rodolphus Lestrange, treuer Todesser.

Andromeda hingegen war die einzige, welche ich noch regelmäßig sprach. Sie hatte mittlerweile eine Tochter. Nymphadora war ihr Name. Durch ihre Ehe mit Ted Tonks wurde sie aus der Familie verbannt, da er muggelstämmig war.

Auf einmal riss mir jemand meine Zeitung aus der Hand und ich bemerkte schnell, dass es sich um Severus handelte.

„Gib sie mir wieder!", zischte ich ihn an und versuchte die Zeitung wieder zu erreichen, aber Severus hielt sie so weg, dass alles, wo zu es führte, war, dass ich mich mit meiner rechten Hand auf seinem Oberschenkel abstützte und fast über ihn hinweg fiel.

„Langsam, langsam.", neckte er mich und ich rutschte schnell wieder ein Stück von ihm weg und seufzte.

„Wieso kümmert es dich so sehr?", fragte er mich dann.

„Es sterben Menschen, Severus.", erklärte ich ihm bitter und verstand um Himmelswillen nicht wieso er so reagierte.

„Muggel!", versuchte er mich zu verbessern, doch dies brachte mich nur dazu aufzustehen und wortlos zu gehen.

Wie konnte es sein, dass er sich so verändert hat? Oder war ich diejenige, die sich verändert hatte?

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Marlene mich an der Tür zur großen Halle abfing.

„Hey Ani! Ich muss dir jemanden vorstellen.", hörte ich sie sagen und war erst etwas überrascht aber dann lächelte ich leicht.

„Das ist Dorcas.", meinte sie und zeigte auf das Mädchen neben sich. Sie hatte wunderschöne lange braune Haare und ihre Haut strahlte förmlich.

„Hey, ich bin Dorcas Meadowes.", meinte sie und hielt mir die Hand hin.

„Anastasia Prince, aber du kannst mich ruhig Ani nennen.", entgegnete ich aber merkte, dass ich immer noch nicht ganz bei der Sache war.

„Bist du dann eine aus der Prince-Familie?", fragte sie neugierig und ich schluckte.

„Zumindest auf dem Papier, ja.", murmelte ich leise.

Wir unterhielten uns noch ein wenig und sie schien echt nett zu sein. Auch wenn ich mich ständig fragte, wie ich sie Jahre lang nicht bemerken konnte.

„Dorcas wird mich heute Abend übrigens begleiten.", murmelte Marlene schüchtern, was ich gar nicht von ihr gewohnt war, deswegen begann ich erst zu verstehen und meine Augen wurden kurz etwas größer.

Dorcas war also wirklich ihr Date und nicht nur eine Freundin, die sie begleitete.

„Ich freu mich euch heute Abend zu sehen.", meinte ich ehrlich und begann breit zu grinsen, als ich dieses Glitzern in Marlenes Augen sah.

Als sie dann in die große Halle gingen und ich gerade meinen Weg fortsetzen wollte, rannte ich in jemanden hinein, den ich relativ schnell als Regulus identifizierte.

„Alles in Ordnung?",erkundigte ich ihn und strich mir die Haare hinter die Ohren.

„Passt schon und bei dir?", fragte er sofort besorgt und strich mir den imaginären Staub vom Umhang.

Kurz sah ich ihn an und erinnerte mich an den ganzen Mist, der die letzte Zeit passiert war, bevor ich genervt murmelte: „Den Umständen entsprechend."

Da seufzte der jüngere Black vor mir und meinte dann: „Ani, es tut mir wirklich leid. Ich will das alles doch auch nicht!"

„Wirklich, Regulus? Wieso hast du dann nichts gesagt, als wir bei mir waren? Oder wieso wehrst du dich allgemein nicht dagegen?", wollte ich von ihm wissen und merkte, dass ich immer saurer wurde.

Ich konnte und wollte einfach nicht verstehen, wieso er so feige war.

Er sagte auch nach einer Minute noch nichts und sah mich einfach angestrengt an.

„Dachte ich mir.", sagte ich leise, bevor ich zum Unterricht ging.

THE LIES || s. blackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt