Memphis

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Noch nie zuvor konnte ich mich volltrinken, ohne am darauffolgenden Tag einen Kater zu haben. Zugegeben war das ein befreiendes Gefühl.

Es klopfte an meiner Tür, woraufhin ich prompt aufstand. Erst dachte ich es wäre Klaus, allerdings war ich doch ein wenig erleichtert, als ich Stefan hereintreten sah. In letzter Zeit hatten wir nicht viel miteinander gesprochen, im Vergleich zu der Zeit in Mystic Falls.

„Hey", begrüßte er mich mit einem leichten Lächeln. Ich erwiderte den Gruß und fragte ihn anschließend was er wollte. „Wo warst du gestern mit Klaus?", fragte er nun ernst mit verschränkten Armen. Dabei lehnte er sich gegen die Türlehne. Überraschend schnell änderte sich meine Stimmung. Wollte er nun wirklich einen auf Babysitter machen?

„Feiern", antwortete ich kurz. „Juliet, was habt ihr gemacht?" „Was geht dich das an?", schoss ich leicht genervt mit einer Gegenfrage. Mal im Ernst, was sollte das? Was interessierte Stefan es bitte, er kann ja wohl kaum erwarten, dass ich Tierblut trinke. Nur damit ich es am Ende nicht mehr aushalte und wie er zum Ripper werde.

Er wirkte etwas angespannt, also beschloss ich doch etwas nachzugeben. „Wenn du auf das eine hinauswolltest, nein. Ich habe niemanden umgebracht. Und Klaus hat mich auch zu nichts gezwungen. Ich habe nur das gemacht, was ich als Vampir eben tun muss. Blut trinken. Und ja, es tat verdammt gut."

Stefan sah mich erstaunt und gleichzeitig traurig an. So ist das jetzt nun mal, das musste er eben auch akzeptieren. Nun platze auch Klaus mit einem Grinsen auf seinen Lippen herein, als würden wir hier einen Putsch hinter seinem Rücken führen, bei dem er uns ertappt hatte.

„Es freut mich zu hören, dass dir unser gestriger Ausflug gefallen hat. Heute wird es noch viel spaßiger, denn wir fahren nach Memphis und finden endlich unseren Wolf. Packt eure Sachen, wir machen in einer Stunde los."

Beide verließen den Raum, ich hatte sowieso nicht viel bei mir. Ich packte ein paar Kleidungsstücke, die ich bereits in einem Schrank verstaut hatte, in meinen Koffer. Während ich das tat, fand ich ein paar Bilder, die ich, bevor wir Mystic Falls verlassen hatten, mit eingepackt hatte. Ein Bild von meiner Familie und ein Bild von Damon und mir. Ich hatte schon seit einer Weile an keinen von ihnen gedacht. Weder an den Tod meiner Mutter, noch an Damon.

Ich empfand etwas, dass ich schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Sie waren das einzige, was mich menschlich hielt und nun hatte ich keinen von ihnen um mich herum. Ich dachte schon lange nicht mehr an ihn. Wie es Damon wohl ging? Ob er glücklich ist? Sein Leben genießt? Wie ich ihn kenne, sucht er wohl nach mir, aber das wird trotzdem zwecklos sein. Natürlich würde ich ihn einerseits gerne wieder sehen und in seinen Armen liegen, andererseits kann ich es einfach nicht. Ich durfte ihn nicht wiedersehen, sonst würde ich Schritt für Schritt zu meiner Menschlichkeit zurückkehren, das darf nicht geschehen. Nicht unter diesen Umständen. Ich musste Damon für immer vergessen. Nur so könnte ich das alles hier überstehen.

Stefan und ich setzten uns in dasselbe Auto, wo Klaus bereits auf dem Fahrersitz saß. Der Truck, in dem seine Leute saßen, fuhr uns voraus. Doch was sich in dem Hänger verbarg, war Stefan und mir ein Rätsel. Es musste wohl etwas wichtiges sein, da die Hexer es mit einem Verrieglungszauber belegten.

Nach ein paar Stunden erreichten wir unseren neuen Unterschlupf, wo wir es uns direkt gemütlich herrichteten. Aber da wir in wenigen Tagen sowieso weiterziehen würden, machte ich mir gar nicht erst die Mühe, etwas aus meinem Koffer zu packen.

„Heute Abend gehen wir los und machen uns auf zum Haus. Ich hoffe ihr seid genau so gespannt wie ich", grinste Klaus. Leicht verdrehte ich die Augen.

Ich musste aber zugeben, dass Memphis eine schöne Stadt war. Die Beale Street war auch bei Nacht einfach nur atemberaubend. Wenn ich nicht für Klaus arbeiten müsste, hätte ich mir wohl hier ein paar Urlaubstage gegönnt.

Auf dem Weg zu dem Haus erklärte er uns seinen Plan. Stefan und ich sollten draußen unauffällig warten und dafür sorgen, dass keiner flieht.

„Wir sind da. Ihr kennt den Plan."

Von weitem sahen Stefan und ich zu. Klaus unterhielt sich mit einem Mädchen, welches das Haus kurz verlassen hatte.

„Macht dir das ganze also mittlerweile Spaß?", fragte mich Stefan plötzlich mit einem urteilenden Ton. Fing er wirklich schon wieder damit an? Nicht ich war in den Zwanzigern ein Ripper und hab alles um mich herum getötet...

„Nein, ich mache nur meine Arbeit, genau so wie du. Stefan, das ist jetzt unser Leben, wir sollten das akzeptieren. Wir können nicht mehr zurück."
„Das weiß ich...", gab er nun zu. Klaus würgte nun das Mädchen und manipulierte sie ihn reinzulassen. „Klaus ist drin."

Daraufhin stellte ich mich vor die Haustür, Stefan blieb hinter mir. Nur wenige Augenblicke später hörte man Geschrei. Nun riss ein anderes Mädchen verängstigt die Tür auf. „Wohin des Weges?", fragte ich grinsend. Sie hatte sich wohl wirklich Hoffnungen gemacht. Schön, also wollte auch sie ihre Freundin verraten um nur sich selbst zu retten. Solche Menschen konnte ich nicht ausstehen.

„Es gefällt mir, wenn sie weglaufen."

Als das Mädchen bemerkte, dass es keinen Ausweg aus ihrer Lage gab, begann sie zu reden. Klaus hatte sie vorher nach Ray gefragt.

„E-Er ist in Tulley. Das ist in...in der Nähe der Grenze. Eine Bar, s-sie heißt Southern Comfort. Sie ist am Highway 41", gab sie stotternd zu. „Danke meine Liebe. So...dürfen meine Freunde in euer Haus kommen?", fragte Klaus letzteres das blonde Mädchen, das neben ihm stand. Dies bejahte sie weinend, woraufhin wir beide eintraten.

„Juliet, du tötest die hier schnell. Stefan, du lässt die andere leiden. Ich warte im Auto."

„Nein, bitte nicht", sagte die Blonde zu mir, allerdings ignorierte ich ihre Worte. Ich starrte ihren Hals an, woraufhin meine Adern unter den Augen hervorstachen. Das zu beherrschen musste ich auf jeden Fall noch weiter lernen. Ich biss ihr in den Hals, woraufhin sie laut schrie, aber ebenso schnell starb und verstummte. Ich hatte es geschafft. Ich hatte kein schlechtes Gewissen mehr beim töten.

Bound Love - The Vampire DiariesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt