XXII. Schmerzen

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7. Juli 1976

Seit zwei Wochen wusste ich jetzt schon von Marlenes Geheimnis. Ich würde niemals einer Menschenseele davon erzählen und hoffte für sie einfach, dass sie glücklich wurde.

Gerade war ich mit Remus in deren Schlafsaal, den die Jungs, welche es mittlerweile wussten, uns überlassen hatten und sich in den Gemeinschaftsraum verzogen hatten.

Wir waren bestimmt eine Stunde einfach so dagelegen und ich merkte immer stärker, dass irgendetwas nicht stimmte.

„Was ist los, Remus?", fragte ich ihn sachte und setzte mich auf, um meinen Freund besorgt anzusehen.

„Wir müssen reden.", seufzte Remus dann und setzte sich ebenfalls auf, sodass wir beide an seiner Bettkante saßen.

„Mach mir bitte keine Angst, Remus.", murmelte ich leise.

„Ich wünschte, ich könnte dich beruhigen."

„Das hört sich nicht gut an."

„Ich kann das nicht, Ani.", meinte er dann.

„Was?", wollte ich wissen.

„Ich... Wir.. Wir können nicht... Das hier muss aufhören.", gestand er mir dann stotternd und fuhr sich anschließend durch die Haare.

Ich sah ihn erschüttert an und hoffte einfach nur, dass er nicht das tat, was ich gerade dachte, was er tun würde.

„Nein...", murmelte ich.

„Ani... Bitte mach es nicht schwerer als es ist.", meinte er leise und es liefen ihm Tränen über die Wangen.

„Du machst Schluss?", fragte ich dann und merkte wie meine Wangen ebenfalls feucht wurden.

Es wurde ruhig. Remus brachte es scheinbar nicht übers Herz.

„Remus, rede mit mir!", befahl ich dem Jungen vor mir.

„Ja, Ani. Ich mach Schluss.", meinte er dann zum ersten Mal und seine Stimme war wieder etwas fester als gerade.

„Wieso, Remus?", fragte ich ihn und verstand es einfach nicht. Es war doch alles perfekt.

Ich konnte langsam aber sicher nicht mehr kontrollieren wie viele Tränen über meine Wangen liefen aber ich versuchte es weiterhin.

„Bitte wein' nicht, Ani!", sagte Remus mit schmerzerfülltem Ton. Es tat ihm scheinbar wirklich leid.

„Nenn' mir einen Grund, wieso ich nicht weinen sollte, Remus. Du trennst dich nach knapp einem Monat von mir und willst mir nicht einmal sagen wieso. Das ist nicht fair, Remus.", stellte ich ihm die Tatsachen dar.

Remus seufzte, bevor er endlich zu erklären begann: „Ich werde dich verletzen, Ani. Das möchte ich aber unbedingt vermeiden."

„Du bist viel zu gut, um das zu tun.", meinte ich dann und er lachte bitter auf: „Der Wolf in mir aber nicht. Er wird dich früher oder später verletzen."

Es wurde ruhig. Das war es also. Deswegen wollte Remus mich verlassen.

„Das wird er nicht.", versuchte ich ihm einzureden, wobei ich glaubte, dass ich es eher mir in den Kopf reden wollte. Immerhin war es nicht so, als hätte ich nie davon geträumt, dass Remus mich zerfleischen würde und der Gedanke machte mir bis heute Angst. Egal wie abwegig es war.

„Ich kann es nicht kontrollieren, Ani. Das weißt du auch. Bitte versuch mich wenigstens zu verstehen.", murmelte Remus und nahm meine Hand in seine.

Endlich hatte ich die Kraft meine übrigen Tränen zu unterdrücken und dachte kurz nach. Er hatte recht. Wir konnten nicht zusammen sein, wenn wir beide ständig in Angst lebten. Es war schließlich etwas anderes, ob man nur befreundet oder zusammen war. Man verbrachte so nun mal deutlich mehr Zeit miteinander und somit waren deutlich mehr Situationen gegeben, in denen man sich gegenseitig verletzen konnten.

„Es ist okay.", sagte ich leise und spürte währenddessen aber wie schwer es mir fiel, mir dies einzugestehen.

„Was?", fragte er verwundert.

„Es ist in Ordnung, Remus. Ich verzeihe dir.", murmelte ich.

Stürmisch nahm er mich in den Arm.

Ich löste mich nach einigen Momenten aus seinen Armen und sah ihn überrascht an.

„Es tut mir alles wirklich sehr leid, Ani. Ich könnte mir eine Welt ohne dich in ihr nicht mehr vorstellen aber ich denke es ist besser, wenn wir nur Freunde bleiben.", murmelte er leise und sah auf seine Hände.

Wieder kamen mir etwas die Tränen aber dieses Mal bemühte ich mich nicht sie wieder hinunter zu schlucken. Remus genauso wenig.

Da nahm er mein Gesicht in seine Hände und atmete tief durch, während er meine Tränen wegwischte.

„Darf ich dich noch einmal küssen, Ani?", fragte er leise.

Ich nickte vorsichtig, bevor er es tat.

Wir küssten uns noch ein letztes Mal, als würden wir uns danach nie wieder sehen.

Als wir uns lösten, murmelte ich: „Versprich mir, dass du für immer für mich da sein wirst."

„Versprochen.", meinte er leise und hielt mir den kleinen Finger hin, welche wir dann verhakten.

„Vergiss nicht, Ani. Ich lass dich niemals allein.", murmelte er traurig und ich nickte: „Ich dich auch nicht, Remus."

Dann stand ich auf und ging aus dem Schlafsaal und direkt in den Gemeinschaftsraum hinein, wo ich auf die drei Jungs traf.

James war der Erste, der bemerkte, dass etwas nicht stimmte.

„Was ist los?", fragte er mich und jegliche Stärke, die ich mir in den letzten Momenten aufgebaut hatte, brach mit einem Satz zusammen und ich fing bitterlich zu weinen an.

„Wir haben uns getrennt.", gestand ich ihm und fiel in seine Arme.

Behutsam strich mir James über die Haare.

„Alles wird gut.", murmelte er leise und versuchte mich zu beruhigen, was ihm auch gelang.

Ich trat etwas von ihm weg und murmelte: „Es war besser so."

Da kam ein weiterer Schwall Tränen, weswegen ich mich bei den Jungs entschuldigte und ging.

Meine Beine sollten mich zum Raum der Wünsche tragen.

THE LIES || s. blackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt