IX. Geschrei

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1. April 1976

Einige Monate nach dem Vollmond. Die einzige Person, die ich seit dem wirklich gesprochen hatte war Severus, den ich vom Ball und Sirius erzählt hatte. Gerade hatte ich den Gemeinschaftsraum verlassen und war auf dem Weg zur großen Halle, da es Abendessen gab, als auf einmal James, Peter und Remus vor mir standen.

„Da ist ja die Slytherin-Prinzessin! Wir wollten dich etwas fragen.", meinte James, als ich gekonnt an ihnen vorbei gegangen war und versuchte somit mich zum Stehen zu bringen, was ihm auch gelang.

„Nenn' mich noch einmal so und du kommst erst gar nicht so weit zu fragen.", zischte ich ihn an, während ich mich wieder zu den drei Gryffindors drehte.

„Wir gehen heute Abend nach dem Essen zum See und wollten dich fragen, ob du mit gehen möchtest.", meinte James dann und ignorierte meine Aussage somit völlig.

„Wieso? Ist das ein Scherz? Ihr wollt mich nur veräppeln oder?", fragte ich verwirrt, dass ausgerechnet Potter mich zu einem Treffen mit ihnen einlud.

„Nein wir meinen das ernst!", entgegnete mir Peter dann etwas zu energisch, weswegen ich zusammen zuckte.

„Was Peter damit sagen wollte, ist, dass wir doch sehen, dass du oft alleine bist und wir wollten dich einfach etwas besser kennenlernen. Remus meinte, dass du ganz nett seist.", ergänzte James die Aussage seines Freundes etwas eleganter.

Ich seufzte, bevor ich entgegnete: „Nur weil ich euer kleines Geheimnis kenne, heißt das noch lange nicht, dass wir jetzt Freunde sind. Keine Angst, Jungs, ich werde niemanden von eurem kleinen-...", ich versuchte die richtigen Worte zu finden, „...Nennen wir es mal ‚wiederholenden Abenteuer' erzählen."

Die Jungs seufzten erleichtert.

„Also war es wirklich, weil ihr dachtet, dass ich plapper? Dumbledore hat mich genauestens eingeweiht und ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass ich einen alten weisen Zauberer hintergehe, der mich mit einem Blick in eine Maus verwandeln könnte, wenn er wollte?", grummelte ich sie an und wollte wieder zum Essen gehen, doch unterbrach mich diesmal Peter: „Du könntest Lily kennenlernen! Und Marlene!"

Genervt drehte ich mich erneut zu ihnen und fragte: „Marlene kenne ich. Und zu Lily: Wieso sollte ich?"

„Ihr könntet euch ja als Vertrauensschüler austauschen?", wollte James Peters Aussage erneut abrunden, klang dabei aber eher, als würde er eine Frage stellen, anstatt eine Aussage zu liefern.

„Ihr seid solche Dummköpfe.", murmelte ich, „Wenn wir schon bei Dummköpfen sind, wo ist eigentlich euer lieber Schnuffel?"

„Unser WAS?", fragte James verwirrt, während Remus zu kichern begann. Er hatte scheinbar verstanden, wen ich meinte.

„Er ist bei Marlene und-...", wollte Remus erklären, doch ich verzog angewidert das Gesicht: „Okay, stop. Das reicht mir an Details. Ich hab bei der letzten Party genug gesehen."

Wieder setzte ich an zu gehen, doch dann hielt mich Remus sanft am Arm fest und sagte: „Wenn du James und Peter nicht zuhören willst, dann hör wenigstens mir zu. Ich möchte, dass du kommst, weil ich dich nett finde."

„Remus, du hast gerade deine Glaubwürdigkeit verloren, als du gesagt hast, dass du mich nett findest. Niemand auf dem ganzen Schulgelände findet mich „nett".", murmelte ich etwas niedergeschlagen. Ich wusste aber nicht so ganz, ob es wegen dem Hunger war, oder ob es war, weil ich es eigentlich gar nicht so toll fand, wie ich immer sagte, dass mich jeder mit Vorurteilen beäugte.

„Bitte, Anastasia.", murmelte nun der Werwolf vor mir.

„Fein, ich werde kommen.", meinte ich dann und ließ sie dann endlich für mein heiß geliebtes Abendessen stehen.

„Was machst du heute Abend?", fragte mich dann schließlich mein Cousin, als das Essen schon fast vorbei war.

„Wieso fragst du?", wollte ich von ihm wissen, während ich immer noch kaute.

„Ich wollte dich nur fragen, ob du Zeit hast.", murmelte Severus in sich hinein und es schien so, dass es ihn viel Überwindung gekostet hatte, mich das zu fragen.

Meine Antwort sollte mich auch viel Überwindung kosten, denn mein Blick schnellte auf einmal zum Gryffindor-Tisch, was ich lieber nicht getan hätte, denn da sah ich wie Sirius Marlene seine Zunge in den Hals schob. Irgendwie ärgerte mich sonst eher der Fakt, wie dumm Marlene eigentlich war immer sich immer wieder mit ihm abzugeben. Doch heute war es anders. Mich störte allein der Fakt, dass Sirius schon wieder mit jemanden zusammenhing.

„Ich kann heute leider nicht, Sev. Tut mir leid.", murmelte ich leise, als ich ihn wieder ansah.

Als er mich fragte, weshalb ich nicht konnte, sah ich wieder zum Gryffindor-Tisch, doch diesmal bemerkte er meinen Blick und sofort wurde seiner eiskalt.

„Das ist nicht dein Ernst oder?", fragte er mich angesäuert und fassungslos.

Ich sagte nichts.

„Kriechst du ihnen jetzt in den Arsch wegen der Sache neulich?", schrie er mich nun schon beinahe an, was einige dazu brachte sich zu uns zu drehen. Natürlich spielte Severus auf Remus Werwolf-Sache an.

Ich schüttelte nur leicht den Kopf, unfähig etwas zu sagen und das obwohl ich normalerweise nicht auf den Mund gefallen war. Ich wusste, dass ich Severus unrecht tat. Aber er war auch nicht in meiner Position und konnte mich so noch weniger nachvollziehen.

„Sprich endlich, Prince!", zischte er mich an und wieder verstummten einige Leute.

„Vielleicht sind sie ja doch ganz nett.", sagte ich so leise, dass ich mir unsicher war, dass Severus es überhaupt unter all dem Gemurmel gehört hatte.

„Ganz nett? Sag mal bist du auf den Kopf gefallen?", schrie er mich nun so laut an, dass auch die letzten Stimmen in der großen Halle verstummten.

„Es ist nicht so wie du denkst?", murmelte ich leise.

„Was ist denn hier los, Mr. Snape?", fragte Slughorn sofort und wollte den Streit beenden, aber Severus ließ sich davon kein bisschen beirren und schrie mich weiter an: „ WIE IST ES DENN DANN, ANASTASIA? Sag es mir! Für mich sieht es nämlich so aus, als würde die einzige Freundin, die ich jemals hatte etwas mit genau den Leuten machen, die mich nach wie vor hänseln, als gäbe es keinen Morgen mehr! Weißt du was? Hoffentlich schafft es deine Familie deine sture Art endlich aus dir herauszufluchen!"

„MR. SNAPE!", schrie nun Dumbledore und endlich schien er mit seinen Worten von mir abzulassen.

„Nachsitzen. Die nächsten zwei Wochen.", meinte Slughorn mit hartem Ton, den ich vorher noch nie von ihm gehört hatte, doch viel bekam ich nicht mehr mit, denn ich merkte, wie mir Tränen in die Augen stiegen und ich rannte aus der Halle, aus Angst, dass es jemand sehen könnte.

THE LIES || s. blackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt