54. Keine Familie

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22. Januar 1978

In meinem Kopf drehte sich alles, während ich so langsam aber sicher wieder wach wurde. Zögerlich öffnete ich die Augen und bemerkte sofort, wie übel mir war. Ich konnte mich also gerade noch rechtzeitig vom Bett wegdrehen und musste mich übergeben.

„Endlich.", hörte ich schließlich leise eine Stimme neben mir, welche eindeutig die meines Vaters war.

Erschrocken sah ich zu ihm und sah, wie er dort neben dem Bett auf einem Stuhl saß. Bei genauerem Hinsehen, erkannte ich, dass es sich hierbei um meinen Schreibtischstuhl handelte, weswegen ich kurz durch das Zimmer sah und bemerkte, dass es mein eigenes Kinderzimmer war.

„Wisch es auf.", meinte Dad dann zu meiner Mutter welche leer dreinblickend in der Ecke stand und sich dann beinahe roboterhaft auf den Weg machte, das Erbrochene neben dem Bett wegzuwischen.

„Mom.", flüsterte ich ihr verzweifelt zu aber sie sah mich nicht einmal mal an, bevor sie alles wegmachte und dann auf Bitte meines Vaters den Raum verließ.

„Was soll das?", fragte ich meinen Vater zitternd und schockiert über seine Methoden.

„Du bist zuhause, Liebes.", meinte er ruhig, aber seine Augen waren so kalt wie noch nie.

„Das beantwortet mir meine Frage aber nicht.", entgegnete ich ihm dann, nachdem ich mich etwas gesammelt hatte.

„Ich denke, du weißt wieso. Du weißt doch, was bald ist.", half er mir auf die Sprünge und plötzlich traf es mich wie ein Schlag.

„Die Hochzeit...", wisperte ich mit brüchiger Stimme und verachtete mich dafür, dass ich mit sowas nicht gerechnet hatte. Wieso sonst war es so ruhig um diese Sache geworden?

„Richtig, meine Süße." – „Nenn mich nicht so."

„Es bringt dir nichts zu rebellieren. Deine Freunde wissen schon längst Bescheid über deine Zukunft.", meinte er immer noch ruhig und lächelte leicht.

„Was hast du getan?", zischte ich ihn an.

„Ich habe ihnen Briefe zukommen lassen, in denen du sehr bedauerst, dass du dich leider doch deinen Eltern hingeben musst und dieses Spiel satthast. Dass du Regulus doch heiraten möchtest und vor allem, dass du dich tragischerweise von diesem anderen Nichtsnutz von Black trennen musst.", zitierte er aus seinem Brief und ich spürte, wie es in mir zu brodeln begann.

„Sein Name ist Sirius.", sagte ich ernst und musste mich kontrollieren, meinem Vater nicht hier und jetzt ins Gesicht zu schlagen. Doch ich beherrschte mich, denn dieser Schritt würde mich wohl eher in unseren Keller bringen, als zurück zu meinen Freunden.

„Das ist mir sowas von egal, denn dein Name wird bald auch Black sein und das nicht wegen dem Idioten, dessen Mutter scheinbar einmal zu wenig zugeschlagen hat!", brachen nun die wahren hasserfüllten Emotionen aus meinem Vater heraus.

„Ich will, dass du gehst.", sagte ich nun ruhig und bestimmt, da ich sonst nicht wusste, was ich ihm wortwörtlich an den Kopf schmeißen würde.

„Das ist mein Haus, meine liebste Anastasia.", zischte er mich an.

Doch weiter kam keiner von uns beiden, denn auf einmal vernahm man ein zögerliches Klopfen an der Tür und mein Vater bat den Verursacher dessen herein.

Erst erkannte ich ein paar dunkle Locken und wenig später lugte das Gesicht von Regulus hervor, welcher verängstigt hereinblickte.

„Ich lass euch dann mal allein.", meinte mein Vater, stand auf und schloss beim Gehen die Tür hinter sich.

Regulus hingegen blieb in der Ecke neben der Zimmertür stehen und das so stocksteif, dass man Angst haben musste, er würde auseinanderbrechen, wenn man ihn nun zu heftig anstupsen würde.

„Was willst du?", fragte ich ihn kalt, als er nach weiteren fünf Minuten immer noch kein Wort herausgebracht hatte.

Ich war so unglaublich wütend auf ihn. Ich konnte und wollte einfach nicht verstehen, wie man so verlogen sein und in so einer Doppelmoral leben konnte, wie Regulus es tat.

Ich hatte ihn immer in Schutz genommen, vor jeglichen Attacken, die Sirius auf ihn machte, egal ob er anwesend war oder nicht. Ich hatte sogar nach seinem Beitritt bei den Todessern zu ihm gehalten und das war der Dank dafür.

Er war für mich gestorben.

„Es tut mir so leid.", murmelte er leise, doch jeder Ton, den er von sich gab, prallte auf mich ein wie Glassplitter.

„Bitte geh einfach.", meinte ich dennoch ruhig und würdigte ihn keines Blickes. Mein Blick geradewegs auf die kahle Wand gerichtet.

„Ani, ich-..." – Ich hab gesagt, du sollst verschwinden!"

Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, spürte ich, wie ich losließ. Eine Träne nach der anderen kullerte mir über die Wange und schließlich weinte ich vollkommen. Wieso mussten solche Dinge immer mir passieren?

Während ich also hier saß und einfach nur zu Sirius wollte, wurde mir aber eine Sache immer mehr bewusst...

Wer hatte mir den Trank durch den Cupcake verabreicht und steckte somit mit meinem Vater unter einer Decke?

THE LIES || s. blackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt