Person A liebt Person B [2]

2.3K 137 10
                                    

[Remus]

„Hey, du bist ja noch hier. Wir müssen los.", fragt Sirius, dessen Stimme mich überrascht aufblicken lässt. Ich drehe mich zu ihm herum. Er steht angelehnt an der Tür und hat seine Arme verschränkt. Wie lange steht er schon da? Hat er mich beobachtet? Ich habe nur noch das Kapitel von meinem Buch zu Ende gelesen und habe schon meinen Beutel in der Hand, um meine Sachen zu packen. Wir fahren nämlich heute nach Hogsmeade und ich bin schon wieder etwas spät dran. Aber die Tatsache, dass er mich wahrscheinlich beobachtet hat, bringt meine Gedanken durcheinander.

Ich sehe ihn still an, versuche mich daran zu erinnern, was ich gerade machen wollte. Richtig. Mein Geldbeutel. Ich schaue mich um und sehe es an meinem Bett liegen. Ich gehe darauf zu und versuche normal zu wirken. Doch ich nehme seine Anwesenheit nun mehr als deutlich wahr und fühle mich unter seinem Blick ziemlich unbehaglich.

Seit der Situation, also dem Kuss, vor einer Woche war es irgendwie komisch spannungsvoll zwischen uns. Unsere Gespräche sind seit dem irgendwie nur oberflächlich gewesen und sind nicht in die Tiefe gegangen. Stattdessen gab es den einen oder anderen intensiven Augenkontakt, der mich jedes Mal völlig aus dem Konzept gebracht hat. Wir haben weder über den Kuss noch über die Date-Sache geredet.

Ich nehme den Geldbeutel, stopfe es in meinen Beutel und drehe mich zu Sirius uns. Er beobachtet mich tatsächlich. Und er ist ein Stück näher gekommen. Ich gehe ein paar Schritte auf ihn zu und bleibe etwa zwei Meter vor ihm stehen. Geht's jetzt los oder was, denke ich. Ich will gerade etwas sagen, als ich seinen Blick wahrnehme. Er sieht mich nachdenklich und eindringlich an. Seine Arme hängen an seinen Seiten herunter, sein Blick hängt an meinen Augen. Beinahe hätte ich noch einen Kommentar von ihm erwartet. Sowas wie „Ist die Prinzessin endlich fertig?" oder „Ich dachte schon, du wärst entführt worden und wir müssten dir zur Hilfe eilen." Doch das blieb aus. Stattdessen geht sein Blick, nur ganz kurz, für eine Millisekunde zu meinen Lippen. Da bin ich mir sicher.

Plötzlich entwickelt sich der ganz dringenden Wunsch in mir, dass er näher kommen würde und mich fest in seine Arme nimmt. Sowas ist zwar schon öfter passiert, doch jetzt ist das irgendwie anders. Und als hätte er meine Gedanken gelesen, kommt er tatsächlich so viel näher, dass seine Brust beinahe meine berührt. Ich merke, wie mein Körper auf seinen reagiert. Meine Wangen kribbeln, mein Herz schlägt schneller und die Schmetterlinge in meinem Bauch, in deren Begleitung ich schon seit Ewigkeiten bin, fliegen wie verrückt herum.

Sirius hebt seinen Arm und legt seine Hand sanft an meine Wange. Behutsam streichelt er über meine Haut. Ich kann meine Augen nun nicht mehr zurückhalten und lasse meinen Blick auf seine Lippen wandern, deren Geschmack ich bereits zuvor kosten durfte. Leider ist das zu lange her. Und mit der Zeit, die zwischen unserem Kuss und der Situation gerade vergangen ist, wird das Verlangen nach seinen Lippen immer größer. Gerade jetzt, da ich weiß, wie sie sich anfühlen, wie sie schmecken und wie dieses Gefühl seiner Lippen auf meiner meinen Körper in Besitz nimmt.

Mir kommt die Frage, warum er plötzlich genau jetzt meine Nähe sucht, jetzt, wo wir eigentlich los müssen,
obwohl er die ganze Woche Zeit dafür gehabt hätte? Ich will nicht, dass gleich etwas passiert, das wir unterbrechen müssen und worüber wir dann wieder eine Woche nicht reden. Und was ist überhaupt, wenn es sich dieses mal nicht so anfühlt wie bim letzten mal? Was, wenn es sich nicht so gut anfühlt? Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Was, wenn ich mir das, diese Gefühle, doch nur eingebildet habe?Doch diese Gedanken schwinden sofort als mein Blick von seinen Lippen zu seinen wunderschönen Augen wandert.

Auch seine Augen schauen gerade auf.

Diese verdammte Anziehung. Ob er diese Anziehung zwischen uns auch fühlt? Dieses unsichtbare Band zwischen uns, das uns näher zueinander zieht? Ich zumindest kann es nicht ignorieren und nur schwer widerstehen, wirklich schwer. Es wäre so einfach. Der Weg zu seinen Lippen ist kurz. Verlockend kurz. Und der Drang, dieses kurzen Abstand zu überbrücken ist enorm und wächst. Ich müsste mich nur kurz zu ihm rüber beugen...

Und schon passiert es. Er beugt sich vor, schließt seine Augen und vereint unsere Lippen sanft miteinander. Meine Augen schließen sich automatisch und ich erwidere den Kuss. Ich kann nicht anders. Das ist das, was ich mir die ganze Woche über gewünscht habe.

Im Vergleich zu unserem ersten Kuss ist dieser hier sehr viel sanfter und besser. In unserem ersten Kuss haben wir unsere Wut entladen und aneinander ausgelassen. Doch jetzt ist von der Wut nichts mehr zu spüren. Jetzt ist der Kuss eher erforschend und ein wenig schüchtern.

Meine Hände wandern automatisch an seinen Schultern hinauf zu seinem Nacken. Seine Hände liegen an meinen Wangen und wir bewegen unsere Lippen im Einklang gegeneinander. Mit Gedanken an den Ausflug, lasse ich den Kuss sich nicht vertiefen, und löse mich sanft. Meine Hände lasse ich langsam an seinem Nacken herunter auf seine Brust streichen, wo ich sie liegen lasse. Ich halte meine Augen geschlossen und versuche noch einen Moment, diesen Zauber in mich aufzunehmen. Mein Atem geht ruhig.

Ich spüre, wie seine Arme über meine Schultern zu meinen Händen auf seiner Brust wandern und unsere Finger verschränken. Langsam öffne ich meine Augen und schaue auf unsere verschränkten Hände. Ich muss lächeln und schaue hoch in seine Augen. Er sieht mich ruhig und eindringlich an und lächelt ebenfalls.

Wortlos löst er unsere Hände, bückt sich und hebt meinen Beutel auf. Ich muss ihn wohl fallengelassen haben. Er gibt ihn mir, schaut auf die Uhr und grinst. Ich folge seinem Blick und sehe, dass die Kutschen genau jetzt los fahren. Verdammt, ich brauche eigentlich neue Schokolade. Ich grinse verlegen und sehe zu ihm. In seinen Augen flackert etwas auf. Immer noch grinsend nimmt er meine Hand und zieht mich aus dem Schlafsaal.

Ich habe keine Ahnung, was er vor hat oder wohin er will. Aber mittlerweile ist es so weit, dass ich ihm überall hin folgen würde, ohne nachzufragen. Und das ist nicht mal schlimm für mich.

Wir rennen und rennen und je weiter wir kommen, desto sicherer weiß ich, was er vor hat. Unbemerkt nach Hogsmeade zu kommen, ist doch für uns Rumtreiber das kleinste Problem. Wir rennen Hand in Hand durch die Gänge und hoffen, dass wir weder Peeves noch Filch über den Weg laufen. Auf diese beiden unangenehmen Genossen können wir gerne verzichten.

Lachend und außer Atem kommen im dritten Stock an der buckeligen Hexe an und bleiben stehen. Wir halten uns lachend aneinander fest und versuchen wieder zu Atem zu kommen. Ich schaue ihn immer noch breit grinsend an. Plötzlich liegt seine Hand an meinem Hinterkopf und seine Lippen auf meinen. Energisch und halb grinsend drücken wir unsere Lippen gegeneinander. Wir stehen da wie zwei pubertierende verliebte Jungs, die gerade etwas verbotenes tun, die vor lauter Adrenalin herum knutschen.

Sirius löst sich schweratmend und mit geschwollenen Lippen von mir und holt seinen Zauberstab heraus. Er sieht sich noch einmal im Gang um und murmelt dann „Dissendium" und schon rutschen wir den Gang hinunter.

Wolfstar OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt