56. Monster

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2. Februar 1978

Unruhig ging mein Blick durch die Reihen der Schüler, stets auf der Hut, dass mir wieder etwas passieren könnte.

Wir hatten mittlerweile durch meine Mutter erfahren, dass die Personen, die mich vergiftet hatten Rosier und Dolohov waren, welche deswegen der Schule verwiesen wurden. Dies hatte jedoch den Unmut aller Slytherins auf mich gelenkt, weswegen ich meine Ängste mich in meinem Gemeinschaftsraum blicken zu lassen nicht wirklich gelegt hatten.

Ein weiterer Faktor, welcher meine Angst strapazierte, war, dass Regulus seit dem nicht mehr in der Schule gewesen war und ich dazu auch nur von meiner Mutter über Dumbledore erfuhr, welcher neben McGonigall als einziger von dem wirklichen Grund für das Ableben meines Vaters wusste.

Von meinen Freunden schottete ich mich dazu auch beinahe vollkommen ab und wollte die meiste Zeit alleine sein. Alle meine Mitschüler sahen mich komisch an, denn es wusste zwar jeder, dass mein Vater tot war aber wie er gestorben war, wusste sonst niemand. Dies bedeutete, dass wilde Theorien aufgestellt wurden und vor allem von den Todesser-Freunden von Dolohov und Rosier wurde weit verbreitet, dass meine Mutter ihn getötet hätte.

Die Leute, die sich an der Theorie festklammerten, dass ich es gewesen sein muss, hatten nun noch mehr Angst vor mir, da es schließlich ebenfalls breit bekannt war, dass unsere alte Haushalterin Esmeralda unter ähnlichen Umständen gestorben war. Sie hielten mich dementsprechend für eine zweifache Mörderin.

Ich hatte somit noch weniger Ruhe, als ich es eh schon hatte.

Zur Beerdigung meines Vaters war ich nicht gegangen, was schließlich zum schlimmsten Konflikt meinerseits führte, denn James hatte seitdem nicht mehr mit mir gesprochen. Er hatte es neben dem Fakt, dass es mein eigener Vater war, für absolut unverständlich gefunden, dass ich den Todesfluch so leichtfertig benutzt hatte. Schließlich war es bekannt, dass man die unverzeihlichen Flüche nur verwenden konnte, wenn man es wirklich wollte.

Lily versuchte zwar weiterhin für mich da zu sein, aber der Fakt, dass sie nun ja mehr Zeit mit James verbrachte, als vorher schon, führte dazu, dass sich unser Kontakt ebenfalls beschränkte. Man merkte, genauso wie bei den anderen, dass ihr die Sache doch suspekter vorkam, als sie es zugab.

Sirius saß also bei mir mit am Slytherin-Tisch. Er war anfangs wirklich sehr schockiert, was passiert war, schließlich war er auch der einzige Augenzeuge, neben dem nicht auffindbaren Regulus. Dennoch versuchte er mich irgendwie zu schützen, dass es mir einigermaßen annehmbar ging.

Ich schätzte dies sehr, aber ich spürte, dass es an ihm nagte. Wie er dort bei mir saß und sein Getränk hinunterkippte aber immer wieder zu seinen Freunden schielte. Metaphorisch kippte er gerade die Schuld hinunter, als wäre es das beste Butterbier, das er je getrunken hatte.

Er vermisste seine besten Freunde sehr und ich war das Einzige, was ihn davon abhielt wieder mit ihnen vereint zu sein. Ich fällte eine Entscheidung.

„Du musst das nicht tun, Sirius.", meinte ich in mattem Ton und sah ihn an.

Er wiederum fragte mich verwirrt, was ich meinte.

„Du musst nicht so tun, als würdest du es okay finden, was ich getan hab.", erklärte ich genauer und merkte, dass ich jetzt schon mit den Tränen zu kämpfen hatte.

„Ani, ich bin für dich da.", murmelte er leise und ahnte bereits, was kommen würde.

„Du weißt genauso gut wie ich, dass deine Gefühle für mich die Wahrheit für dich abschotten.", meinte ich und sah auf den Tisch-

„Ani-..."

„Du wärst nicht hier, wenn du keine Gefühle für mich hättest. Das weißt du genauso gut wie ich."

Er blinzelte.

„Geh bitte zu James. Du musst das nicht tun.", murmelte ich.

„Ani-..." – „Bitte geh."

Sirius nahm meine Hand und drückte sie fest, weswegen ich ihm wieder in die Augen sah. Ich hatte ihn verletzt. Er wollte mich mit seinem Blick nach Erlaubnis, die ich ihm schweren Herzens gewehrte, da ich ihn nicht von seinen Freunden abschotten wollte.

Wortlos stand er also auf und trottete niedergeschlagen zu seinen Freunden hinüber. Es schmerzte sehr aber ich wusste, dass es das Richtige war. Niemand sollte schließlich mit so einem Monster, wie ich es war, befreitet sein. Ich hatte meinen Vater kaltblütig ermordet und nichts und niemand konnte dies mehr rückgängig machen.

Mein Blick glitt zum Lehrertisch und geradewegs blickte ich in Dumbledores Gesicht. Ohne ihn wäre ich nun nicht mehr hier und ich fragte mich, ob es wohl die richtige Entscheidung von ihm war, mir noch eine Chance zu geben.

THE LIES || s. blackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt