XXXIX. Wunden

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25. Februar 1977

Niedergeschlagen saß ich am Frühstückstisch und sah gebannt auf die Müsli-Schüssel vor mir. Heute war es nun endlich soweit. Ich sollte meine Eltern zum ersten Mal seit letztem August wiedersehen.

Eigentlich war meine Stimmung gestern noch recht gut gewesen, denn ich hatte meine Apparier-Prüfung bestanden und das auch noch mit Bravour. Aber jetzt konnte nicht einmal die glücklichste Erinnerung in meinem Leben, mich dazu bringen, dass ich meine Mundwinkel wieder anhob.

Lily entging es also nicht, wie ich mich fühlte, als ich lustlos mit meinem Löffel in der Schüssel vor mir herumstocherte.

„Mach' dir nicht so viele Sorgen, Ani. Es wird alles gut gehen. James und ich sind für dich da.", beruhigte sie mich und strich währenddessen vorsichtig über meinen Rücken.

„So einfach ist das aber nicht, Lily. Ich weiß nicht einmal, ob es so eine gute Idee ist in mein Zimmer zu apparieren. Was ist, wenn dort jemand ist, wenn wir ankommen?", entgegnete ich ihr aufgebracht aber sie zeigte mir mit meinem Blick, dass ich nur zu viel nachdenken würde.

Ich sah sie an. Ihre langen roten Haare, die ihr mittlerweile bis zur Hüfte umspielten ihre grünen Augen verdammt gut. Sie trug ein leichtes und ehrliches Lächeln auf ihren Lippen und ich konnte gar nicht anders, als es zu erwidern. Hätte man mir vor zwei Jahren gesagt, dass ich Lily irgendwann einmal als eine meiner besten Freundinnen bezeichnen würde, dann hätte ich herzhaft gelacht und mich wahrscheinlich auch noch über sie lustig gemacht. So gut wie niemanden hatte ich so falsch eingeschätzt wie Lily und vor allem in den letzten Monaten hatte ich endlich verstanden, was James und Severus an ihr fanden. Sie war ehrgeizig und einer der loyalsten Menschen auf der ganzen Welt. Sie war klug und das vor allem dafür, dass sie aus einer Muggel-Familie stammte. Einfach alles an ihr passte zusammen und ich war sehr froh sie als meine Freundin bezeichnen zu können.

„Danke, Lily.", murmelte ich leise, „Für alles."

Sie nickte nur anerkennend und anschließend widmeten wir uns beide wieder unserem Essen.

„Ich hab eine Idee!", stieß James dann aus und wir alle sahen ihn an, sogar Remus, welcher verschlafen wirkte, hatte seinen Blick auf James gerichtet.

„Und welche soll das sein?", wollte ich wissen und sah ihn abwartend an.

„Sie involviert eventuell Feuer.", schloss er dann an und Lily und ich hatten dieselbe Reaktion darauf: „NEIN, JAMES!"

Sirius, welcher links von mir saß, legte dann seine Hand auf meine, was mich dazu brachte, ihn anzusehen.

„Es wird nichts passieren, Ani. Ihr schafft das gemeinsam.", sprach er mir Mut zu und ich seufzte, während mein Blick auf seinen einbandagierten Arm fiel.

„Ich wünschte, du könntest mitkommen.", murmelte ich leise.

„Glaub mir, ich wäre sofort dabei aber James und Lily sind mindestens genauso gut.", entgegnete er mir und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln.

„Es wird nichts passieren und wir treffen uns heute Abend wieder hier.", meinte er erneut und strich mir dann mit der Hand, welche wenige Sekunden vorher noch auf meiner lag, sanft über die Wange, bevor Lily mir deutete, dass es an der Zeit wäre.

Seufzend stand ich auf und Sirius tat es mir gleich, bevor er mich fest in den Arm nahm.

„Denk an meine Worte!", meinte er dann und ich nickte, bevor ich langsam etwas Abstand zu ihm nahm, um mich von Remus und Peter zu verabschieden.

Wir gingen also los und blieben erst wieder stehen, als wir das Schulgelände verlassen hatten und somit am Rand des verbotenen Waldes standen und auf der anderen Seite geradewegs auf den See sahen. Diese Maßnahme war nötig, da Dumbledore seit diesem Jahr den Apparier-Schutz auf das Schulgelände gelegt hatte, damit weder Voldemort, noch seine Anhänger einfach so hierher kamen.

THE LIES || s. blackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt